Pistorius befördert Soldaten in Neubiberg: „Wir müssen widerstandsfähiger werden“

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Bedeutender Moment: Boris Pistorius bei der Urkundenübergabe. Insgesamt beförderte der Minister in Neubiberg 550 Soldaten und Soldatinnen zum Leutnant oder Leutnant zur See. Es ist der erste wichtige Schritt für eine Karriere als Offizier © Volker Camehn

In Zeiten unsicherer Sicherheitslage rückt auch das Augenmerk wieder verstärkt auf die Bundeswehr. Und so ließ es sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nicht nehmen, beim Beförderungsappell an der Bundeswehr-Universität in Neubiberg höchstpersönlich 550 Soldaten und Soldatinnen zum Leutnant oder Leutnant zur See zu ernennen.

Neubiberg - Ein Soldatenaufmarsch ist kein Spaziergang. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius schreitet forschen Schrittes heran, vorbei an den Reihen zahlreicher Soldaten-Angehöriger und -Freunde, die am Samstag auf den Appellplatz der Universität der Bundeswehr in Neubiberg gekommen sind. In Kürze werden hier auf dem Campus 550 Soldaten von ihm in den Offiziersstand erhoben, Leutnant oder Leutnant zur See sind sie mit dem heutigen Tag. Der Verteidigungsminister winkt freundlich, ein paar nette Worte Richtung Publikum, dann nimmt er auf der Ehrentribüne Platz. Da sitzen bereits Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer sowie sein Neubiberger Amtskollege Thomas Pardeller. Auch Florian Hahn, Verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Georg Eisenreich, BayerischerJustizminister, sind gekommen.

Auf dem Weg zum Beförderungsappell: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (2.v.l.)bei seiner Ankunft in Neubiberg in Begleitung von Uni-Präsidentin Eva-Maria Kern (l.).
Auf dem Weg zum Beförderungsappell: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (2.v.l.) bei seiner Ankunft in Neubiberg in Begleitung von Uni-Präsidentin Eva-Maria Kern (l.). © Volker Camehn

Angereist zum Beförderungsappell ist auch Ralph Bergmann mit seiner Familie. Großeltern, Enkel. Eigentlich wohnt er in Rheinland-Pfalz. Sein Sohn ist hier einer der Offiziersneulinge, „das war uns schon wichtig, das zu sehen“, sagt er. Bergmann selbst hat sonst wenig Bezug zur Bundeswehr. Anstatt dem seinerzeit üblichen Wehrdienst hat er sich zehn Jahre im Katastrophenschutz engagiert. Dass sein Sohnn einen anderen Weg gewählt hat, findet er aber „voll in Ordnung“.

Frieden und Freiheit keine Selbstverständlichkeit

Voll in Ordnung geht am Samstagvormittag auch das Wetter, das aktuell ja ähnlich unbeständig ist wie die politische Weltlage. Boris Pistorius gibt sich heiter: „Ich danke der bayerischen Staatsregierung für den weiß-blauen Himmel.“ Spaß muss sein. Aber im Ernst: „Offizier ist nicht nur ein körperlich, sondern auch intellektuell fordernder Beruf“, lobt er das Engagement der Angetretenen. Und: „Es ist mir egal, was Sie studieren. Mir kommt es darauf an, dass Sie studieren.“ Leben in Frieden und Freiheit sei keine Selbstverständlichkeit, „die Welt um uns verändert sich“ und: „Der Kernauftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung.“ Überhaupt müsse die Gesellschaft widerstandsfähiger werden, auch „gegen Demokratiefeinde im Inneren“. Das Grundgesetz stehe unter Druck, „es ist es wert, verteidigt zu werden“. Und Führung heiße auch, Menschen zu motivieren.

Marschmusik: Begleitet wurde die Veranstaltung durch das Heeresmusikkorps Ulm.
Marschmusik: Begleitet wurde die Veranstaltung durch das Heeresmusikkorps Ulm, das bei vielen formalen militärischen Anlässen die Bundeswehr repräsentiert. © Volker Camehn

Oberst spricht von Zeitenwende

Beförderung ist Motivation. 18 Soldaten werden so persönlich, stellvertretend für alle 550, auf dem Campus an diesem Vormittag geehrt. Pistorius schüttelt ihre Hände, überreicht Urkunden. Den Leutnant-Rang gibt es nicht für lau: Diese Beförderung gilt denn auch als etwas Besonderes innerhalb der Truppe. Voraussetzungen zur Beförderung zum Offizier sind bestandene Laufbahnlehrgänge und ein erfolgreicher Studienverlauf der Offizieranwärter. Die persönliche Beförderung durch den Bundesminister soll zudem „den hohen Stellenwert dieses militärischen Zeremoniells“ unterstreichen, heißt es hier. Aber: „Kriegstüchtigkeit ist ein Anspruch an uns alle“, appelliert Oberst Matthias Henkelmann, Leiter des Studierendenbereichs, in seiner Begrüßungsrede. Und: „Die Zeitenwende muss in den Köpfen aller Menschen ankommen.“ Uni-Präsidentin Prof. Eva-Maria Kern betont zudem: „Unsere Gesellschaft braucht junge Menschen wie Sie.“ Zum Schluss wird das Heeresmusikkorps Ulm Bayernhymne und Deutschlandlied spielen.

Soldat sagt: „Ich wünsche mir, mein Beruf wäre überflüssig“

Zwei dieser jungen Menschen sind für Pressefragen ausgesucht, ihre vollständigen Namen dürfen sie nicht nennen, aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Was hält also Hanna L. von der Diskussion über eine Art neue Wehrpflicht? „Wenn die Infrastruktur da ist, sicher keine schlechte Idee.“ Aber das hätten höhere Stellen zu entscheiden, „da gehe ich mit“. Ihr Kollege Nicolaus S. bewertet das als „einen Weg, Leute zu gewinnen“. Das Bild vom „Bürger in Uniform“ werde so auch wiederbelebt, jahrelang habe es ja kaum Berührungspunkte zur Bundeswehr gegeben, Freiheit und Frieden wurden als Selbstverständlichkeit hingenommen. Und dann sagt er: „Ich wünsche mir, mein Beruf wäre überflüssig.“

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