Ein Horrorfilm zum Schluss: Bodenloser SC Riessersee geht in Hannover unter und scheidet verdient aus
Das Playoff-Spiel in Hannover verwandelte sich für den SC Riessersee in eine Schmach. Am Ende wird es sogar noch zweistellig.
Hannover – Ganze 700 Kilometer nahmen die Eishockeyspieler des SC Riessersee auf sich, um in der Serie gegen die Hannover Indians Spiel vier zu erzwingen. Doch kaum auf dem Eis lösten sich diese kühnen Hoffnungen in Luft auf. Nach einem blamablen ersten Drittel lagen die Weiß-Blauen bereits mit 0:5 hinten, an dessen Ende das peinliche 1:10-Aus im Playoff-Achtelfinale stand.
Pat Cortina hatte im Vorfeld der Partie eine klare Ansage an sein junges Team gemacht: Kleinigkeiten würden diese Serie entscheiden. Damit war er von Anfang an falsch gelegen. Der SCR präsentierte sich zu keinem Zeitpunkt auf Augenhöhe. Bereits nach neun Minuten passte die defensive Zuteilung bei den Gästen nicht: Kapitän Simon Mayr wurde mit zwei Gegnern alleine gelassen, Igor Bacek eröffnete den Torreigen. Besserung war nicht in Sicht, stattdessen fand eine Horrorserie ihre Fortsetzung: Im eigenen Powerplay verloren die Weiß-Blauen die Scheibe, Robin Palka erhöhte für die Indians. Damit münzten die Werdenfelser nur eine ihrer acht Überzahlsituationen in dieser Serie in Zählbares um. Nach gerade einmal elf Minuten hatte das Team einen Berg so hoch wie die Zugspitze zu erklimmen.
SC Riessersee geht in Hannover unter: 0:5 nach 16 Minuten
Ein richtiges Aufbäumen war in der Folge nicht zu sehen. Robin Soudeks Solo durch drei Hannoveraner hindurch glich mehr einem Verzweiflungsversuch. Jedoch musste man dem SCR-Topscorer zugutehalten, dass er es überhaupt versuchte. Das galt in der Folge definitiv nicht für alle seiner Teamkollegen. Branislav Pohanka dürfte sich sehr gewundert haben, wie mutterseelenallein er am Bully war. Im Umkreis von gut zwei Metern war kein Werdenfelser zu entdecken – das 3:0 nach 14 Minuten. Damit war die Partie für die Riesserseer anscheinend bereits entschieden. Von Körpersprache keine Spur, die Köpfe hingen zu Boden. Doch aus diesem Horrorfilm gab es kein Entkommen. Die Indians hatten Lust auf mehr und legten richtig los: Auf das dritte Tor folgte ein viertes. Andreas Mechel, dem das ungewohnte Terrain Probleme bereitete, hatte genug von der Partie und wanderte auf die Ersatzbank. Nur war an diesem Abend der Torwart definitiv nicht das Problem und Michael Boehm nicht zu beneiden. Kaum stand er auf dem Eis, folgte das 0:5.
Hannover Indians – SC Riessersee 10:1 (5:0, 4:0, 1:1)
Hannover: Jaeger – Ettwein, Möller; Messing, Hausinger; Schmitz, Pohl; Kiss – D. Palka, Wolter, R. Palka; Christmann, Salituro, Gron; Bacek, Pohanka, Varttinen; Ruckdäschel, Stumpe, Lundh Hahnebeck
SCR: Mechel/Boehm – Pietsch, Schmid; Allavena, Roach; Mayr, Linden; Köttstorfer – Veber, Soudek, Bader; Gerg, Kircher, Schröpfer; Pronin, Graham, Zawatsky
Schiedsrichter: John-Darren Laudan, Achim Moosberger
Zuschauer: 4608
Tore: 1:0 (9:14) Bacek (Pohanka, Varttinnen), 2:0 (11:25) R. Palka (Ettwein), 3:0 (14:36) Pohanka (Bacek, Varttinen), 4:0 (15:02) Messing (Salituro, Gron), 5:0 (16:36) D. Palka (R. Palka, Salituro/5-4), 6:0 (20:19) Varttinen (Bacek), 7:0 (21:49) R. Palka (Möller, Salituro/5-4), 8:0 (22:01) Ruckdäschel (Gron, Stumpe), 9:0 (28:46) Varttinen (Pohanka, Bacek), 9:1 (54:01) Köttstorfer (Gerg, Schröpfer), 10:1 (59:05) Stumpe (Lundh Hahnebeck, Ettwein/5-4)
Strafen: Hannover 10 – SCR 12
Monatelang arbeiteten die Eishockeyspieler auf die Playoffs hin, steckten Stunden über Stunden in diesen Sport. Auf dem niedersächsischen Eis sahen die mitgereisten SCR-Fans allerdings einen ungleichen Schlagabtausch. Die Gäste taumelten von einer Ecke in die andere und warteten nur auf den nächsten Schlag. Unfähig, Gegenwehr zu leisten, war Cortinas Buben der Frust ins Gesicht geschrieben. Robin Veber ließ das Pauseninterview sausen, dabei hätte ein einziger Satz ausgereicht, den Hannovers Joe-Richard Kiss aussprach: „Damit hatten wir nicht gerechnet.“
Cortinas Ansprache verfehlt Wirkung: SC Riessersee geht in Hannover unter
Die Ansprache in der Garmisch-Partenkirchner Kabine fiel kurz aus, bereits zwei Minuten vor Wiederbeginn waren die Akteure wieder auf dem Eis. Dabei hätten sie ein paar Instruktionen gut gebrauchen können, nach nur 19 Sekunden zappelte die Scheibe erneut in Boehms Kasten. So ging es weiter. Anselm Gerg wanderte auf die Strafbank und die Indians lieferten Anschauungsunterricht, wie Überzahlsituationen ausgespielt werden – das 7:0. Cortina hielt es nicht mehr aus und faltete seine hoffnungslos unterlegenen Spieler zusammen. Eine Ansage, die ins eine Ohr hineinging und mit einem Luftzug wieder verschwand: das 0:8.
Kurz vor dem Ende des zweiten Drittels riss auch der Geduldsfaden eines weit gereisten SCR-Fans: Er wanderte um das halbe Stadion herum, nur um hinter die Bank seines geliebten Vereins zu gelangen. Dort geigte er den Spielern ordentlich die Meinung, bis ein Ordner ihn zum Ausgang geleitete. Nur ein paar hart gesottene Anhänger leisteten ihrem Team bis zum bitteren Ende Beistand. Das Debakel fassten die Sprade-TV-Kommentatoren aus Hannover treffend zusammen: „Da ist jedes Training spannender zu kommentieren.“ Der SC Riessersee scheidet mit Pauken und Trompeten aus den Playoffs aus. (je)