Gefangenenaustausch sollte eigentlich Nawalny aus Putins Kerker befreien

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny verstarb im Februar 2024 in einem Straflager in Sibirien (Bild von einem Gedenkgottesdienst für Nawalny in Berlin) © IMAGO/Christian Ditsch/epd

Der größte Gefangenenaustausch seit dem Kalten Krieg sollte auch Alexej Nawalny befreien. Doch für den Kreml-Kritiker kam der Deal zu spät.

Moskau – Hinter den Kulissen hatten Russland und der Westen offenbar bereits Anfang dieses Jahres über eine Freilassung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny verhandelt. Doch die Ikone des russischen Widerstands starb im Februar in Gefangenschaft in einer der härtesten Strafkolonien Russlands.

Historischer Gefangenenaustausch kommt für Nawalny zu spät: „Leider gestorben“

Im historischen Gefangenenaustausch zwischen Russland, Belarus und dem Westen kamen unter anderem der US-Reporter Evan Gershkovich sowie der frühere Nawalny-Vertraute und russische Oppositionelle Ilja Jaschin frei – im Austausch für den russischen „Tiergartenmörder“ Wadim K. sowie weitere russische Häftlinge. Neben Freude und Erleichterung sorgte der Handel auch für Erschütterung. Von einem „Deal mit dem Teufel“ und einem „bitteren Beigeschmack“ war die Rede.

Noch bitterer wirkt der Austausch mit Blick auf das Schicksal des Kreml-Kritikers Nawalny. Nach Angaben des US-Sicherheitsberaters Jake Sullivan hätten die USA „mit unseren Partnern an einem Abkommen gearbeitet, das Alexej Nawalny einbezogen hätte“, wie die ukrainische Zeitung European Pravda mit Bezug auf ein Briefing des Weißen Hauses vom Donnerstag (1. August, Ortszeit) berichtete. Doch „leider ist er gestorben“, so Sullivan weiter.

So sah der geplante Deal für Nawalnys Freilassung wohl aus

Nach dem Tod des Kreml-Kritikers hatten auch seine Verbündeten berichtet, dass sich entsprechende Verhandlungen bereits „in der Endphase“ befunden hätten. „Nawalny hätte in den nächsten Tagen freigelassen werden sollen. Denn wir haben eine Entscheidung über einen Austausch erwirkt“, erklärte Maria Pevchikh, die Vorsitzende der Anti-Korruptions-Stiftung Nawalnys, im vergangenen Februar. Demnach habe der Deal vorgesehen, den Oppositionellen gegen den Auftragskiller Wadim K. zu tauschen. Der FSB-Offizier hatte im Jahr 2019 im Berliner Tiergarten einen tschetschenisch-georgischen Dissidenten ermordet.

Anfang Februar sei dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeschlagen worden, den Auftragskiller Wadim K., der in Deutschland eine Haftstrafe wegen Mordes verbüßte, gegen zwei US-Bürger und Alexej Nawalny auszutauschen, berichtete Pevchikh weiter. Der Kremlchef hatte dies kurz darauf bestätigt. Man habe „ein paar Tage, bevor Herr Nawalny starb“ die Idee an ihn herangetragen, Nawalny gegen russische Gefangene in westlichen Gefängnisse auszutauschen. Er habe gesagt: „‚Ich stimme zu.‘ Aber leider ist passiert, was passiert ist“, so Putin weiter.

Putin ordnete Nawalnys Tod wohl nicht an – ist laut Biden dennoch dafür „verantwortlich“

Zu den Schilderungen eines geplanten Austauschs des politischen Gegners Putins passt der Bericht des Wall Street Journals, wonach US-Geheimdienste nicht davon ausgehen, dass Kremlchef Putin den Tod Nawalnys direkt anordnete. Die Anhänger des Oppositionellen betonten allerdings, dass die harten Haftbedingungen im Gefängnis im eisigen Permafrost Sibiriens den Kreml-Kritiker umgebracht hätten. „Putin ist verantwortlich“, kommentierte auch US-Präsident Joe Biden im Februar.

Bis zum Ende schien Nawalny dennoch ungebrochen: Immer wieder gelang es ihm auch aus dem Gefängnis heraus Nachrichten auf der Plattform X abzusetzen. „Leider gibt es keine Rentiere, aber es gibt riesige, flauschige und sehr schöne Schäferhunde“, kommentierte er nach seiner Verlegung in die Strafkolonie Nummer drei ironisch. Während der Dreharbeiten zu einem 2022 veröffentlichten Dokumentarfilm wurde er gefragt, was man tun solle, wenn er umgebracht würde. „Nicht aufgeben“, lautete damals seine Antwort (bme).

Auch interessant

Kommentare