Weil sie ihre Kinder nicht impfen lassen wollte: 50-Jährige zu Geldstrafe verurteilt

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Falsche Impfpässe hatte ein auswärtiger Arzt in Miesbach erstellt. Die Frau, in deren Wohnung dies stattfand, wurde nun verurteilt. © Christopher Neundorf/dpa

Vor dem Miesbacher Amtsgericht ist eine 50-Jährige zu 130 Tagessätzen verurteilt worden. Der Vorwurf: Anstiftung und Beihilfe zum Impfpassfälschen.

Gefälschte Impfpässe in umfangreicherem Ausmaß hat ein auswärtiger Arzt im Mai 2020 in Miesbach ausgestellt. Weil sie hierfür ihre Wohnung zur Verfügung gestellt hat und auch falsche Impfausweise für ihre eigenen Kinder anfertigen ließ, musste sich nun eine 50-Jährige vor dem Amtsgericht verantworten. Wegen Beihilfe beziehungsweise Anstiftung zur Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse, so der Straftatbestand, verurteilte Richter Walter Leitner die Frau zu 130 Tagessätzen.

Falsche Dokumente für 18 Kinder bei Termin in Miesbacher Wohnung

Das Treffen vor knapp vier Jahren war nicht gerade klein. Neben den beiden Teenagern der heute 50-Jährigen waren laut Anklage 16 weitere Kinder nebst Eltern in der Wohnung, in der der Arzt die Dokumente anfertigte. Die Impfdosen hatte er bei einem befreundeten Apotheker besorgt, Verwendung fanden freilich nur die Etiketten, die in die Pässe geklebt wurden. Laut Staatsanwaltschaft haben nur größere Kinder, die berichten können, ob sie einen Piks bekommen haben, eine Kochsalzlösung injiziert bekommen.

Eigentlich habe der Termin an einem anderen Ort stattfinden sollen. Weil das nicht klappte, habe der Arzt die Angeklagte gefragt, ob das Treffen nicht bei ihr stattfinden könne. Mit dem Ja hat sie sich dann der Beihilfe schuldig gemacht, bei den eigenen Kindern der Anstiftung.

Frau hatte Angst vor Impfschäden: „Wusste mir nicht anders zu helfen“

Den in der Anklage vorgetragenen Sachverhalt bestritt die Frau bei ihren Einlassungen gar nicht. Sie war ohne Anwalt vor Gericht erschienen und erläuterte ihre Beweggründe. Sie habe Angst vor dem „neuen Impfstoff“ gehabt. Es ging um die Immunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln (MRR), und da habe die Schule ihrer Kinder Druck aufgebaut, schriftlich eine Strafe von 2500 Euro angedroht. Da habe sie sich eben an den Arzt gewandt, ein Bekannter. „Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Heute würde ich mich hinstellen und sagen: ,Meine Kinder wollen das nicht.‘“ Die Möglichkeit zum Fälschen der Impfausweise hat sich dann herumgesprochen, zwischenzeitlich machte eine Befreundete der Angeklagten sie sogar auf Facebook publik – inklusive der Handy-Nummer der 50-Jährigen als Kontakt. Mit dem Ergebnis, dass sich eben andere impfskeptische Eltern bei ihr meldeten. Teils hätten diese richtiggehend darum gefleht, dabei sein zu dürfen.

Wohl auch über diesen Post wurde dann die Polizei auf die 50-Jährige aufmerksam. Die Staatsanwaltschaft hatte die Beamten nach Hinweisen auf gefälschte Impfpässe im Raum Miesbach auf die Sache angesetzt. Am Ende der Ermittlungen stand eine Reihe von Strafbefehlen. Wie Richter Leitner erklärte, war die nun Angeklagte die Einzige, die Widerspruch einlegte. Selbst anwaltlich vertretene Eltern hätten Strafen früher oder später akzeptiert.

Angeklagte überzeugt: „Jede körperliche Krankheit ist Ausdruck eines seelischen Konflikts“

Die Details erklärte die 50-Jährige nur auf Anfrage. Die Stellungnahme, die sie vorlas, war eher weltanschaulicher Natur. Sie sei ein „geistig-sittliches Wesen“, glaube an „den Schöpfer alles Lebens und die bedingungslose Liebe“. Diese gebiete es, „keinem Wesen zu schaden“ – eben auch nicht ihren eigenen Kindern in Form einer Impfung. Weiter sagte sie: „Jede körperliche Krankheit ist Ausdruck eines seelischen Konflikts“, sie zu überstehen ein „Reinigungsprozess für Körper, Geist und Seele“.

Keine kriminelle Energie

Eine Nothilfe für ihre Kinder wollte Leitner nicht erkennen. Letztlich setzte er die 150 Tagessätze des Strafbefehls – weiterhin gefordert von der Anklägerin – auf immer noch deutliche 130 herab, den Satz von 60 auf 15 Euro, da die 50-Jährige, ehemals selbstständig in der Gesundheitsbranche, nun Bürgergeld empfängt. Kriminelle Energie wollte der Frau keiner unterstellen. Ihr Weg, so Leitner, habe sie aber in die Illegalität geführt.

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