„Mein Ortsteil“: In Dirlesried trifft Geflügel auf Gewerbe

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Auf ihrem Geflügelhof: Marille und Jakob Schweiger halten Enten, Gänse und Perlhühner freilaufend. © Voxbrunner

In Dirlesried lassen Enten Federn und Menschen Haare – so könnte man spaßig zusammenfassen, was sich im kleinen Ortsteil von Egenhofen tut. Und das ist eine Menge.

Dirlesried – Schmale Straßen, eine Handvoll Anwesen, 17 Einwohner – das ist Dirlesried. Auf den ersten Blick ist der Ortsteil Egenhofens der typische, idyllische Weiler. Doch hier ist mehr los, als man auf den ersten Blick glaubt. Dank einiger Besonderheiten ist Dirlesried weit über die Gemeindegrenzen hinaus ein Begriff.

Viele Menschen holen ihren Weihnachtsbraten – und nicht nur den – vom Geflügelhof der Familie Schweiger. Er ist das südlichste Anwesen in Dirlesried und verfügt über weite Grünflächen, auf denen es schnattert und gackert. Gänse, Enten und Perlhühner werden hier freilaufend gehalten und auf natürliche Weise gefüttert. Weil ihr die Arbeit mit dem Geflügel so viel Spaß macht, habe sie sich vom ersten Tag an in Dirlesried daheim gefühlt, sagt Marille Schweiger.

Alle Wege führten nach Egenhofen

Ihr Mann Jakob ist hier geboren. Der 71-Jährige kann sich an Zeiten erinnern, als sein winziger Heimatort je zur Hälfte zu zwei unterschiedlichen Gemeinden gehörte – drei Hausnummern zu Egenhofen, drei Hausnummern zu Ebertshausen im Landkreis Dachau. „Wir waren aber schon immer alle nach Egenhofen orientiert“, sagt Jakob Schweiger. Nicht mal eine direkte Straße gab es nach Ebertshausen – alle Wege führten nach Egenhofen.

Früher zur Hälfte im Landkreis Dachau

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Dirlesried im Jahr 1340. Die Endung „ried“ bedeutet Rodung und deutet darauf hin, dass der Ort auf ehemaligem Waldland entstand. Als der bayerische Staat im frühen 19. Jahrhundert neue Steuerdistrikte bildete, wurde Dirlesried zur Hälfte der Gemeinde Ebertshausen zugeschlagen. Die andere Hälfte verblieb bei der damaligen Gemeinde Weyhern, einem späteren Ortsteil von Egenhofen.

Als Ebertshausen im Zuge der Gebietsreform 1972 zur Gemeinde Odelzhausen im Landkreis Dachau kam, verlief die Landkreisgrenze mitten durch die sechs Anwesen in Dirlesried. Um diese absurde Situation zu beenden, waren langwierige Verhandlungen zwischen den Kommunen notwendig, denn es ging auch um 50 Hektar landwirtschaftlichen Grund.

1976 war es geschafft. „Landrat Gottfried Grimm und Bürgermeister Anton Schräfl holten am Nachmittag des Silvestertages die Dirlesrieder heim“, zitiert die Festschrift „25 Jahre Gemeinde Egenhofen“ einen Bericht des Fürstenfeldbrucker Tagblatts vom 3. Januar 1977. Die Freude muss groß gewesen sein. Die Blaskapelle spielte, und jede der sieben Frauen des Weilers erhielt zur Begrüßung einen Blumenstrauß.

Rechtlich im Außenbereich

Die Schweigers durften aufgrund landwirtschaftlicher Privilegierung ihren Betrieb vergrößern und neue Gebäude errichten. Doch sonst schaut es mau aus mit Baurecht, denn der ganze Weiler gilt rechtlich als Außenbereich. „Das ist großer Mist“, schimpft Albert Herrmann. Nicht mal Ersatzbauten seien möglich. Stattdessen müssten die alten Häuser für teures Geld saniert werden, was für viele Einheimische keine Option sei. So würde die junge Generation vertrieben.

Herrmanns Eltern kauften 1960 einen Bauernhof in Dirlesried. Er selbst führte die Landwirtschaft fort und schuf sich mit dem Bau und Einsatz von Entrindungsmaschinen ein zusätzliches Standbein. Seiner Tochter wollte er auf eigenem Grund ein Wohnhaus mit Friseursalon bauen, was nicht genehmigt wurde. Über eine Nutzungsänderung gelang es, das Geschäft in einer ehemaligen Maschinenhalle einzurichten.

Ein Friseursalon dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen? Solche Kommentare hat Marianne Exner öfter gehört, verbunden mit der Prophezeiung, da werde doch kein Mensch kommen. „Alle, die das gesagt haben, sind heute ganz kleinlaut“, erzählt die Friseurmeisterin und lacht.

Abends in Millionen Wohnzimmern

Früher betrieb sie ihren Salon in Odelzhausen. Als in einer Kundenumfrage 90 Prozent sagten, sie würden Marianne Exner nach Dirlesried folgen, wagte sie den Umzug. Sie hat es nicht bereut. Die Kunden sind ihr treu geblieben. Die Räume sind barrierefrei und vor der Tür gibt es – im Gegensatz zu früher – genug Parkplätze.

Dirlesried, Gemeinde Egenhofen: Moderne Technik: Konrad Herrmann in seiner Firma.
Moderne Technik: Konrad Herrmann in seiner Firma. © Voxbrunner

In einem weiteren Bestandsgebäude auf dem Gelände hat Albert Herrmanns Bruder Konrad 1986 einen Schweißbetrieb eröffnet. Daraus ist eine Maschinenbaufirma mit 20 Mitarbeitern geworden, die inzwischen von Sohn Robert geführt wird. „Unsere Kunden sind hauptsächlich Industriebetriebe“, erzählt er.

Die Firma habe Teile für den Leopard-II-Panzer gebaut, aber auch das Nachrichtenpult für die Sendung „Newstime“ auf Sat1. „Der Kontakt kam über einen Kulissenbauer zustande“, berichtet Robert Herrmann. Jeden Abend ein Stückchen Dirlesried in Millionen Wohnzimmern – welcher Weiler kann das schon von sich behaupten?

In der Serie „Mein Ortsteil“ werden kleine Orte und Weiler im westlichen Landkreis vorgestellt. Bewohner erzählen, was ihren Wohnort ausmacht. 2024 waren 25 Folgen erschienen. Nun wird die Serie fortgesetzt. Lesen auch die Geschichten aus den Ortsteilen Nassenhausen, Kumpfmühle und Längenmoos.

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