Trotz Vollzeitarbeit im Berufsleben: Rentnerin ist auf finanzielle Hilfe von Freunden angewiesen
Immer mehr Menschen sind in der Rente von Altersarmut betroffen. Obwohl viele einen Anspruch auf eine Grundsicherung haben, wird diese häufig nicht wahrgenommen.
Berlin – Nach einem langen Arbeitsleben, sollte das Alter finanziell sorgenfrei sein. Doch vielen Menschen in Deutschland reicht die Rente allein nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Viele von ihnen arbeiten auch nach dem Ruhestand weiter, sind auf den finanziellen Zuverdienst angewiesen. Davon sind besonders häufig Frauen betroffen. Obwohl sie im Leben viel geleistet haben, schützt es leider nicht vor Altersarmut in der Rente.
Altersarmut in der Rente: Warum ältere Menschen davon gefährdet sind
Immer mehr Menschen in Deutschland, die über 65 Jahre alt sind, sind von Armut bedroht. Fast ein Viertel der über 80-Jährigen (22,4 Prozent) ist nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) davon betroffen. Das ging aus einer vom Bundesseniorenministerium geförderten Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (Stand: Dezember 2021) hervor.
Dabei lag laut Studie der Anteil armer Frauen über 80 Jahren um fast zehn Prozent höher als bei Männern. Die Gründe, warum ältere Menschen in Armut geraten, sind vielfältig:
- Unterbrechungen während des Arbeitslebens: Arbeitslosigkeit, Kindererziehung, Pflege, geringer Verdienst und Selbstständigkeit können dazu führen, dass Menschen weniger Geld in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen konnten und dadurch von Altersarmut bedroht sind.
- Alleinerziehende Frauen: Frauen sind oft schlechter abgesichert als Männer – trotz jahrzehntelanger Erwerbstätigkeit. Gepaart mit traditionell längeren Phasen der Kindererziehung reicht es häufig nicht für ein ausreichendes finanzielles Polster im Alter. Insbesondere alleinerziehende Frauen sind von Altersarmut gefährdet. Sie können aufgrund der Kindererziehung häufig nur wenig arbeiten.
- Keine Berufsausbildung: Menschen ohne Berufsausbildung oder mit Migrationshintergrund sind stark gefährdet, im Alter zu verarmen.
- Menschen, die informell beschäftigt sind: Dieser Personenkreis hat keine finanzielle Absicherung.
- Quelle: Aktion Deutschland, Malteser

Rentnerin würde ohne zusätzliche Hilfe nicht über die Runden kommen
Wie bedürftig Frauen im Ruhestand sind, zeigt sich auch am Fall einer 81-Jährigen aus Berlin-Neukölln. Wie der Focus berichtet, hat die 81-Jährige ihr Leben lang in Vollzeit gearbeitet. Als Zahnarzthelferin habe sie seinerzeit 1200 D-Mark netto verdient. Heute bekommt sie 1115 Euro Rente. Mit Abzug ihrer Fixkosten blieben der Rentnerin monatlich nur 300 Euro zur freien Verfügung. Ohne die finanzielle Unterstützung von Familienangehörigen und Freunden könne die Seniorin nach eigenen Angaben für Medikamente, Lebensmittel oder Haushaltswaren in der Regel nicht aufkommen.
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„Die Not ist größer denn je“, zitiert der Focus Sandra Bisping, Gründerin des Münchner Vereins „Ein Herz für Rentner“. „Betroffene haben oftmals am 20. des Monats nichts mehr zu essen. Wenn sie noch 10 Euro zur Verfügung haben, überlegen sie sich: Kaufe ich jetzt Medikamente oder Lebensmittel?“
Häufig führt die Altersarmut in der Rente auch zur sozialen Armut
Eine Umfrage des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) hat ergeben, dass im vergangenen Jahr immer weniger Menschen in der Lage waren, sich mindestens jeden zweiten Tag eine ausgewogene Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder eine vegetarische Alternative leisten zu können.
„Wem das Geld fehlt, dem mangelt es oft auch an Sicherheit und gesellschaftlicher Teilhabe“, so der Malteser Hilfsdienst. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel sei zudem auch eine ausgewogene Ernährung oder eine voll umfassende medizinische Versorgung schwierig. „Durch Einsamkeit und soziale Isolation steigt darüber hinaus das Erkrankungsrisiko, während die Lebenserwartung sinkt“, erklärt der Hilfsdienst weiter.
Die meisten Rentner nutzen Anspruch auf Grundsicherung nicht
Für von Armut betroffene Menschen im Rentenalter gibt es die Möglichkeit der Grundsicherung oder des Wohngeldes. Diese soll helfen, wenn der monatliche Finanzbedarf höher als das eigene Einkommen inklusive aller Vermögenswerte ist. Doch viele Betroffene ziehen sich häufig aus Scham zurück und vereinsamen. Nach Angaben des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), nehmen rund 60 Prozent der Menschen, die Anspruch haben, diesen nicht in Anspruch.
„Viele Menschen wissen nicht, dass sie anspruchsberechtigt sind. Andere trauen sich nicht zuzugeben, dass sie bedürftig sind, und wieder anderen ist das Verfahren zu bürokratisch und aufwendig“, so Peter Haan, Professor für empirische Wirtschaftsforschung an der FU Berlin und Leiter der Abteilung Staat am DIW Berlin. Zudem hat eine aktuelle Studie ergeben, dass weniger Menschen als angekündigt die Grundrente erhalten. (vw)