Motorrad-Raser am Sudelfeld: Kommt ein Fahrverbot wie am Kesselberg?
Mit dem Frühlingswetter kehren auch die Motorrad-Raser ans Sudelfeld zurück. Und mit ihnen die Frage, wie sich Gefahren und Lärm eindämmen lassen. Braucht es doch ein Fahrverbot?
Bayrischzell – Der wetterbedingt frühe Start in die Motorradsaison macht sich bereits in den Unfallzahlen am Sudelfeld bemerkbar. Vor allem auf Oberaudorfer Seite hat es im April bereits mehrfach schwer gekracht. Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) fordert in einem Brief an den Regierungspräsidenten von Oberbayern „eine Sperrung oder andere geeignete Maßnahmen, um die Verkehrssicherheit für alle zu gewährleisten“. Sie könnte sich beispielsweise ein Wochenend-Fahrverbot für Motorräder vorstellen, so Ludwig. „Wir müssen auf jeden Fall illegale Rennen verhindern, die Anwohner vor dem Lärm schützen und die Unfallserie stoppen.“
Gefahren und Lärm durch Motorradraser
Als Bayrischzeller Bürgermeister kennt Georg Kittenrainer die emotionale Debatte rund um die Biker am Sudelfeld seit Jahren. Und er weiß, wo die Hürden zu einem Fahrverbot für Motorräder liegen: „Die ganz überwiegende Mehrheit stört niemand“, sagt Kittenrainer. Doch auch diese wäre dann von der Nutzung einer nicht zuletzt mit Steuergeldern finanzierten Bundesstraße ausgeschlossen. Andererseits würden eben wenige Raser ausreichen, um schwere Unfälle zu verursachen und die Anwohner durch den Motorenlärm ihrer nicht selten unerlaubt frisierten Maschinen „auf die Palme zu bringen“. Wie Kittenrainer selbst erlebt hat, „hört man sie bis auf die Berggipfel“. Und auch die riskanten Fahrmanöver in der Szene hat er hautnah mitbekommen.
Kürzlich sei er mit dem Rad von Oberaudorf aufs Sudelfeld getreten, erzählt der Rathauschef. In den für Biker besonders attraktiven Bereichen oben am Tatzlwurm habe er es dabei fast mit der Angst zu tun bekommen. Die Raser hätten sich dermaßen weit in die Kurven gelegt, dass die Fußrasten auf dem Asphalt Funken geschlagen hätten. An mehreren Punkten seien Leute gestanden, die sie bei ihren waghalsigen Manövern gefilmt hätten. Mehr noch: An beiden Enden der Strecke seien Posten Schmiere gestanden, um die Bleifüße rechtzeitig vor Polizeikontrollen zu warnen. Für Kittenrainer ist klar: „Die spielen da oben mit ihrem Leben.“ Und auch mit der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer.
Fahrverbote nur auf Basis von Daten
Genau das würde ein Fahrverbot verhindern. Doch das lässt sich nicht so einfach verhängen, teilt das Landratsamt mit, dessen Untere Straßenverkehrsbehörde zusammen mit der Polizei und dem Staatlichen Bauamt die sogenannte Unfallkommission stellt. Laut bundesgesetzlichen Vorgaben „sind Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs wie etwa eine Sperrung für bestimmte Fahrzeuge nur zulässig, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das Risiko, das mit dem Straßenverkehr allgemein verbunden ist, erheblich übersteigt“. Genau hier liegt der Knackpunkt, denn: Die Entscheidung über das Vorliegen einer solchen Gefahrenlage müsse zwingend auf Grundlage einer „fundierten Datenbasis“ erfolgen. Relevant seien hier in erster Linie das Unfallgeschehen, aber eben auch andere Faktoren wie Immissionen durch Lärm. Klar sei damit auch, „dass es sich immer um Einzelfallentscheidungen handelt, die sich nach den spezifischen Gegebenheiten vor Ort zu richten haben“.
Bevor man allerdings Fahrverbote in Erwägung ziehen könnte, müssten andere Optionen wie bauliche Maßnahmen (Entschärfung von Kurvenradien, Rüttelstreifen,...) ausgeschöpft sein. Dies sei am Sudelfeld aber (nahezu) der Fall, so das Landratsamt. In Sachen Beschilderung (Überholverbote, Geschwindigkeitsbeschränkungen,...) gebe es ebenfalls keine Luft nach oben. Die Erfahrung zeige, dass noch schärfere Tempolimits die „Leichtigkeit des Verkehrs“ bremsen und damit die Akzeptanz bei allen Verkehrsteilnehmern senken würden.
Also doch ein Fahrverbot? Hier verweist das Landratsamt auf die Erfahrungen der Polizei, dass die Biker dadurch nur auf andere Strecken ausweichen. „Inzwischen sind bekannte Kesselbergfahrer am Sudelfeld anzutreffen.“ Heißt: „Es braucht einen größeren räumlichen Ansatz oder eine Änderung der rechtlichen Grundlagen, insbesondere aber der Sanktionierungsmöglichkeiten der Polizei.“
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Biker im Wettrüsten mit der Polizei
Die sieht sich seit Jahren in einem „Katz-und-Maus-Spiel“ mit den Bikern, das mittlerweile in ein technisches Wettrüsten gemündet ist, wie Roman Gold von der Kontrollgruppe Motorrad berichtet. Das beschränke sich längst nicht mehr auf die Maschinen selbst, sondern habe sich beispielsweise auch auf die Kommunikation der Fahrer untereinander ausgeweitet. Die seien über sogenannte „Open-Mesh-Netzwerke“ wie in einer Telefonkonferenz per Headset unter dem Helm miteinander verbunden, sodass Warnungen vor anrückenden Polizisten in Echtzeit alle in der Gruppe erreichen. Und auch Gold bestätigt den zunehmenden Fokus der einschlägigen Klientel aufs Sudelfeld. Darunter vermehrt Österreicher, die es auch unten auf der Staatsstraße von und Richtung Landl ordentlich krachen lassen. Einer der Gründe laut Gold: der frische Asphalt.
Info-Stand der Polizei
Die Kontrollgruppe Motorrad führt an diesem Sonntag wieder eine Präventionsaktion am Sudelfeld durch. Von 13 bis 17 Uhr sind die Polizisten mit einem Info-Stand an der Passhöhe vor Ort.
sg