Milliarden aus russischem Vermögen fließen in die Ukraine: So will die EU jetzt Putins Geld nutzen

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Lange hatte die EU darum gerungen, eingefrorenes russisches Geld in die Ukraine zu schicken. Jetzt ist es so weit. Über einen Umweg sollen Milliarden an Kiew gehen.

Brüssel – Erst vor ein paar Tagen hatte Estland Aufsehen erregt, weil es als erstes europäisches Land ein Gesetz vorlegte, das es ermöglichen sollte, im Westen eingefrorene russische Finanzmittel der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Die Europäische Union fürchtete diesen Schritt – zu schadhaft könnte er für die Reputation des Kontinents als Handelsplatz sein. Ein anderer Plan musste her. Der Weg dafür ist jetzt frei.

EU wandelt Zinsen aus russischem Vermögen in Reparationen um

Insgesamt sollen in der Europäischen Union rund 210 Milliarden Euro aus den Beständen der russischen Zentralbank eingefroren sein. Lange hatte die EU gerätselt, was genau mit dem Geld passieren solle. Vonseiten der Ukraine kam des Öfteren die Forderung, dass der Westen einfach alles zum Waffenkauf oder für Reparationen freigeben sollte. Davon hatte Brüssel am Ende abgesehen. Stattdessen will die EU künftig Zinserträge aus dem eingefrorenen Vermögen dazu nutzen, Militärhilfen für die Ukraine zu finanzieren. Am Dienstag (21. Mai) hatten die Minister aus den EU-Staaten die dafür notwendigen Entscheidungen getroffen. Das teilte die Deutsche Presseagentur unter Berufung auf Informationen eines Sprechers hin mit.

Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der EVP und Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht auf dem 60. NRW-Tag der Jungen Union.
Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der EVP und Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht auf dem 60. NRW-Tag der Jungen Union (Symbolfoto). Lange hatte die EU darum gerungen, eingefrorenes russisches Geld in die Ukraine zu schicken. Über einen Umweg sollen Milliarden an Kiew gehen. © Henning Kaiser/dpa

Laut dem Brüsseler Finanzinstitut Euroclear hatten die eingelagerten Milliarden bisher 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingebracht. Dieses Jahr sollen drei Milliarden Euro an Staatshilfen frei werden. 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge sollen in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung fließen, den Rest will die EU in direkte Finanzhilfen für die Ukraine umwandeln. Einen entsprechenden Vorschlag hatten EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Außenbeauftragter Josep Borrell schon im März entwickelt.

Russland will private Vermögen konfiszieren – Estland zieht gleich

Die Dynamik um eingefrorene Vermögen, sowohl im Westen als auch in Russland, hat zuletzt Fahrt aufgenommen. Russland hatte bereits zugegeben, dass die eingefrorenen Gelder, die eigentlich dem Westen gehören, keinesfalls mit den eingefrorenen russischen Mitteln im Westen mithalten können. Allerdings würde das Land beizeiten private Vermögen einfrieren und eventuell gar konfiszieren, sollte es die Situation erfordern.

Ähnlich greift der Westen russische Oligarchen an, die nachweislich mit russischen Angriffen – entweder auf die Krim-Annexion oder den Ukraine-Krieg – in Verbindung gebracht werden können. Ein Beispiel dafür ist die Versteigerung der Luxus-Yacht vom Oligarchen Viktor Medwedtschuk. Anfang Mai hatte die niederländische Troostwijk Auctions die 92 Meter lange Yacht verkauft, der Erlös sollte an die Ukraine gehen.

Und in Estland ist derzeit ein Gesetz im Entstehungsprozess, das es ermöglichen soll, eingefrorene russische Vermögenswerte für Reparationszahlungen an die Ukraine zu nutzen. Laut der estnischen Regierung soll sich die Summe der dort liegenden Mittel auf rund 38 Millionen Euro belaufen. „Wir sind der Schaffung eines historischen Präzedenzfalls in Europa einen Schritt näher gekommen“, hatte der Kyiv Independent die Premierministerin Kaja Kallas zitiert. Eine ähnliche Regelung hatte auch die USA bereits auf den Weg gebracht.

Risiken von Geldeinzug – Kanzler findet die Vermögensfrage „furchtbar kompliziert“

Die Thematik der eingefrorenen Gelder hatte auch den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor eine Herausforderung gestellt. Er hatte das Ganze „furchtbar kompliziert“ genannt. Immerhin könnte sich die EU bei einem direkten Einzug angreifbar für russische Regressforderungen machen. Im Falle eines direkten Einzugs russischer Vermögen besteht die Gefahr, dass sich die EU für russische Regressforderungen angreifbar macht. Wladimir Putin hatte bereits davor gewarnt, dass Russland mit ähnlichen Maßnahmen reagieren würde, falls der Westen russisches Geld konfiszieren sollte. Allerdings hat der Kreml kaum ein Problem damit, seinerseits deutsche Unternehmen zu enteignen, wie es zum Beispiel mit DMG Mori passiert war. (Laernie mit dpa)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.

Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!