Deutschland ist schuld: Österreich kommt nicht von Putins Gas los
Zuletzt kamen 98 Prozent von Österreichs Gasimporten aus Russland. Das soll ich jetzt ändern. Dabei steht jedoch eine bestimmte deutsche Gebühr im Weg.
Wien – Österreich ist fast wie kein anderes Land von Gaslieferungen aus Russland abhängig. In der Politik gibt es derzeit Bemühungen, um diese Abhängigkeit zu verringern, aber dabei stehen zwei größere Hürden im Weg. Eine davon ist ausgerechnet die deutsche Gasumlage.
Österreich will Gasimporte aus Russland reduzieren
Die österreichische Energieministerin Leonore Gewessler hatte bereits vor einigen Wochen angekündigt, die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas beenden zu wollen. Ein Auslöser dafür war die Meldung, dass Österreich im Dezember rund 98 Prozent seiner Gasimporte aus Russland bezogen hatte. Seit dem russischen Angriff im Jahr 2022 sei dies ein Höchststand gewesen. „Wir sehen hier aktuell ein klares Marktversagen“, hatte die Ministerin gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) mitgeteilt. „Es gibt genug nicht-russisches Erdgas – aber die Energieunternehmen kaufen dieses nicht.“ Für die notwendige Gesetzesänderung hatte die Ministerin jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament gebraucht.

Nun will die Politikerin Gasversorger verpflichten, stufenweise höhere Anteile an nicht-russischem Erdgas vorzuweisen. Die Alternativen sind Gas aus Norwegen sowie LNG aus den Terminals in Deutschland und Italien. Auf dem Weg dahin gibt es jedoch zwei größere Hürden.
Gasimporte aus Deutschland werden teurer
Die erste ist die deutsche Gasspeicherumlage. Eingeführt im Herbst 2022, soll diese Umlage der Firma Trading Hub Europe die Kosten ersetzen, die ihr beim Management der Gasversorgung entstehen. Trading Hub Europe führt dabei verschiedene Maßnahmen durch, die nach eigenen Angaben dafür sorgen sollen, die Füllstandvorgaben für die Gasspeicher zu sichern. Erst im November hatte der Konzern die Gasspeicherumlage auf 1,86 Euro pro Megawattstunde festgesetzt – die zweite Erhöhung seit Einführung der Umlage. „Im Markt ist ein Rückgang des Gasverbrauchs zu beobachten. Zusätzlich sind die Transitmengen niedriger als in der Vergangenheit. Dies führt insgesamt zu einer geringeren umlagefähigen Menge, was mit zu dem Anstieg der Speicherumlage beiträgt“, erklärte Torsten Frank, Geschäftsführer der THE.
Die nächste Festsetzung der Gasspeicherumlage soll zum 1. Juli 2024 erfolgen. Die Umlage betrifft sowohl deutsche Unternehmen und Verbraucher als auch Importeure in Nachbarländern. Darunter fallen fast sämtliche Länder, die direkt an Deutschland angrenzen. Durch die DEUDAN-Pipeline fließt Gas aus Quarnstedt (Deutschland) an die deutsch-dänische Grenze, die MEGAL-Pipeline leitet Gas aus Tschechien quer durch Süddeutschland, eine Anschlusspipeline führt bis nach Frankreich. Die TENP-Pipeline verbindet den deutschen Gasmarkt mit Belgien, der Schweiz und den Niederlanden. Der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. stellt dazu eine Karte zur Verfügung.
Österreich müsste also, um sich von russischem Gas zu lösen, draufzahlen. Das erschwere den geplanten Ausstieg des Landes aus russischen Lieferungen, argumentierte Gewessler. Eine solche Gebühr sei „nicht vereinbar mit EU-Recht“, teilte sie gegenüber Auslandskorrespondenten in Wien mit.
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Knebelverträge mit Gazprom – Österreich sucht Lösung
Das zweite größere Problem, das Österreich noch nicht gelöst hat, ist die Vertragslage. Der teilstaatliche Energiekonzern OMV hatte 2018 einen Vertrag mit dem russischen Gaskonzern Gazprom unterschrieben, der die Erdgaslieferungen zwischen den beiden Ländern bis 2040 festgelegt hatte. Neben Alexey Miller, dem damaligen Chairman von Gazprom Management Committee, und Rainer Seele (damals Vorstandsvorsitzender von OMV) waren die Politiker Sebastian Kurz und Wladimir Putin anwesend.
OMW sucht nun rechtliche Möglichkeiten, um aus diesen Verträgen zu entkommen. Zugleich plädierte Gewessler für eine neue Sicherheitsstrategie. Die unabhängige Energieversorgung müsse einen höheren Stellenwert haben. Auf EU-Ebene existieren bereits Beschlüsse, nach denen die Mitgliedsstaaten innerhalb der nächsten Jahre komplett ohne russisches Gas arbeiten müssten. Aktuell ist Österreich auf dem Weg dorthin – 2021 hatte das Land noch 100,3 Terawattstunden des Gasverbrauchs aus Russland bezogen, 2023 waren es noch 75,6 Terawattstunden.
Mit Material von DPA