Dreht Putin Österreich den Gashahn zu? Abrupter Liefer-Stopp droht

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In der EU ist vor allem Österreich auf russisches Gas angewiesen. Ein führender Energiekonzern aus dem Land rechnet mit einem Lieferstopp – gibt aber zugleich Entwarnung.

Wien – Kein Gas mehr aus Russland: Besonders für Länder, die davon abhängig sind, wäre das ein Horror-Szenario. Österreich bezieht als eines der letzten Länder in der Europäischen Union (EU) auch zwei Jahre nach Kriegsausbruch in der Ukraine den Großteil seines Erdgases aus Russland. Doch es bleibt auch Raum für Zuversicht, denn Wladimir Putin wird russisches Gas nur schwer als Druckmittel nutzen können.

Putin könnte Westen den Gashahn zudrehen – Österreich warnt vor möglichem Lieferstopp

Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV hatte am Mittwoch (22. Mai 2024) eine Warnung vor einem möglichen Gaslieferstopp durch die russische Gazprom veröffentlicht. Das Unternehmen fürchtet, dass seine Zahlungen an den russischen Gasriesen nach einem Urteil möglicherweise gepfändet und die russischen Lieferungen gestoppt werden könnten. 

Russlands Präsident Wladimir Putin
Würde Putin Österreich den Gashahn abdrehen? (Archivbild) © Sergei Bobylev/imago

Man habe von einem ausländischen Gerichtsurteil erfahren, das ein großes europäisches Energieunternehmen erzielt habe, teilte die OMV in der Nacht auf Mittwoch (22. Mai 2024) mit. Sollte dieses Urteil in Österreich vollstreckt werden, könnte es die OMV zu Zahlungen an dieses Unternehmen zwingen. Im Falle einer Zwangsvollstreckung des Urteils hält es die OMV für wahrscheinlich, „dass Gazprom Export die Gaslieferungen im Rahmen des Gasliefervertrages mit der OMV Gas Marketing & Trading GmbH einstellen und damit den österreichischen Gasmarkt beeinträchtigen wird“, hieß es in der sogenannten „Urgent Market Message“ der OMV. Bislang nannte das Unternehmen keine Einzelheiten zum Urteil und machte keine näheren Angaben zum Gericht oder zum Energieunternehmen.

Sorge vor möglichen Lieferstopp von russischem Gas – OMV äußert sich

Gegenüber Ippen.Media gibt OMV nun eine Entwarnung über Folgen eines möglichen Lieferstopps. „Die OMV hat sich im Sinne der Liefersicherheit für ihre Kunden und Kundinnen auf Szenarien einer Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereitet“, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.

Der Lieferpunkt der russischen Gaslieferverträge der OMV liege an der slowakisch-österreichischen Grenze (Baumgarten). Das russische Gas fließt durch die Ukraine in die Alpenrepublik und landet gemeinsam mit Lieferungen aus Norwegen und anderen Ländern beim Gas-Knotenpunkt in Baumgarten. Vor Kriegsausbruch flossen nach Angaben des Netzbetreibers Gas Connect Austria jährlich 390 Terawattstunden (TWh) über diese wichtige europäische Erdgas-Drehscheibe.

Kein Gas mehr aus Russland – Energiekonzern aus Österreich gibt Entwarnung über Folgen

Im Falle eines Lieferstopps von russischem Gas könnte die OMV Kunden versorgen, da es andere Beschaffungsmöglichkeiten gibt. „Das Unternehmen hat eine Diversifizierungsstrategie und setzt diese konsequent fort“, teilte das Unternehmen mit. OMV beziehe Erdgas aus der eigenen Produktion in Norwegen und Österreich sowie von norwegischen Erdgasproduzenten und habe zudem langfristige LNG-Regasifizierungskapazitäten am GATE-Terminal in Rotterdam unter Vertrag genommen.

„OMV nimmt auch als potenzieller Käufer an den Auktionen der Gemeinsamen Gaseinkaufsplattform der EU teil. Darüber hinaus hat die OMV Zugang zu allen wichtigen mittel- und nordwesteuropäischen Erdgas-, Handels- und Kapazitätsmarktplätzen.“

EU würde auch ohne Gas aus Russland zurechtkommen – laut DIW-Studie

Auch eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW dürfte für Beruhigung sorgen. Ein Einfuhrverbot von russischem Erdgas in die EU würde die Gas-Versorgung in der Europäischen Union laut der neuesten DIW-Studie nicht gefährden. „Der Gasbedarf könnte durch Pipeline-Importe aus anderen Ländern und LNG ohne Ausbau der Infrastruktur in fast allen Szenarien gedeckt werden“, schreiben die Autoren der Studie.

EU-weit decke Russland derzeit noch rund 14 Prozent der Erdgasnachfrage. „Doch Deutschland und Europa kämen in den kommenden Jahrzehnten auch ohne Importe aus Russland aus, selbst die stark von russischem Erdgas abhängigen Länder wie Österreich und Ungarn“, erklärte Autorin Franziska Holz.

Österreich zuversichtlich über Energieversorgung für Winter 2024

Der österreichische Regulator E-Control sieht die Versorgung für den kommenden Winter gesichert und verweist auf die zu 77 Prozent gefüllten Speicher sowie alternative Importmöglichkeiten über Deutschland und Italien. Dies sollte auch für den Winter 2025/26 gelten, da bis dahin Infrastrukturausbauten fertiggestellt werden.

Zudem teilte die Behörde mit, dass eine mögliche Einschränkung der Lieferungen an die OMV nicht automatisch bedeuten würde, dass weniger oder kein Gas mehr über die Ukraine in die EU oder nach Österreich geliefert werden kann. Sollten die Lieferungen aber tatsächlich ausfallen, könnte es kurzfristig zu Preiserhöhungen kommen. (bohy mit Material der dpa und reuters)

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