Zukünftige Rentenerhöhungen in Gefahr? „Können nicht mehr so stark wie bisher erhöht werden“

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Um Rentenerhöhungen und die Zukunft des deutschen Rentensystems ist eine heftige Debatte entbrannt. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer erklärt: „Wir müssen länger arbeiten und mehr fürs Alter sparen.“

Augsburg – In den kommenden Jahren wird das deutsche Rentensystem vor eine Zerreißprobe gestellt: Immer mehr Menschen gehen in Rente, während es immer weniger Beitragszahlende gibt. Die Ampel-Koalition will die Rente mit dem Rentenpaket II deshalb zukunftsfest machen. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält von den Plänen der Bundesregierung jedoch recht wenig.

Rentenerhöhung noch im März angekündigt – Kritik am Rentenpaket

Mit den jetzt vorgeschlagenen Reformen halte die Bundesregierung am Renteneintrittsalter fest und zementiere den weiteren Anstieg der Renten mit der Lohnentwicklung, sagte Schnitzer der Augsburger Allgemeinen. „Dadurch belasten sie vor allem die junge Generation.“

Monika Schnitzer
Monika Schnitzer ist die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Bundesregierung hatte zuvor angekündigt, das Rentenniveau auf 48 Prozent festhalten zu wollen und einen Teil der Renten künftig auch mithilfe des Kapitalmarktes finanzieren zu wollen. Dadurch sollen die Renten-Beitragssätze für Erwerbstätige nicht so stark ansteigen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte zudem mitgeteilt, dass er statt auf eine weitere Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters über 67 hinaus auf flexiblere Übergänge in den Ruhestand setzen will. Mit finanziellen Anreizen soll zudem ein freiwilliges, längeres Arbeiten im Alter gefördert werden. Konkrete Vorschläge werde es im Sommer geben, kündigte Heil an. 

Aber dafür will Heil noch in diesem Monat ankündigen, wie hoch die Rentenerhöhung in diesem Jahr ausfallen wird. Bisher gibt es nur Schätzungen und Forderungen. Nach einer offiziellen Prognose sollen die Renten 2024 um 3,5 Prozent erhöht werden, manche Experten erwarten sogar wegen der guten Lohnentwicklung im vergangenen Jahr noch mehr, andere fordern dagegen eine Nullrunde.

Schnitzer über Rente: „Wir müssen länger arbeiten und mehr fürs Alter sparen“

Auch Schnitzer, die als Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Bundesregierung berät, sieht starke Rentenerhöhungen kritisch. Sie fordert in der Zeitung: „Wir müssen länger arbeiten und mehr fürs Alter sparen. Gleichzeitig können die Renten nicht mehr so stark wie bisher erhöht werden. Das ist der Dreiklang. Wenn wir an allen drei Stellschrauben drehen, können wir die Rente sichern, ohne gleichzeitig die junge Generation zu stark zu belasten.“

Man müsse den Menschen in Deutschland „deutlich machen, dass wir uns bei der Rente nicht nur auf das Umlageverfahren verlassen dürfen, nachdem die Jungen für die Alten zahlen“. Stattdessen müssten alle mehr für ihre Rente sparen, fordert Schnitzer in der Augsburger Allgemeinen. So sprach sich die Wirtschaftswissenschaftlerin von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität dafür aus, dass Beitragszahler einen Teil der Rentenbeiträge selbst am Kapitalmarkt investieren, etwa in Aktien. „Damit würden sie eigene Rentenansprüche erwerben, mit hohen Renditen.“ Wenn das Geld breit über viele Länder und Branchen angelegt werde, seien die Erträge sehr sicher. Das Umlageverfahren komme an seine Grenzen. 

Steuerzahlerbund hält Rentenpaket nicht für ausreichend

Auch der Steuerzahlerbund hält das von der Bundesregierung vorgestellte Rentenkonzept nicht für ausreichend und sieht noch offene Fragen. „Aufgrund der Eckwerte zum Rentenpaket kann ich bisher nicht erkennen, dass das Rentensystem insgesamt stabiler würde“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, vor einer Woche dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Aus seiner Sicht müssten ebenso „mehr Stellschrauben zugunsten der Rentenversicherung“ genutzt werden.

Er frage sich, wie die dauerhafte Garantie eines Rentenniveaus von 48 Prozent mit der demografischen Entwicklung in Einklang zu bringen sei, sagte Holznagel. Zudem müsse die Regierung beantworten, ob „das schuldenfinanzierte Generationenkapital überhaupt eine Beitrags-Dämpfung für Arbeitnehmer und Betriebe bewirken“ könne.

Mit Material von AFP und dpa

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