Als bei Alarm noch Kirchenglocken läuteten

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Vor zwei Jahren starteten die Erlinger eine Quereinsteigerkampagne – mit großem Erfolg. © FFW Erling-Andechs

Wie viele andere Freiwillige Feuerwehren im Landkreis im selben Jahr, kurz vorher oder nachher wurde auch die Ortsfeuerwehr Erling-Andechs auf Geheiß eines Erlasses aus dem Jahr 1869 vor 150 Jahren gegründet. Im Juni ist ein großes Festwochenende mit Umzug geplant.

Erling – Von der Eimerkette über Handpumpen bis hin zum Einsatz motorisierter Löschpumpen: Die Freiwillige Feuerwehr Erling-Andechs feiert ihren 150. Geburtstag. Doch die Geschichte von Erlings Feuerwehr reicht viel weiter, nämlich 204 Jahre zurück. Zu den Einsätzen, die vermutlich immer in Erinnerung belieben, war der Einsatz nach dem angeblichen Meteoriteneinschlag in Hannawies, der 1995 weltweit für helle Aufregung sorgte. Gefeiert wird das Gründungsjubiläum der Freiwilligen Feuerwehr im Sommer mit einem Umzug, einem Konzert und einem großen Fest.

Walter Feigl, „Direktor“ des historischen Museums und ehemals langjähriger Kommandant der Ortsfeuerwehr, hält eine „allgemeine Feuerordnung“ aus dem Jahr 1791 in den Händen. Die dort eingetragenen Anweisungen an die Bevölkerung zeichnen ein Bild, der damaligen Wohnverhältnisse: Wenn sie nachts im Stall ihre „Notdurft verrichten“, sollten sie eine Laterne und keine Kerze mitnehmen. Und den Kamin bitte nicht mit einer Holztüre verschließen. Weit zurück reicht auch das auf 1820 datierte Dokument, in dem Erlings Verwaltung den Kauf einer Feuerwehrspritze tätigte. Eine Spritze aus Holz, bei der die Feuerwehrler das Wasser noch mit Körperkraft per Hand aus einem Löschteich pumpten. Historisch dokumentiert ist zudem, dass die Erlinger den Weilheimern 1825 und 1834 zu Hilfe eilten, als deren Dorf in Flammen stand.

Amtlich bestätigt wurde die Feuerwehr 1874, als laut Chronik „Feuerwehrhauptmann Jakob Vogler und 1. Vorstand Georg Sedlmeir sowie 49 Mann ehrbarer Bürger“ den Verein gründeten, nachdem 1869 per königlichem Dekret verfügt wurde, dass jeder Ort eine freiwillige Feuerwehr nachweisen sollte, ansonsten wäre eine Pflichtfeuerwehr verfügt worden. Erling war damals von der Einwohnerzahl größer als Herrsching. Unterwegs waren die Kameraden unter anderem mit einer auf einen Wagen montierten „Holzschiebeleiter“, die sie mit Muskelkraft zum Brandort zerrten.

In der Chronik mit Foto festgehalten ist der Feuerwehrverbandstag 1920 bei der „Gastwirtschaft zur Post“. In die Geschichte eingegangen ist auch der Tag, als 1965 der Klosterladen brannte, und vier Jahre später, als der Kuhstall im Kloster Feuer fing. Damals sprangen die Erlinger der Klosterwehr zur Seite, die bis 1987 bestand. Auch Rothenfeld habe zu dieser Zeit noch eine eigene Feuerwehr gehabt, weiß Feigl.

Eine Episode aus dem Kuriositätenkabinett ist der Meteorit, der vermeintlich am 5. März 1995 in Hannawies eingeschlagen hatte. „Wir wurden zum Strahlenmessen beordert“, erinnert sich Feigl. Gemessen haben sie nichts, denn tatsächlich war das vermeintliche Himmelsgeschoss, das es weltweit in die Schlagzeilen schaffte, bekanntlich nichts anderes als eine Biotop-Sprengung.

Die erste Heimat der Erlinger Ortswehr war ein Holzverschlag auf der Verkehrsinsel beim Rathaus. Später zogen sie mit Sack und Pack in den Keller der alten Schule, um 1977 in den Steinrinnenweg 22 eine feste Bleibe zu finden. Mit viel Eigenleistung erweiterten die Ehrenamtlichen 2014 das Gebäude. Demnächst soll noch ein weiterer Raum hinzukommen.

1920 fand in Erling der Verbandstag statt, mit publikumswirksamer Übung am „Gasthof zur Post“
1920 fand in Erling der Verbandstag statt, mit publikumswirksamer Übung am „Gasthof zur Post“ © Repro

War die Arbeit der freiwilligen Einsatztruppe zu Beginn noch auf das Brandlöschen beschränkt, leisten die Ehrenamtlichen heute technische Hilfe, sind nach Unfällen vor Ort, sichern Umzüge ab oder räumen vom Sturm gefällte Bäume von der Straße. Gewandelt hat sich auch die Alarmierung: Kirchenglocken und Trompetenklängen folgten Sirenen, und in den 1990ern trugen die Feuerwehrleute moderne sogenannte Piepser in der Hosentasche. Heute werden die Einsatzkräfte übers Smartphone mittels einer App gerufen, die detailliert über den Einsatz informiert.

Viel passiert ist auch beim Einsatzmaterial: Eine Erleichterung brachte 1934 der motorisierte Tragkraftspritzenanhänger. Das erste Löschgruppenfahrzeug LF 8 bekamen die Erlinger 1973. Es wurde im Laufe der Zeit mehrfach ersetzt. Seit 2021 nutzen die Freiwilligen das Mehrzwecklöschfahrzeug MLF.

Das Verhältnis zwischen Mitgliedern und Einwohnern sank mit den Jahren zusehends: Waren 1909 noch 91 von 833 Einwohnern Mitglied der Feuerwehr, treffen aktuell 125 Mitglieder auf etwa 3000 Erlinger – von denen sind 56 aktiv. Das sei keineswegs bedenklich, so Vorsitzender Florian Frey, denn mit dem technischen Fortschritt sei auch die Effizienz der Wehr gestiegen. Und die Quereinsteigerkampagne vor zwei Jahren habe sich positiv auf die Mitgliederzahl ausgewirkt. Die Festivitäten sind vom 21. bis zum 23. Juni angesetzt. Wie, wo und was steht noch nicht fest.

Michèle Kirner

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