„Zwischen uns liegen Städte“: Nawalnys letzter Online-Post an seine Frau
Wenige Tage vor seinem Tod hatte Kremlkritiker Nawalny noch seiner Frau auf X eine Liebeserklärung gemacht – und die ganze Welt konnte mitlesen. Sein letzter Beitrag drehte sich aber um die Haft.
Charp – Dem russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny gelang es, aus dem Gefängnis heraus den russischen Widerstand anzuführen. Immer wieder schaffte er es auch, Nachrichten in sozialen Netzwerken abzusetzen. Einer seiner letzten Online-Beiträge kurz vor seinem Tod galt seiner Frau Julia, mit der er seit fast einem Vierteljahrhundert verheiratet war.
X-Beitrag am Valentinstag: Nawalnys letzte Liebeserklärung an seine Frau
Am Valentinstag sandte Nawalny eine besondere Nachricht an seine Frau. In einem Beitrag auf der Plattform X (vormals Twitter) schrieb der 47-Jährige: „Liebling, mit uns ist es wie in diesem Lied: Zwischen uns liegen Städte, die Lichter von Flughäfen, Schneestürme und Tausende von Kilometern. Aber ich fühle, dass du jede Sekunde bei mir bist und ich liebe dich immer mehr“. Dazu teilte er ein Herz sowie ein Bild der beiden.
Julia Nawalnaja zeigte sich am Freitag wenige Stunden nach der Todesnachricht auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Sie äußerte Zweifel, ob ihr Mann wirklich tot sei. „Aber wenn es tatsächlich stimmt, dann möchte ich, dass Putin und seine Umgebung, Putins Freunde, seine Regierung wissen, dass sie sich verantworten müssen. Für das, was sie unserem Land angetan haben, meiner Familie und meinem Mann. Und dieser Tag wird bald kommen.“
In einer kurzfristig anberaumten Rede rief Julia Nawalnaja zudem zum Kampf gegen den russischen Machtapparat von Präsident Wladimir Putin auf. „Ich möchte die gesamte internationale Gemeinschaft, all diejenigen in der Welt, die jetzt zuhören, dazu aufrufen, zusammenzustehen und dieses Böse zu besiegen, dieses furchtbare Regime, das heute über Russland herrscht“, so Nawalnys Ehefrau.
Nawalny spricht in letztem Online-Beitrag über Haftbedingungen: „Sie sind hart“
Der Kremlkritiker saß seit über 1000 Tagen im Gefängnis und war zuletzt in einem Straflager im eisigen Permafrost Sibiriens inhaftiert. Die Strafkolonie „Polarwolf“ in der russischen Region Jamal-Nenzen gilt als eines der härtesten Gefängnisse des Landes. Anfangs reagierte er mit Ironie auf seine Verlegung in die Strafkolonie Nummer drei: „Leider gibt es keine Rentiere, aber es gibt riesige, flauschige und sehr schöne Schäferhunde“, lautete ein Online-Beitrag im vergangenen Jahr. Beim morgendlichen Ausgang um 6:30 Uhr und bei Minus 32 Grad gebe es „wunderbar frische Luft trotz der Mauer in den Hof“, schrieb Nawalny einen Monat später.
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In seinem letzten selbst verfassten Beitrag auf der Plattform X sprach der 47-Jährige erneut offen über seine Haftbedingungen. „Die Jamal-Kolonie hat beschlossen, den Wladimir-Rekord im Verhätscheln und Zufriedenstellen der Moskauer Behörden zu brechen. Sie gaben mir gerade 15 Tage in einer Strafzelle“, schrieb Nawalny. Das sei das vierte Mal in einer Strafzelle „in weniger als zwei Monaten, in denen ich hier bin. Sie sind hart“, so der Beitrag weiter. Nach Angaben der Gefängnisbehörden starb der 47-Jährige am Freitag in Haft. Während der Dreharbeiten zu seinem im Jahr 2022 veröffentlichten Dokumentarfilm, wurde Nawalny gefragt, was man tun solle, wenn er umgebracht würde. „Nicht aufgeben“, lautete damals seine Antwort.