Seeshaupter WM-Coup: Junge Crew mit altem Boot schnell unterwegs
Bei den H-Booten gehört die Crew um Finn Kenter zu den Youngstern. Das hielt das Quartett aber nicht davon ab, bei der WM am Traunsee groß aufzutrumpfen.
Traunsee – Bevor es überhaupt losging, war schon Nervenstärke gefragt. Zum Auftakt der Weltmeisterschaft der H-Boote wehte der Wind auf dem Traunsee nur mäßig. Fünf Stunden Warten war angesagt, mehrere Startversuche wurden angesetzt und dann wieder abgebrochen.
Steuermann Finn Kenter (Yachtclub Seeshaupt) und seine Crew mit Philipp Frieß (FC Seeshaupt), Merlin Gnutzmann (FCSS) und dem Schweizer Gianni Hehli (Regatta-Crew-Organisation) ließ das offenbar alles kalt. Als die erste Wettfahrt dann tatsächlich gestartet wurde, war das Quartett voll auf der Höhe. Die Seeshaupter Besatzung holte sich den Sieg unter 69 Booten.
Seeshaupter Crew holt WM-Bronze bei H-Booten
Das Ergebnis habe „total den Push“ gegeben, sagt Kentner. Für ihn, Frieß und Gnutzmann war es schon die fünfte WM-Teilnahme in der H-Boot-Klasse. Doch bislang „haben wir dort noch nie ein Rennen gewonnen“. Den optimalen Start wusste das Quartett in der Folge zu nutzen. Die Seeshaupter positionierten sich in den folgenden fünf Wettfahrten immer im Vorderfeld, gewannen gar noch die fünfte Fahrt (11/10/3/1/6). Zum Abschluss sprang lediglich der 27. Rang heraus, was kein Problem darstellte, da das Ergebnis als „Streicher“ diente.
Drei Wettfahrten am Reservetag
Mit 32 Punkten holten Kenter, Frieß, Gnutzmann und Hehli die Bronzemedaille. Ihr bis dato „größter Erfolg“, wie der Skipper sagt. Und einer, mit dem sie „nicht gerechnet“ hätten. Dass sie gut segeln können, steht außer Frage und ein Top-Ten-Platz war schon auch das Ziel. Ein Großteil der Rennen auf dem im Salzkammergut gelegenen Traunsee fand bei „relativ wenig Wind“ statt, wie Kenter berichtet. „Uns liegt das.“ Die WM war auch eine Geduldsprobe: Die letzten drei Wettfahrten gingen am Sonntag, dem Reservetag, vonstatten.
Besser als die Seeshaupter waren am Ende nur zwei der dominierenden H-Boot-Crews überhaupt. Den Titel holte erneut der Italiener Flavio Favini (er hatte auch 2024 gewonnen) mit 21 Punkten, Silber sicherte sich der zehnfache Weltmeister Claus Hoj (24 Punkte) aus Dänemark. Insgesamt waren die Deutschen heuer bei der WM so erfolgreich wie schon lange nicht mehr. Sechs Boote schafften es in die Top Ten. Dazu gehörte eine weitere Crew mit Seeshaupter Beteiligung: Peter Zauner und Timo von Schorlemer (beide vom YCSS) landeten mit Maren Bertling (RCO) auf dem fünften Platz (47 Punkte).
Ehrung beim heimischen Club
Die Segelabteilung des FC Seeshaupt nahm den Medaillengewinn von Kenter, Frieß, Gnutzmann und Hehli zum Anlass, das Quartett eigens zu ehren. Bei der Siegerehrung nach der Regatta zum Seeshaupter Sommerpreis wurden die vier – unter großem Applaus der Teilnehmer – ausgezeichnet. Bei dieser Gelegenheit berichteten sie über ihren Werdegang und ihre Arbeit als Team.
FCSS-Vorsitzender Christian Kenter freute sich über ein „Super-Ergebnis der bayerischen Segler“ bei der WM. Die Auszeichnung der Medaillengewinner sollte als Anerkennung und Wertschätzung verstanden werden. „Wir haben nicht mehr so viele, die Regatten segeln“, so Christian Kenter. Es gehe darum, bei den jungen Seglern Begeisterung für den Sport und das Regattasegeln zu entfachen.
Die Seeshaupter Medaillengewinner – allesamt Mittzwanziger – gehören bei den H-Booten zu den absoluten Youngstern. Am ältesten ist das Boot – das stammt von 1989, ist aber, auch dank des geschickten Handlings der vier, absolut konkurrenzfähig. Wichtig seien vor allem neue Segel, erklärt Finn Kentner. Er, Frieß und Gnutzmann kennen sich aus der Schule. Nach dem Abitur 2018 begaben sie sich mit dem H-Boot der Familie Kenter auf eine zweiwöchige Ostsee-Tour. „Ich fand es ganz interessant, das Meer zu erkunden“, sagt Finn Kenter. Später nahm er an der mehrtägigen Ein-Personen-Regatta „Silverruder Challenge“ in Dänemark teil. Von 311 Startern schafften es nur 29 bis ins Ziel – der Seeshaupter Debütant war einer von ihnen.

Ihre erste WM im H-Boot absolvierten die Seeshaupter 2019 in Medemblik. Zur Crew gehörte damals noch Lasse Kenter. Seinen Platz hat seit heuer Hehli eingenommen. Der Schweizer und Frieß sind Arbeitskollegen, zudem lernte man sich bei einem Hochseekurs kennen. Ein Vorteil der Crew sei, dass sie schon lange in fast identischer Konstellation segelt. „Grundsätzlich hat jeder feste Positionen und jeder feste Aufgaben“, erklärt Gnutzmann.
Aufregen bringt nix
Insgesamt habe man „einen guten Schritt nach vorn gemacht“, so Gnutzmann. Und geht doch mal ein Manöver daneben, „haben wir gut dazugelernt: Aufregen bringt nix“, so Frieß. Für Lacher im Auditorium sorgte er mit folgendem Zusatz: „Im Vergleich zu anderen Teams haben wir uns dann unter Kontrolle.“ Heißt: Lautstärke ist kein Kennzeichen des Boots mit der Segel-Nummer „GER 1021“.
Zu Beginn ihrer Laufbahn „sind wir eher hinten rumgefahren“, so Kenter über die ersten Regattateilnahmen. Die Youngster scheuten sich nicht, auf die Konkurrenz zuzugehen: „Wir haben viel nachgefragt.“ In der H-Boot-Klasse, in der jeder so ziemlich das gleiche Material zur Verfügung hat, pflege man den offenen Austausch. So lernte das Team hinzu. In der deutschen Rangliste liegt bei den Steuerleuten Finn Kenter derzeit an Position zwei, bei den Vorschotern nimmt Gnutzmann vor Timo von Schorlemer (YCSS) die Top-Position ein.
Die Weltmeisterschaft 2026 findet in Schweden statt. Auch dort, so der Plan, wollen die vier starten und erneut ein Top-Ergebnis einfahren.