Renten-Ärger im ZDF: Ampel-Koalition macht sich „schlanken Fuß“
Das Rentenpaket sorgt auch beim ZDF-Talk von „Maybrit Illner“ für Kritik. Zwei Experten scheuen sich nicht vor Kritik am Rentenpaket II.
Berlin – Bei „Maybrit Illner“ diskutierten die Gäste in der ZDF-Sendung über das neue Rentenpaket der Ampel, das Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP) vor Kurzem vorgestellt haben. Nachdem bereits die ersten Beamten gegen die Renten-Reform Sturm laufen, musste sich der SPD-Politiker aus der Talkrunde einiges an Kritik von den Gästen anhören.
Besonders die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer, die, ebenso wie Kollege Martin Werding, die junge Generation bei der Reform der Rente am „stärksten belastet“ sieht, und der Chefredakteur von Finanztip, Hermann-Josef Tenhagen, sorgten bei der Diskussion über das Rentenpaket II, das auch schon von anderen Experten zerlegt wurde, für Aufsehen.
Gäste bei Maybrit Illner: Thema der ZDF-Sendung
Hubertus Heil (SPD): Bundesminister für Arbeit und Soziales, stellvertretender Parteivorsitzender
Franziska Brandmann (FDP): Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen
Verena Bentele: Präsidentin des Sozialverband VdK
Monika Schnitzer: Professorin für Volkswirtschaftslehre an der LMU München und „Wirtschaftweise“
Hermann-Josef Tenhagen: Chefredakteur, Herausgeber und Geschäftsführer von „Finanztipp“
Neues Rentenpaket der Ampel: Experte äußert Verdacht – „Bringt Rente selber nicht weiter“
Besonders der Experte, Herausgeber und Chefredakteur des Verbraucherportals Finanztip, Hermann-Josef Tenhagen, äußerte sich kritisch über die Reform-Pläne der Rente der Ampel-Koalition. „Das ist eigentlich eine politische Reform, das ist keine ökonomische Reform“, erklärte der Tenhagen im ZDF-Talk von Maybrit Illner. „Politisch sagt die, wir erreichen die 35 Millionen Leute direkt, 20 Millionen Rentner und 15 Millionen Babyboomer, und wir versprechen den anderen, das bleibt so. Das ist sozialdemokratisches Kernterritorium, wenn man so verspricht. Und wir kriegen den Einstieg in die Aktienrente, das ist FDP-Kernterritorium.“
Dann kam der Chefredakteur von Finanztip auf den Kern des Themas in der ZDF-Sendung zu sprechen. „Die Frage ist, bringt das die Rente wirklich weiter?“, warf er in die Diskussionsrunde, bevor er selber zu einer Antwort ansetzte. „Und meiner eigentlicher Verdacht ist, dass es die Rente selber nicht weiter bringt.“
Verbraucher-Experte kritisiert Heil und Lindner für neue Renten-Reform: „Haben sich schlanken Fuß gemacht“
Neben dem Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in Deutschland kam der Experte aber zum Kern seiner Kritik am neuen Rentenpaket der Ampel: die Lebensarbeitszeit. „Da haben sich die beiden Minister einen schlanken Fuß gemacht“, kritisierte Tenhagen den Arbeitsminister Heil und Finanzminister Christian Lindner für ihren Auftritt bei der Pressekonferenz für die neue Renten-Reform.
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Dort haben die beiden Minister gesagt, dass sie dafür sorgen müssen, dass die Leute länger arbeiten müssen. „Aber nicht jetzt und nicht obligatorisch“. Dies könne man nach Tenhagens Ansicht machen, er führte auch gleich die Beispiele aus Japan und Südkorea an, wo die Leute bereits länger arbeiten als gesetzlich vorgeschrieben ist. „Ob das in Europa, ob das in Deutschland geht, weiß ich nicht. Ich finde da ist zu viel schlanker Fuß für Reformpakt. Politisch verstehe ich das sehr gut, da haben sie sehr gut gerechnet.“
Heil geht auf Kritik am neuen Rentenpaket ein: „Stumpfe Erhöhung des Rentenalters ist eine Rentenkürzung“
Heil ging auf die Kritikpunkte am neuen Rentenpaket von Tenhagen ein, schob aber vorab ein: „Jetzt würde ich gerne versuchen, ein paar Bälle aufzunehmen“, setzte der Arbeitsminister an. „Es ist richtig, dass die Stellschrauben im Wesentlichen am Arbeitsmarkt entschieden werden. Je mehr Menschen in Arbeit sind, je besser die Lohnentwicklung, desto stabiler die gesetzliche Rente. Das ist erstens Tatsache.“
„Die gesetzliche Rente ist für die meisten Menschen die tragende Säule der Alterssicherung. Die Realität ist, dass die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich auf die gesetzliche Rente verlassen können.“ Nun kommt Heil auf die Lebensarbeitszeit zu sprechen und findet klare Worte für eine verpflichtende Erhöhung des Renteneintrittsalters. „Wir brauchen flexible Übergänge. Eine stumpfe Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters, die zum Beispiel Frau Schnitzer vertritt und auch viele von der Union, wäre für viele Menschen nichts anderes als eine Rentenkürzung, weil viele Menschen dann früher in Rente gehen würden, aber Abschläge in Kauf nehmen müssen.“
Neues Rentenpaket bei Maybrit Illner im ZDF: Heil ist für Anreize, damit Rentner freiwillig länger arbeiten
Heil gehe es darum, dass Menschen tatsächlich eine Chance haben, länger zu arbeiten. „Und wenn die freiwillig länger arbeiten wollen, bin auch für Anreize zu haben, aber nicht dafür, dass wir alle über einen Kamm scheren“, so Heil in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner weiter.
Heil hingegen spricht von einem System, „auf das sich die Menschen verlassen müssen“. Er versichert: „Die Rentner haben sich die Rente ja verdient.“ Und er führt weiter aus: „Mich ärgert, dass versucht wird, die Generationen gegeneinander auszuspielen.“ Allerdings muss auch der Bundesarbeitsminister eingestehen. „Sie haben recht, es wird etwas kosten.“
Wirtschaftsweise erneuert Kritik am an der Rentenpaket II: „Rente nicht so stark steigen lassen“
Die prognostizierten Kosten der Rentenausgaben gab es dann auf einer Grafik in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner zu sehen. Diese sind im Jahr 2024 auf 327,4 Milliarden Euro angesetzt und würden nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis ins Jahr 2045 auf 802 Milliarden Euro steigen. Um diese zukünftigen Rentenauszahlungen stemmen zu können, sieht die Wirtschaftsweise Schnitzer nur einen Weg, den sie bereits im Interview mit der Augsburger Allgemeinen am Montag skizziert hatte.
Ihrer Ansicht nach wird die Aktienrente nicht reichen. Die kolportierten jährlichen zehn Milliarden des Generationenkapitals seien für Schnitzer im Vergleich zu den Kosten „noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist schon homöopathisch.“ Für die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer heißt die Lösung für die Rente: „Mehr zu arbeiten. Länger zu arbeiten“, erklärt sie. „Das ist etwas, was hilft und die Rente nicht so stark steigen zu lassen.“ Das allerdings sei nicht so populär.
Heil bei Maybrit Illner: „Rentenniveau von 48 Prozent wird dauerhaft im Gesetz festgeschrieben“
Populärer könnte sich aber eine andere Aussage vom Arbeitsminister Heil gestalten. Dieser erklärte in der ZDF-Sendung von Maybrit Illner, auf die Frage, weshalb das Rentenniveau nicht dauerhaft garantiert wird? „Also im Gesetzentwurf wollen wir sie dauerhaft garantieren, wir haben das jetzt erstmal abgesichert bis 2039, aber es steht im Gesetz drin, dass es dauerhaft so sein wird, dass das Rentenniveau von 48 Prozent“ dauerhaft festgeschrieben werde, Damit wollen Heil und Lindner in dem neuen Rentenpaket die Rente „stabilisieren“.
Die Worte von Heil bezogen sich auf einen Vorstoß von der Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi. Diese hält die Zusage, das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2040 stabil zu halten, für unzureichend. „Immerhin ist es das richtige Signal. Aber eigentlich bedürfte es einer dauerhaften Zusage. Dann funktioniert der Generationenvertrag auch“, sagte Fahimi der „Bild am Sonntag“. Mit dauerhaft meine die DGB-Chefin „für immer“. Auch für Heil gehe es gerade darum, dass sich nicht nur die Rentner und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, um die es vor allen Dingen gehe, sondern auch zukünftige Generationen auf die gesetzliche Rente verlassen können.