HQExtrem: Hochwasser sorgt für dramatische Szenen im Landkreis Freising
Der Landkreis Freising hat am Wochenende ein Hochwasser erlebt, das in mehrerer Hinsicht extrem war. Und noch ist die Katastrophe nicht ausgestanden.
Kreisbrandrat Manfred Danner hat so etwas noch nicht erlebt. „Normalerweise kündigt sich ein Hochwasser an“, sagte er am Sonntagnachmittag auf FT-Nachfrage. „Aber dass ein Starkregen in so kurzer Zeit so enorme Wassermassen produziert und die Pegel so schnell ansteigen lässt, war schon extrem.“
Wie der Kreisbrandrat bei einer vom Landratsamt am Sonntagnachmittag kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit den Vertretern aller Rettungs- und Hilfsorganisationen mitteilte, war er am Freitagabend noch „tiefenentspannt“. Seitdem hat er allerdings kaum mehr ein Auge zugemacht.
Bürgermeister in seinem Haus eingeschlossen
Denn ein Starkregenereignis am Samstag um 5 Uhr bei Nörting setzte eine Unglückswelle in Gang, von der sowohl die Glonn als auch die Amper betroffen waren. Die zur Evakuierung von 150 Menschen geführt und eine Großaktion in einem Altenheim notwendig gemacht hat. Die Stromausfälle in mehreren Gemeinden verursacht und zahlreiche Straßen, darunter sogar die A8, geflutet hat.
Ab 6 Uhr morgens waren insgesamt rund 500 Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, BRK und Polizei im Dauereinsatz, vor allem im nördlichen und westlichen Landkreis. Sie eilten von einem vollgelaufenen Keller zum anderen. Zudem wurden ab Samstagmorgen zusätzlich zu den für Notfälle vorbereiteten rund 10 000 Sandsäcken gleich an vier Standorten im Landkreis Tausende weiterer Sandsäcke befüllt.
Die Situation ist dramatisch. Vor allem, weil sich die Lage seit Samstag immer weiter zuspitzt.
Weil die Pegel der Glonn und Amper immer massiver stiegen, rief Landrat Helmut Petz am späten Samstagnachmittag schließlich den Katastrophenfall aus. „Die Situation ist dramatisch“, berichtete Petz am Sonntag von der Lagebesprechung tags zuvor. „Vor allem, weil sich die Lage seit Samstag immer weiter zuspitzt.“

Von einer Jahrhundertflut will der Landrat explizit nicht sprechen. Und doch ist es ein Extremereignis, das den Landkreis Freising am Wochenende heimgesucht und teilweise dramatisch unter Wasser gesetzt hat.
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Besonders hart hat es dabei die Gemeinde Hohenkammer getroffen. Dort stieg der Pegel der Glonn in der Nacht zum Sonntag sprungartig an. Noch um 3 Uhr sei die Lage ruhig gewesen, berichtete Bürgermeister Mario Berti dem FT am Sonntag. Um 4 Uhr hätten die Wassermassen dann Hohenkammer umschlossen. „Das Wasser kam mit Schwung.“ Das sei beängstigend gewesen.

150 Menschen wurden ab 4 Uhr von THW, BRK und Feuerwehr mit Booten aus ihren Gebäuden evakuiert. Nicht jeder wollte allerdings von diesem Hilfsangebot Gebrauch machen, wie Petz am Sonntag berichtete. Auch Berti blieb in seinem Haus, war dort am Sonntag, als das FT ihn telefonisch erreichte, von Wassermassen eingeschlossen. „So eine Situation habe ich noch nie gehabt. Das sind noch wesentlich mehr Wassermassen als beim Jahrhunderthochwasser 1994.“
Exakt das belegte am Sonntag Florian Hilz vom Wasserwirtschaftsamt mit Zahlen. Für die Glonn in Hohenkammer sei der höchste Pegelwert seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen worden: 387 Zentimeter. Der Höchststand lag weit über dem hundertjährlichen Hochwasser. Hilz sprach von einem „HQ Extrem“. Einen Rekordwert erwartet Hilz auch für die Amper bei Inkofen, wohingegen die Situation bei der Isar vergleichsweise entspannt blieb.
Arbeiter verletzt sich lebensgefährlich
Im Laufe des Sonntags mussten auch in Allershausen laut Hubert Böck vom BRK einige Menschen aus ihren Häusern geholt werden. Besonders dramatische Szenen spielten sich im örtlichen Altenheim ab. „Dort haben wir Senioren, die selbst nicht mehr laufen können, sicherheitshalber vom Erdgeschoß in den ersten Stock umverlegt.“ Generell erhalten alle evakuierten Personen, wenn gewünscht, auch psychologische Betreuung.
Vorsorglich wurde in Allershausen am Sonntagmittag auch der Strom abgestellt. Dabei kam es aber zu einem Unfall, wie die Polizei berichtete. Der Arbeiter, der von dem Stromanbieter geschickt wurde, zog sich seinen Angaben zufolge bei einem Stromschlag lebensbedrohliche Verletzungen zu. Er musste mit dem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus gebracht werden. Zu der Ursache des Unglücks ermittelt die Kripo Erding. In Kirchdorf kam es kurz darauf zu einem nicht geplanten Stromausfall.

Auswirkungen hat das Hochwasser in Allershausen und Hohenkammer auch auf Kinder und Jugendliche. In beiden Gemeinden wurde der Präsenzunterricht für Montag abgesagt. Die Schule in Allershausen stehe rund einen Meter unter Wasser, hieß es bei der Pressekonferenz, die Schule in Hohenkammer sei aufgrund des Hochwassers nicht erreichbar.
Für den Landkreis Freising war die Katastrophe am Sonntagnachmittag noch nicht ausgestanden. Wie Danner berichtete, hatte der Scheitel gegen 16 Uhr Allershausen noch nicht ganz erreicht. Prognostiziert wurde, dass er sich weiter flussabwärts Richtung Haag, Inkofen und Moosburg bewegt.
BRK bereitet sich auf weitere Evakuierungen vor
Die betroffenen Orte bereiteten sich am Sonntag auf das Schlimmste vor. So wurde in Palzing der Damm erhöht. In Moosburg wurde der Bahndamm mit Folien und Sandsäcken gesichert, weil der Boden an der Bahnlinie wasserdurchlässig ist. Parallel war das THW damit beschäftigt, Wasser aus dem Moosburger Amperüberleitungskanal in die Isar zu pumpen, um ein Überlaufen des Kanals in Wohngebiete des Stadtteils Bonau zu verhindern.
Danner geht aktuell nicht davon aus, dass es weitere Evakuierungen braucht. Das Rote Kreuz bereitet sich dennoch für den Fall der Fälle vor – und hat in der Moosburger Stadthalle Feldbetten aufgebaut. „Es ist ein beruhigendes Gefühl, wenn man sieht, wie die Rettungskräfte zusammenarbeiten“, lobte Petz. „Jede Hand wird dringend benötigt.“
Der Live-Ticker des Freisinger Tagblatt bietet laufend aktuelle Informationen zu den weiteren Entwicklungen des Hochwassers.
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