- Im Video: Messerangriff in Herdecke: Suche nach Hintergründen.
Wie FOCUS online aus Sicherheitskreisen erfuhr, sollen bei der Polizei Ennepe-Ruhr-Kreis im Vorfeld des lebensgefährlichen Angriffs auf Iris Stalzer zahlreiche Anzeigen wegen häuslicher Gewalt eingegangen sein. Von über 20 Vorfällen ist die Rede.
Mal soll es die SPD-Politikerin gewesen sein, die in ihrer Not die Polizei zur Hilfe gerufen hatte, mal der heute 15-jährige Adoptivsohn aus Haiti oder seine zwei Jahre ältere Adoptivschwester aus Mali. Immer wieder, so war zu erfahren, haben Beamte der 57-jährigen Rechtsanwältin Hilfe angeboten. Auch stand zur Diskussion, die Kinder anderweitig unterzubringen. Stalzer aber soll dies abgelehnt haben.
Angriff in Herdecke: Iris Stalzer holte Sohn wieder zurück
Als das Jugendamt ihren Sohn vor einigen Monaten in eine Pflegefamilie gegeben hatte, soll die Politikerin den Jungen wieder nach Hause geholt haben. Warum, wieso, ist noch unklar. Scheinbar pochten da zwei Herzen in der Brust der Mutter. Einerseits die Furcht vor massiven Anfeindungen, andererseits der Versuch, den Familienfrieden wiederherzustellen.
Die zuständige Polizei in Hagen wollte diese Informationen weder bestätigen noch dementieren. Ein Sprecher verwies auf die Staatsanwaltschaft. Wie bereits zuvor war die Pressestelle der Justizbehörde am Freitag telefonisch nicht erreichbar. Auch Iris Stalzer oder ihre Anwältin nahmen auf Anfrage keine Stellung zu den Recherchen.
Der Hintergrund des seit längerer Zeit schwelenden Familienkonflikts ist offenbar vielschichtig: So soll die Tochter aggressiv geworden sein, weil sie sich benachteiligt fühlte, auch sollen beide Kinder mit der Kreditkarte der Mutter ohne Absprache online shoppen gegangen sein. Probleme, die familienintern für gehörigen Stress sorgten. Offenbar eskalierten diese Konflikte in gewaltsame Übergriffe. So geschehen im Sommer 2025, als Stalzer einen Angriff ihrer Tochter meldete.

13 Stiche mit dem Messer
Am 6. Oktober dann soll die Jugendliche völlig ausgerastet sein und ihre Adoptivmutter über Stunden im Keller gequält haben. Mit zwei Messern soll sie 13-mal auf die Politikerin eingestochen und ihr lebensgefährliche Verletzungen beigebracht haben.
Bereits am 9. Juni 2025 hatte die angehende Bürgermeisterin die Polizei Ennepe-Ruhr schriftlich erneut um Hilfe gebeten.
Auch einen Tag vor dem mutmaßlichen Messerangriff hatte sich die neu gewählte Bürgermeisterin von Herdecke an die Polizei gewandt. „Wir hatten am Montag zweimal persönlichen Kontakt zu ihr“, sagte ein Sprecher der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. Einmal sei sie persönlich auf der Wache in Wetter an der Ruhr vorstellig geworden.
Mutmaßliche Messerstecherin ist in jugendpsychiatrischer Klinik
Zu dem konkreten Inhalt ihrer Aussagen könne die Polizei mit Blick auf die nun laufenden Ermittlungen nichts bekannt geben, so die weiteren Ausführungen. „Ein Vorgang wurde angelegt, alle notwendigen Maßnahmen wurden getroffen“, bekannte der Sprecher. Von diesem Vorgang habe auch die Staatsanwaltschaft Kenntnis erhalten.
Inzwischen prüfen das Landeskriminalamt in Düsseldorf und das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste den Vorgang. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie die Polizei Ennepe-Ruhr-Kreis mit der Vielzahl an Anzeigen von häuslicher Gewalt im Hause Stalzer vor der beinahe tödlichen Messerattacke umgegangen ist.
Die Antwort wird noch dauern. Genauso wie auf die Frage, ob der Sohn eine Rolle bei der Messerattacke gespielt hat. Die Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt. Wenn es nach der Behörde geht, soll die Öffentlichkeit nichts weiter erfahren. Personenschutz bei Jugendlichen. Auch wenn mittlerweile offenbar wurde, dass die Adoptivmutter stundenlang bis aufs Blut gepeinigt worden sein soll.
Inzwischen hat das Jugendamt beide Adoptivkinder aus der Familie genommen. Die mutmaßliche Messerstecherin kam in eine jugendpsychiatrische Klinik.