Leise, aber leistungsstark: Die unterschätzte Kraft introvertierter Arbeitnehmer

Die Welt ist nicht nur schwarz oder weiß, es gibt verschiedene Nuancen und Abstufungen. Genauso ist es auch in der Arbeitswelt, in der nicht nur extravertierte Arbeitnehmer benötigt werden. Wichtige Bestandteile, die zum Erfolg des Unternehmens beitragen, werden von introvertierten Arbeitnehmern geleistet. Warum es wertvoll ist, diese leisen Mitarbeiter im Team zu haben und warum man diese mehr anerkennen sollte. 

Leise Arbeitnehmer organisieren im Hintergrund – sie sorgen beispielsweise für vollständige Unterlagen, erstellen Termine und priorisieren Aufgaben. Sie leisten ähnliche Arbeiten wie extravertierte Arbeitnehmer, die vielleicht in Meetings von ihren Aufgaben berichten. Der Unterschied: introvertierte Arbeitnehmer sind leise und können daher leicht übersehen werden. 

Introvertierte Arbeitnehmer: Hinken sie in der Arbeitswelt hinterher? 

In einigen Stellenanzeigen sind die Bezeichnungen "durchsetzungsfähig" oder "kommunikationsstark" zu finden. Beides ist vermeintlich eher extravertierten Menschen zugeschrieben. Die Arbeitswelt ist eine der "Performer", schreibt "Neue Narrative". Manchmal bekommen stille Menschen den Tipp, lauter zu werden und auf sich aufmerksam zu machen. Dabei werden jene übersehen, die "still und fleißig ihre Arbeit machen", was schade sei, berichtet das "Handelsblatt" und bezieht sich dabei auf Aussagen der Coachin Katja Schwalbach. 

Das sind die Stärken introvertierter Arbeitnehmer: 

  • Analytische Denkweise häufig besser: Sie überlegen gründlich und beleuchten verschiedene Perspektiven, berichtet "Marktkost".
  • Reflexionsfähigkeit
  • Hohe Verlässlichkeit: Die langfristige Bearbeitung einer Aufgabe ist für introvertierte Menschen kein Problem. Sie arbeiten so lange daran, bis sie ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt haben. Dabei legen sie Wert auf Qualität.
  • Höhere Kritikfähigkeit
  • Zeitmanagement: Deadlines werden eher eingehalten, informiert Impulse.
  • Empathie: Introvertierte können sich in der Regel gut in andere hineinversetzen.
  • Loyalität: Introvertierte Menschen neigen dazu, loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber zu sein, so "Marktkost". Das kann ein guter Hebel für Chefs sein, die Fluktuationsrate zu senken. 

Introvertierte Menschen würden zuerst beobachten und dann handeln. "Sie interessieren sich authentisch für andere, erkennen dadurch Stärken schneller, arbeiten lösungsorientierter und bringen somit Teams besser voran", sagt Wirtschaftspsychologin Ingrid Gerstbach dem "Handelsblatt". Also Eigenschaften, die auch in Führungspositionen vorteilhaft sein können. 

Eine Studie zeigt, dass deutsche Chefs in Sachen Kommunikation im internationalen Vergleich hinterherhinken – das kann dafür sorgen, dass Mitarbeiter kündigen. 

Chef und Angestellte
Wertschätzung und Vorbereitungszeit – wie Chefs introvertierte Arbeitnehmer motivieren können. Westend61/Imago

Wie Chefs introvertierte Arbeitnehmer motivieren können

Fehlende Wertschätzung ist ein Grund dafür, warum Arbeitnehmer ihren Job kündigen. Die Mitarbeiter fühlen sich unsichtbar und nicht sicher, sie scheuen die Kommunikation mit dem Chef, das kann zu einer hohen Fluktuation im Unternehmen führen. Wie Chefs besonders introvertierte Arbeitnehmer motivieren können: 

  • Zeit für Vorbereitung: Im Meeting sollten keine großen Fragen gestellt werden, auf die die Arbeitnehmer sofort antworten sollen. Im Idealfall geben Chefs die Frage schon vorher ans Team, sodass sich die Arbeitnehmer darauf vorbereiten können. So ist es wahrscheinlicher, dass auch introvertierte Arbeitnehmer ihre Impulse in die Gruppe geben, informiert "Experteer".
  • Wertschätzung: Die eigenen Leistungen stellen introvertierte Menschen selten in den Vordergrund. Daher ist es besonders wichtig, dass Chefs einen Überblick über die Leistungen der Arbeitnehmer haben und explizit loben.
  • Balance finden zwischen Einzel- und Teamarbeit: Introvertierte Menschen arbeiten meist gut alleine, Extrovertierte teilen ihre Ideen oft auch ohne große Vorbereitung in der Gruppe, so "Experteer". Wenn es ein Gleichgewicht zwischen Einzel- und Teamarbeit gibt, kann das für Introvertierte von Vorteil sein. 

In einem Unternehmen ist es allerdings sinnvoll, wenn es laute und leisere Arbeitnehmer gleichermaßen gibt. Chefs sollten nur schauen, wann sie wem die Bühne überlassen, denn auch introvertierte Arbeitnehmer könnten bei ausreichend Vorbereitung über sich hinauswachsen, so "Human Resources". Davon könnte auch das Unternehmen profitieren.