Trotz Berufsleben in Vollzeit: Rentnerin kommt ohne Hilfe von Freunden nicht über die Runden
Immer mehr Menschen im Rentenalter sind von Armut bedroht. Aus eigener Kraft können vielen ihren Lebensunterhalt nicht mehr stemmen. Freunde oder Familie müssen helfen.
Berlin – Altersarmut ist ein wachsendes Problem in Deutschland. Fast ein Viertel der über 80-Jährigen (22,4 Prozent) ist nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) davon betroffen. Das ging aus einer vom Bundesseniorenministerium geförderten Studie „Hohes Alter in Deutschland“ (Stand: Dezember 2021) hervor. Ein Renten-Experte erklärt, welche Änderungen es in Deutschland geben müsste, damit die Rente zukunftssicher wird. Der Fall einer Frau aus Berlin zeigt auf, wie bedürftig vor allem Frauen im Ruhestand mitunter wirklich sind.
Arbeitete ihr gesamtes Berufsleben in Vollzeit: Rente reicht dennoch nicht zum Leben
Laut Studie lag der Anteil armer Frauen über 80 Jahren um fast zehn Prozent höher als bei Männern. „Das zeigt, wie deutlich sich schlechtere Bezahlung, aber auch längere Teilzeitarbeit und Unterbrechungen im Erwerbsleben in späteren Jahren auf das Leben von Frauen auswirken“, erklärt Bundesseniorenministerin Anne Spiegel die Hintergründe dazu. Aber auch die Inflation mindert die Kaufkraft der zukünftigen Renten.
Doch auch Menschen, die ihr Leben lang in Vollzeit gearbeitet haben, kommen mit ihrer Rente oftmals nicht über die Runden. So auch die Rentnerin aus Berlin-Neukölln. Die 81-Jährige hat laut Focus als Zahnarzthelferin gearbeitet und ihrerzeit 1200 D-Mark netto verdient. Anders als viele andere Frauen sei sie mit der Geburt ihres Sohnes nicht in Teilzeit gewechselt und habe ihr gesamtes berufliches Leben in Vollzeit gearbeitet.

Mit Abzug ihrer Fixkosten blieben der 81-Jährigen heute monatlich nur 300 Euro zur freien Verfügung. Ohne die finanzielle Unterstützung von Familienangehörigen und Freunden könne die Seniorin nach eigenen Angaben für Medikamente, Lebensmittel oder Haushaltswaren in der Regel nicht aufkommen. „Diese Existenzängste prägen schon jeden Tag“, so die 81-Jährige. Wie ihr ergeht es vielen in Deutschland.
Mit der finanziellen Notlage folgt auch häufig die soziale Armut
Aufgestockt habe sie ihre Rente mit verschiedenen Minijobs. „Aber je älter ich werde, desto schwieriger wird es“, zitiert Focus die Rentnerin. Armut bedeute laut dem Malteser Hilfsdienst jedoch noch viel mehr als nur Geldsorgen. „Wem das Geld fehlt, dem mangelt es oft auch an Sicherheit und gesellschaftlicher Teilhabe“. Ohne zusätzliche finanzielle Mittel sei auch eine ausgewogene Ernährung oder eine voll umfassende medizinische Versorgung schwierig.
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Eine Umfrage des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) hat ergeben, dass im vergangenen Jahr immer weniger Menschen in der Lage waren, sich mindestens jeden zweiten Tag eine ausgewogene Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder eine vegetarische Alternative leisten zu können. Betroffene ziehen sich häufig aus Scham zurück und vereinsamen.
„Diese Form von sozialer Armut kann durch den Verlust von Freunden oder anderen geliebten Menschen verstärkt werden. Durch Einsamkeit und soziale Isolation steigt darüber hinaus das Erkrankungsrisiko, während die Lebenserwartung sinkt“, so der Hilfsdienst weiter. Es sei daher wichtig, frühzeitig der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken.
Von Altersarmut betroffen: An diesen Stellen erhalten Sie Hilfe
Für von Armut betroffene Menschen im Rentenalter gibt es auch die Möglichkeit des Wohngelds oder Grundsicherung. Diese soll helfen, wenn der monatliche Finanzbedarf höher als das eigene Einkommen inklusive aller Vermögenswerte ist. Ein Rentnerpaar verzichtete aus Stolz jedoch freiwillig auf die Grundsicherung.
Betroffene können sich zudem auch an Wohlfahrts- und Seniorenverbände wenden. Auch Tafeln unterstützen viele Senioren in ganz Deutschland in barrierefreien Senioren-Cafés. An folgende hilfreiche Beratungsinstitutionen können sich Betroffene wenden:
- Allgemeine Sozialberatung der Caritas: Fachleute der Caritas unterstützen bei sozialen Problemen im Alter und geben Rat.
- Sozialverband VdK: Der Sozialverband steht hilfsbedürftigen Menschen zur Seite. Er hilft in allen sozialrechtlichen Fragen wie Rente, Pflege, Gesundheit, Rehabilitation, Erwerbsminderung oder bei der Anerkennung einer Behinderung.
- AWO Pflege- und Seniorenberatung: Die Arbeiter-Wohlfahrt (AWO) bietet online als auch telefonisch Beratung für Senioren an und verfügt zudem über ein großes Spektrum an Hilfsangeboten.
Auch die Malteser unterstützt mit dem vom BMFSFJ geförderten Projekt „Miteinander-Füreinander: Kontakt und Gemeinschaft im Alter“ hochaltrige Menschen bundesweit mit verschiedenen Angeboten. (vw)