Der ferne Osten in Kirchseeon

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Ein Brocken Japan in Kirchseeon: Maximilian Ruth sitzt auf einem Ao-Ishi – einem Felsen vulkanischen Ursprungs und Symbol seiner Leidenschaft für fernöstliche Kultur, die er nicht nur in seinem Kirchseeoner Gartenbau-Unternehmen nach Deutschland importiert hat. © Stefan Rossmann

Von „Go“ bis Gartenbau: Maximilian Ruth hat sein Leben dem Fernen Osten verschrieben. Er spricht Japanisch, isst Japanisch, spielt Japanisch. Nur eben nicht in Japan, sondern in Kirchseeon.

Kirchseeon - Am Wochenende spielt Maximilian Ruth „Go“ im Bundesligateam gegen Gegner aus ganz Deutschland – online, mit stoischer Ruhe und strategischer Tiefe. Am Montag steht er wieder zwischen Steinlaternen, Bambus und Bonsai-Bäumen in Kirchseeon. Der 37-Jährige lässt viel Japan in sein Leben – mit Hingabe und einer tiefen Liebe zu einer Kultur, die ihn seit seiner Jugend begleitet. Er ist so etwas wie ein oberbayerischer Herzensjapaner.

Ruth spricht fließend Japanisch, hat einen Bachelor in Japanologie, lernte bei einem japanischen Meister Gartenbau und war schon mehr als 20 Mal im Land der aufgehenden Sonne. Leben wollte er dort trotzdem nie. „Die Arbeitsbedingungen, die ganze Haltung zur Arbeit – das ist für mich ungesund“, sagt er. „Ich wollte nicht nur fürs Arbeiten leben. Dann habe ich eben Japan nach Hause geholt.“ Und das mit voller Konsequenz. „Mehr Japan geht kaum“, sagt er.

Seine Faszination für das Ursprungsland des Zen begann früh – bei Anime-Serien vor dem Fernseher in seinem Grafinger Elternhaus. Später, am Max Mannheimer Gymnasium Grafing, belegte er Wahlkurse in Japanisch und dem Brettspiel „Go“. Letzteres spielt er bis heute leidenschaftlich mit seinen Teamkollegen im Erdinger Club auf Bundesligaebene. Mit seinen Mitschülern reiste er schon als Jugendlicher zum ersten Mal auf das asiatische Archipel.

Die Begegnung mit der Kultur war so intensiv, dass er beschloss, auch sein Abitur darauf auszurichten. Gemeinsam mit seiner Wahlkurs-Lehrerin setzte er beim bayerischen Kultusministerium durch, dass er sein Kolloquium im Fach Japanisch ablegen durfte – ein Novum für die Grafinger Schule. Ein Fachprüfer reiste eigens aus München an.

Dann habe ich mir eben Japan nach Hause geholt.

„Japan steckt überall in meinem Leben drin“, sagt der Familienvater. Er hat seinen Kirchseeoner Landschaftsbau-Betrieb Kokoro auf fernöstliche Gartenkunst spezialisiert, die Aufträge kommen aus ganz Süddeutschland, aus der Schweiz und aus Frankfurt. Viele Materialien dafür holt Ruth jedes Jahr persönlich aus dem pazifischen Inselstaat. In seiner Freizeit kocht er gerne mit seiner Frau für Freunde, selbstverständlich im traditionellen Tontopf Donabe. Im Zuhause der Familie finden sich papierbespannte Schiebetüren und Stoffbahnen als Raumtrenner. Einmal im Jahr führt er eine Reisegruppe durch sein Japan, die „Go“-Kollegen waren schon dabei, Professoren, Freunde und Kunden auch.

Warum ausgerechnet Japan? „Weil es meinem Wesen entspricht“, sagt Ruth ohne zu zögern. Es sei die Kultur der Rücksicht und des Respekts, die ihn so fasziniere – eine Gesellschaft, in der das „Wir“ über dem „Ich“ steht und Aufopferung keine Schwäche, sondern einer Haltung ist. „Ich mag das Streben nach Perfektion, das tiefe Verantwortungsgefühl, das in allen Lebensbereichen spürbar ist“, sagt er. „Die Menschen zelebrieren einfach – egal, was sie machen.“ Ob Kochen, Gärtnern oder Zugfahren: Alles sei von einer Ernsthaftigkeit erfüllt, die ihn berühre.

Was ihn besonders beeindrucke, ist der japanische Umgang mit Tradition: Altes wird nicht verdrängt, sondern bewahrt – in gewisser Weise eine Parallele zu Bayern, meint Ruth und lächelt. „Wir sind hier oft gar nicht so weit weg von diesem Denken.“

Der 37-jährige Kirchseeoner träumt von einem Leben in beiden Heimaten – seiner familiären im Raum Ebersberg und seiner seelischen im Zen-Land. Ein paar Monate hier, ein paar Monate dort, das wär‘s. Die Arbeit in Deutschland, das Dasein in Japan. Bis es so weit ist, genießt er die fernöstliche Atmosphäre, die er in seinen Alltag nach Oberbayern geholt hat. Die Balance zwischen zwei Kulturen – genau darin hat Maximilian Ruth vorerst seinen inneren Frieden gefunden.

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