Nächstes Ziel Brüssel: EU-Kandidatin Christine Singer ist derzeit viel unterwegs
Rund 700 Abgeordnete sitzen derzeit im Europäischen Parlament. Heuer wird nach fünf Jahren wieder gewählt. Sehr gute Chancen hat Christine Singer, Spitzenkandidatin der Freien Wähler. Das Tagblatt hat die 58-Jährige drei Monate vor dem Urnengang daheim in Hofheim besucht.
Hofheim – Christine Singer ist derzeit ein gefragter Mensch. „Ich könnte jeden Tag auf fünf Veranstaltungen gehen“, sagt die Hofheimerin. Einiges muss sie absagen. Doch sie versucht ein breites Feld abzudecken: Wirtschaftsbetriebe, Schulen oder auch die Kirchen.
Die 58-Jährige will für die Freien Wähler ins EU-Parlament und ist daher momentan im ganzen Freistaat unterwegs, um sich vorzustellen. Singer hat sehr gute Chancen, in das Gremium einzuziehen. Schließlich ist sie Spitzenkandidatin der Freien Wähler. Diese sind aktuell mit zwei Abgeordneten vertreten: mit Ulrike Müller aus dem Allgäu und dem Hessen Engin Eroglu. Mit Müller hat sich Singer mehrfach getroffen. „Wir haben einen regelmäßigen Austausch.“ Müller gehört dem EU-Parlament seit 2014 an und verfügt daher über eine gewisse Erfahrung, von der Singer profitiert. Wenn es geht, versucht sie ihre Termine mit der Bahn wahrzunehmen. Doch das funktioniert nur selten, denn das Zugfahren hat bekanntlich seine Tücken. Stichwort: Pünktlichkeit. „In 80 Prozent der Fälle fahre ich mit dem Auto.“
Vor ihrer eventuellen neuen Aufgabe hat die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin Respekt. So räumt sie ein, dass sie nicht fließend Englisch spricht. Vielleicht belegt sie noch einen Kurs. Allerdings redet im EU-Parlament jeder in seiner Heimatsprache, Simultandolmetscher übersetzen die Beiträge.
Einarbeiten in viele Themen
Die EU-Parlamentarier sprechen und entscheiden über eine Vielzahl unterschiedlicher Themen: zum Beispiel gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungshilfe oder Forschung. Damit muss sich die Kandidatin vertraut machen. „Das ist ein laufender Prozess.“ Im Fall einer Wahl würde sie ihren Schwerpunkt auf Landwirtschaft und Umwelt setzen.
In die große Politik wollte sie eigentlich nie. „Ich bin einfach angerufen worden“, sagt die Hofheimerin. Nachdem sie mit ihrer Familie intensiv über eine Kandidatur gesprochen hatte, stand fest: Sie will es anpacken. Ihr Mann Gottfried habe ihr gesagt: „Wenn du Nein sagst, beschäftigt dich das, solange du lebst.“
Ob sie sich im Erfolgsfall in Brüssel eine Wohnung mietet oder im Hotel leben wird, weiß sie noch nicht. Sie lässt das auf sich zukommen. In Sitzungswochen tagt das Plenum von Montag bis Donnerstag. Doch es gibt auch Ausschusstermine und Zeiten für externe parlamentarische Aktivitäten. Was ihr klar ist: „Mein Leben ändert sich komplett“, sollte sie gewählt werden. In diesem Fall würde sie ihre Ämter als Kreis- und Bezirksbäuerin des Bayerischen Bauernverbands sofort abgeben. Den Posten der Landesbäuerin möchte sie bei einer erfolgreichen Wahl zumindest bis November behalten. Dann tagt der Landesausschuss der Landfrauen, wo das weitere Vorgehen besprochen wird.
Kritische Stimmen könnten anführen, dass Singer als EU-Parlamentarierin eine reine Lobbyistin des Bauernverbands wäre. „Vor dem Argument habe ich keine Angst“, betont die 58-Jährige. Thematisch sei sie „immer schon breit aufgestellt“ gewesen. So hätten die Landfrauen zum Beispiel gefordert, dass mehr Alltagskompetenzen in der Schule vermittelt werden, sie hätten sich mit gesunder Ernährung befasst oder auch mit den Problemen der Hebammen.
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Singer verortet sich selbst als wertkonservativ. Parteichef Hubert Aiwanger steht hingegen für ein Werben weit rechts. „Manchmal zuckt man zusammen“, wenn Aiwanger sich äußert. Doch: „Man hat das Gefühl, er hört zu“, sagt Singer. „Er sucht die Nähe zu den Menschen, und das mögen die Leute.“
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