Alpspitzstraße: Einbahnstraße wäre rechtswidrig – Anwohner sind entsetzt

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Eine Einbahnstraße zur Verkehrsberuhigung in der Alpsitzstraße lassen die Gesetze nicht zu. © Hans-Helmut Herold

Die Einbahnstraße, die die Stadt Schongau probeweise für ein Jahr in der Alpspitzstraße ausweisen wollte, kommt nun doch nicht. Die Behörden geben anderen Anwohnern aus dem Viertel Recht, dass eine solche Anordnung rechtswidrig wäre. Die Enttäuschung bei den Anliegern ist groß.

Über diverse Sitzungen hinweg hatten sich Stadträte mit dem Thema Verkehrsberuhigung für die Alpspitzstraße im Forchet befasst, sogar ein Gutachter war beauftragt worden. Letztlich hatte der Bau- und Umweltausschuss in seiner Sitzung im März entschieden, neben der Sicherung des Gehwegs zumindest für ein Jahr probeweise auch eine Einbahnstraße im nördlichen Bereich auszuweisen. Die Anwohner der Alpspitzstraße hofften, dass dadurch deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs sein werden und dass sich der Schutz der Fußgänger erhöht.

Einbahnstraße zur Verkehrsberuhigung kommt nicht

Daraus wird nun nichts: „Verschiedene Anwohner haben sich an die Stadt gewandt, dass diese Beschlussfassung rechtswidrig sei und sie dagegen klagen wollen“, erläuterte Bürgermeister Falk Sluyterman in der Sitzung. Daraufhin wiederum habe die Stadt den Einbahnstraßen-Beschluss der Kommunalaufsicht im Landratsamt vorgelegt, die wiederum die Untere Straßenverkehrsbehörde einschaltete. „Die Umsetzung wäre rechtswidrig“, machte Sluyterman deutlich. Die Behörde habe festgestellt, dass es für die rechtliche Anordnung einer Einbahnstraße keine Grundlage gebe – „das geht auch nicht probeweise“. Bemängelt worden sei außerdem, dass die Polizei bei dieser Entscheidung nicht involviert gewesen sei.

Alpspitzstraße ist kein Unfallschwerpunkt

„Die Alpspitzstraße stellt keinen Unfallschwerpunkt dar“, ergänzte Geschäftsleiterin Bettina Schade. Paragraph 45 der Straßenverkehrsordnung sage aber wiederum aus, dass Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden dürften, wenn eine „besondere Gefahrenlage“ vorliege. Eine Einschätzung der Polizei habe es selbstverständlich gegeben, wenn auch aus dem Jahr 2022. Richtig sei aber auch, dass es keinen recherchierbaren Unfall gegeben habe. Und noch einen Einwand führte die Geschäftsleiterin auf: Das Verwaltungsgericht Bayreuth habe entschieden, dass die sogenannte Experimentierklausel nicht einfach so angewendet werden könne, also Versuche, welche Maßnahmen sich für eine Verkehrsberuhigung am besten eignen. „Eine extreme Gefahrenlage ist dafür Voraussetzung, aber es ist keine dokumentiert, auch nicht seitens der Polizei“, stellte Schade klar.

Stadt macht sich gerichtlich angreifbar, wenn sie die Maßnahme umsetzt

Fazit der Verwaltung: Da die Stadt gerichtlich angreifbar wäre, habe man entschieden, die Einbahnstraße nicht umzusetzen. „Mir ist klar, dass das für die Bewohner der Alpspitzstraße schwer nachvollziehbar ist“, so der Bürgermeister. Er appellierte an alle Anwohner im Viertel, Rücksicht zu nehmen, das Auto stehen zu lassen und umzusteigen aufs Fahrrad oder zu Fuß zu gehen.

Bettina Buresch (Grüne) hinterfragte, warum sich das Gremium denn überhaupt mit der Thematik habe befassen müssen, wo doch die Rechtslage so eindeutig sei. „Hätten wir uns die ganzen Diskussionen sparen können?“, so Buresch. Es sei ein Antrag an den Stadtrat gewesen, der Weg, diesen zu behandeln, sei schon richtig gewesen. „Allerdings hätten wir noch konkreter formulieren können, dass es sich um eine Anregung handelt, eine Einbahnstraße zu testen“, erläuterte Stadtbaumeister Sebastian Dietrich. Bisher war immer die Rede davon gewesen, dass der Stadtrat eine Einbahnregelung beschlossen hat, aber nicht, dass diese nur vorgeschlagen wird.

Wenige verursachen den Ärger

„Es ist schon traurig, dass erst etwas passieren muss“, monierte Nina Konstantin. Die ALS-Stadträtin wollte wissen, welche Rolle das von der Stadt beauftragte Gutachten bei der Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde gespielt habe. Dieses sei gar nicht mit vorgelegt worden, so Dietrich. Der Appell an die Bürger, Rücksicht zu nehmen, sei richtig, argumentierte Stephan Hild (UWV). Er erinnerte aber daran, dass es ein paar wenige seien, die den Ärger verursachten. „Und ich befürchte, dass eben an jenen der Appell abprallt.“ Es sei traurig, dass man als Gremium die Anwohner so im Regen stehen lassen müsse, so der Stadtrat.

„Wir leben in einem Rechtsstaat, wenn die Vorschriften so sind, müssen wir das akzeptieren“, meint Wolfgang Bernatzki, einer der Anwohner aus der Alpspitzstraße auf Anfrage der Schongauer Nachrichten. „Die Enttäuschung ist groß, ich bin sehr ernüchtert“, so Nachbarin Elisabeth Malzer. Sie respektiere die Entscheidung, akzeptieren könne sie sie aber nicht. 26 Bürger hätten den Antrag gestellt, seit zehn Jahren trage man das Problem vor.

Anwohnerin ist entsetzt und überlegt, wegzuziehen

„Es kann nicht sein, dass wir nicht ernst genommen werden, es zeigt, dass eine Minderheit ohne Lobby nichts bewirken kann, ich bin fassungslos“, so Malzer. Keiner der Entscheidungsträger lebe in der Straße. Sie kritisiert auch die Stadt: „Sie lassen uns hängen.“ Man könne zur Verkehrsberuhigung durchaus etwas tun, wie Schwellen einzubauen oder eine Spielstraße auszuweisen, stattdessen gebe es nur Argumente dagegen. Weiterkämpfen werde sie nicht, suche aber nach Optionen. „Das ist sehr emotional, aber ich überlege, ob ich bleibe oder nicht.“

Mehr zum Thema: Diverse Male hatten sich Stadtrat und Bauausschuss mit dem Thema Einbahnregelung befasst und auch konkrete Beschlüsse gefällt und zwischen verschiedenen Varianten gewählt. Gefallen hat dies nicht allen Anwohnern.

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