Busfahrer verrät die einfache Regel, nach der Fahrpläne wirklich gemacht werden

Als Busfahrer werde ich sehr oft mit derselben Frage konfrontiert:

„Wieso fährt in der Stadt gefühlt ständig ein Bus – und auf dem Land muss man manchmal zwei Stunden auf die nächste Verbindung warten?“

Viele denken, dahinter stecken komplizierte Planungen, technische Probleme oder schlicht Nachlässigkeit. Doch die Wahrheit ist viel einfacher und lässt sich auf eine zentrale Regel herunterbrechen: Angebot und Nachfrage.

Martin Binias, bekannt als „Herr Busfahrer“, ist Influencer und aktiver Busfahrer. Mit Humor und Reichweite macht er den ÖPNV nahbar, schafft Verständnis für den Berufsalltag und wurde mehrfach ausgezeichnet. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

In der Stadt – hoher Bedarf, enger Takt

In Städten leben auf engem Raum viele Menschen. Dort bündeln sich Arbeitsplätze, Schulen, Universitäten, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitangebote und Arztpraxen. Entsprechend groß ist die Zahl der Menschen, die jeden Tag mobil sein müssen.

Und viele dieser Wege lassen sich bequem mit Bus und Bahn zurücklegen:

  • Schüler fahren morgens zur Schule und nachmittags wieder nach Hause.
  • Arbeitnehmer pendeln zum Büro oder in den Betrieb.
  • Studierende fahren zur Uni, später in die Bibliothek oder ins Café.
  • Familien erledigen Einkäufe, Arztbesuche oder Freizeitaktivitäten

Die Nachfrage ist also konstant hoch – und sie verteilt sich über den ganzen Tag. Damit sich niemand lange gedulden muss, fahren die Busse in der Stadt in kurzen Abständen:

In den meisten Städten alle 10 bis 15 Minuten, auf stark frequentierten Linien sogar alle 5 Minuten.

Ein dichter Takt sorgt dafür, dass die Menschen flexibel bleiben. Wer einen Bus verpasst, weiß: Der nächste kommt schon gleich. Das macht den Nahverkehr zuverlässig und attraktiv – und trägt dazu bei, dass viele Menschen ihr Auto stehen lassen und stattdessen Bus und Bahn nutzen.

Auf dem Land – weniger Menschen, längere Abstände

Auf dem Land sieht die Situation ganz anders aus. Dort leben weniger Menschen, die Häuser und Dörfer sind über größere Flächen verteilt. Häufig gibt es keine großen Arbeitgeber direkt vor Ort, und viele Menschen sind auf das Auto angewiesen.

Für viele ländliche Bewohner gilt: Das eigene Auto steht vor der Tür, fährt wann man will und bietet Flexibilität. Deshalb wird der Bus dort deutlich seltener genutzt – manchmal nur für den Schulweg oder von älteren Menschen, die kein Auto mehr fahren möchten.

Und genau hier liegt das Problem:

Würde auf dem Land ein Bus im 15-Minuten-Takt fahren, wären die meisten Fahrten leer oder nur mit wenigen Fahrgästen besetzt.

Die Kosten für Personal, Energie und Wartung wären immens, während der Nutzen für die Gesellschaft gering bliebe.

Darum fahren die Busse auf dem Land oft nur alle 1 bis 2 Stunden. Für die wenigen, die regelmäßig fahren, ist das manchmal frustrierend – doch nur so lässt sich der Betrieb überhaupt aufrechterhalten.

Kosten & Finanzierung – was oft übersehen wird

Ein Bus, der durch die Stadt oder über Land fährt, ist kein „Gratis-Angebot“. Hinter jeder Fahrt stehen erhebliche Kosten:

  • Wir Fahrer oder die Fahrerin müssen bezahlt werden.
  • Der Bus braucht Treibstoff oder Strom.
  • Fahrzeuge müssen regelmäßig gewartet und geprüft werden.
  • Die Routen müssen geplant, Fahrpläne erstellt und abgestimmt werden.

Diese Kosten trägt nicht das Busunternehmen allein. Der öffentliche Nahverkehr wird in Deutschland überwiegend durch Steuergelder von Staat und Kommune finanziert.

Das bedeutet: Immer wenn die Politik entscheidet, wie oft ein Bus fährt, muss abgewogen werden:

  • Wie viele Menschen profitieren davon?
  • Wie hoch sind die Kosten?
  • Ist es sinnvoll, noch mehr Busse einzusetzen – oder reicht das aktuelle Angebot?

Tageszeit & Zielgruppen – Fahrpläne passen sich an

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die unterschiedlichen Tageszeiten. Denn auch die Nachfrage ist nicht immer gleich hoch.

Morgens herrscht Hochbetrieb: Schüler müssen pünktlich in der Schule sein, Pendler wollen rechtzeitig zur Arbeit. In dieser Zeit werden zusätzliche Busse eingesetzt, um die Nachfrage aufzufangen.

Tagsüber sinkt die Nachfrage – daher wird der Takt reduziert. Abends oder am Wochenende fahren oft deutlich weniger Menschen Bus. Darum fahren die Fahrzeuge seltener.

Auch Ferienzeiten verändern die Lage: Wenn die Schulen geschlossen sind, entfallen viele Schülerfahrten. Fahrpläne werden angepasst, um Kosten zu sparen.

Diese Unterschiede machen deutlich: Fahrpläne sind kein Zufall, sondern das Ergebnis einer genauen Analyse von Verkehrsströmen, Gewohnheiten und Bedürfnissen.

Fazit – so einfach, so logisch

Zusammengefasst lässt sich sagen, in Städten fahren Busse oft, weil viele Menschen sie täglich brauchen. Auf dem Land fahren Busse seltener, weil die Nachfrage geringer ist und die meisten Fahrgäste das Auto bevorzugen. 

Öffentlicher Nahverkehr muss für alle zugänglich bleiben, aber gleichzeitig wirtschaftlich und effizient sein. Deshalb orientieren sich die Takte immer an den tatsächlichen Bedürfnissen. Auch wenn es sich manchmal ungerecht anfühlt, stundenlang auf dem Land auf den Bus warten zu müssen: Ohne diese Unterschiede könnten die Kommunen den Nahverkehr überhaupt nicht finanzieren.

Und nun die Frage an Sie:
Wie erleben Sie den Nahverkehr vor Ort? Nutzen Sie in der Stadt den dichten Takt – oder warten Sie auf dem Land oft deutlich länger? Teilen Sie Ihre Erfahrungen gerne in den Kommentaren!