Das Streetwork-Team Kempten berichtet von seinem unermüdlichen Einsatz für junge Menschen

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Streetworkerin Elisabeth Lindner (r.) mit „Kollegin“ Kiara (Mitte) im Austausch mit einem jungen Menschen. © Hannah Engelhardt

Elisabeth Lindner und Lukas Bayer vom Streetwork-Team Kempten berichteten jüngst im Jugendhilfeausschuss von ihrer Arbeit mit jungen Menschen.

Kempten – Gemeinsam mit Elisabeth Lindner und Labrador-Hündin Kiara bildet er das Streetwork-Team der Stadt Kempten. Bei ihrer Arbeit suchen die drei überwiegend beliebte Treffpunkte im öffentlichen Raum auf und erreichen so auch junge Menschen, die Angebote herkömmlicher Jugend- und Sozialhilfe bisher nicht in Anspruch nehmen. Häufige Ziele sind dabei etwa das Forum Allgäu, ZUM und Stadtpark sowie Hofgarten und Illerdamm. Von den über 100 Jugendlichen, mit denen sie heuer schon näher in Kontakt getreten sind, unterstützen sie derzeit etwa 20 im Rahmen einer Einzelfallhilfe.

Streetwork Kempten: Aktuelle Themen unter den Jugendlichen

Die Themenfelder sind dabei sehr vielfältig. Neben Arbeitslosigkeit, Ausbildungsplatzsuche und Bewerbungsprozess stellt die Wohnungssuche in den letzten Monaten eine immer größer werdende Herausforderung dar. „Wir haben zunehmend mit Menschen zu tun, die keinen bezahlbaren Wohnraum finden und zu Hause nicht mehr leben können“, klagt Lindner. Diesen bleibe dann nur die städtische Obdachlosenunterkunft „Auf dem Bühl“. Andere Themenfelder sind Drogen, Polizei, Gericht, Haft, Armut, Überschuldung, psychische Probleme und Gewalt. Die konkrete Hilfe der Streetworker reicht dabei von der Unterstützung bei Behördengängen, Anträgen, Bewerbungen, Wohnungssuche bis hin zur akuten Krisenintervention und Vermittlung bei Eltern, Schule, Arbeitgeber, Behörden und Polizei.

Streetwork: Vertrauen aufbauen, ist der erste Schritt

Damit dies alles gelingen kann, hat der Aufbau und die Pflege einer belastbaren Beziehung zu den Jugendlichen oberste Priorität. „Nur durch Vertrauen kann unsere Arbeit stattfinden“, erklärt Bayer. Streetworker stehen dabei immer ganz auf der Seite der Jugendlichen. Was viele nicht wissen: Ihre Arbeit verpflichtet zu Verschwiegenheit. Auf Wunsch könne eine Beratung auch anonym erfolgen, fährt Bayer fort, etwa über Whatsapp, Instagram oder per E-Mail.

Eigene Regeln ausgestalten

OB Thomas Kiechle fragte, ob sich vielleicht eine Hauptursache ausmachen lässt, die dazu führt, dass Jugendliche vorwiegend den öffentlichen Raum als Treffpunkt nutzen. Dies sei nicht möglich, erwiderte Bayer, „die Geschichten der jungen Menschen sind viel zu individuell“. Warum sie sich draußen treffen, habe ganz verschiedene Gründe: Zum einen seien Jugendzentren für sie nicht mehr attraktiv. Ein anderer Grund könne aber auch sein, dass sie sich draußen treffen, weil sie dort ihre eigenen Regeln ausgestalten können. Oder es fehle die Möglichkeit, sich irgendwo zu Hause zu treffen, weil die Räumlichkeiten beengt sind oder die Eltern dies nicht wollen. Der öffentliche Raum sei außerdem konsumzwangfrei und deshalb attraktiv für junge Menschen: Ein Besuch in der Disco oder Kneipe koste immer gleich Geld.

Streetwork: Der erste Kontakt zu jungen Menschen

Dr. Michael Knauth, Geschäftsführer der Körperbehinderte Allgäu gGmbH, wollte wissen, wie Streetworker ihre jungen Menschen eigentlich finden: „Sehen sie eine Gruppe Jugendlicher im Hofgarten und fragen dann, ob sie Probleme haben?“

Es klinge erst einmal komisch, entgegnete Bayer, wenn wir Jugendliche auf der Straße direkt ansprechen, aber auch hierfür gebe es bestimmte Regeln, an die sie sich halten müssten, um nicht komisch zu wirken. Einzelne Jugendliche würden normalerweise nicht angesprochen. „Als Mann spreche ich außerdem nicht unbedingt junge Mädchen auf der Straße an. Meine Kollegin findet da einen ganz anderen Zugang.“ Bayer fährt fort: „Wir stellen dann uns und unsere Arbeit vor, händigen unsere Visitenkarten aus und ziehen uns aber auch relativ schnell wieder zurück, außer es kommt gleich ein Gespräch zustande.“ Damit soll vermieden werden, dass der erste Kontakt überbelastet wird.

Junge Menschen akzeptieren, wie sie sind

Es komme dabei aber auch auf die Arbeitshaltung an, ergänzt Lindner: „Zum Beispiel, dass wir die jungen Menschen ohne Zurechtweisungen akzeptieren, wie sie sind, oder ganz viel Interesse zeigen.“ Oft löse dies großes Erstaunen aus, wenn man bestimmte Verhaltensweisen erst einmal nicht kommentiere, sondern einfach akzeptiere. Als sehr förderlich für den Erstkontakt hat sich auch die tierische „Kollegin“ Kiara erwiesen, erzählt Lindner weiter: „Sie begleitet uns und übernimmt eine Brückenfunktion: Durch Gespräche über den Hund gelingt es leichter, mit jungen Menschen in Kontakt zu treten.“

Streetwork Kempten

• Lukas Bayer, Telefon/Whatsapp: 0174/231 80 05, lukas.bayer@kempten.de

• Elisabeth Lindner, Telefon/Whatsapp: 0162/105 54 92, eli­sabeth.lindner@kempten.de

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