Im Kunstturm am Schwankl-Eck: Talk-Format „Treff im Turm“ feiert Premiere – enorme Resonanz

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Die Eglinger Schriftstellerin Stephanie Fischer (li.) war eine der Teilnehmerinnen am ersten „Treff im Turm“ am Freitagabend – im Kunstturm am Wolfratshauser Schwankl-Eck am Obermarkt. © Hans Lippert

Die Premiere für das Talk-Format „Treff im Turm“ im Wolfratshauser Kunstturm am Schwankl-Eck war ein voller Erfolg für Publikum und Kunst.

Wolfratshausen – Zu den großen Versuchungen der Kunstrezeption gehört es, Künstler und Werk in Übereinklang bringen zu wollen. Ein nachvollziehbarer Versuch des umfänglichen Verstehens, eine Art voyeuristische Annäherung, die, man muss es so sagen, leider nicht selten in küchenpsychologischem Kokolores mündet.

Die Kulturjournalistin Andrea Weber hat jetzt erstmals eine umfängliche Annäherung versucht. Für die Ausstellung „Begegnung in der Bewegung“ hat sie sich mit dem Fotografen und Rechtsanwalt Temel Nal (55) sowie dem Maler und Bildhauer Enzo Arduini (72) an einen Tisch gesetzt. Zwei renommierte und international geschätzte Meister ihrer Klasse. Unterstützt von Kommunikationsexpertin Ute Schaeberle aus Starnberg und der Eglinger Schriftstellerin Stephanie Fischer lotete Weber am Freitagabend im Kunstturm aus, was herauskommt, wenn man einfach mal beim Kunstschaffenden nachfragt und/oder neue Wahrnehmungsstrategien entwickelt.

Eine Premiere für das Talk-Format „Treff im Turm – näher dran, sieht man mehr“, das wohl fortgesetzt wird, schon aufgrund der enormen Resonanz. Nicht jeder der rund 40 Gäste fand einen Sitzplatz bei dieser Vernissage, die keine sein wollte, sondern vielmehr Begegnung und Diskursmöglichkeit. „Ein experimentelles Format“, wie es hieß. Vernissagetypisch war nur der angebotene Sekt.

Erst einmal hieß es eh aufzustehen. Stephanie Fischer lud ein zu einer ganz individuellen „Bilder-Reise“. Mit Augen schließen, Füße spüren und dann ab in die „Power-Pose“ (Hände in die Hüfte). Plus Lerneffekt: Wer lächelt, kann nicht böse sein. Erwiesen ist: Lächeln macht gute Laune, nicht umgekehrt. Ziel der Übung: die Wahrnehmung ändern, Neu-Betrachtungen zulassen. Bilder gucken nach Birkenbihl sozusagen.

Darüber hinaus galt es im Gespräch mit den Künstlern mehr über deren Kunst zu erfahren, was Schaeberle „superspannend“ fand. Das Publikum fand es zumindest interessant, fragte neugierig nach, diskutierte lebhaft – auch und vor allem untereinander, mitunter aufgeregt und mit zeitweiliger Lust Paul-Klee- oder Pablo-Picasso-Zitate in den Kunstraum zu stellen, wo sie dann in der Regel zunächst stehen blieben. Nächste Frage.

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Und ja, auch das zeigte diese anregende Zusammenkunft Kunstinteressierter: Dem Bemühen, „den Künstler als Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“, sind (gottlob) Grenzen gesetzt. Denn die ließen sich nicht in die Karten schauen. Enzo Arduini beschrieb seine „Kunst als Suche“ nach der Vervollkommnung, denn der „Künstler wird sterben, „hat aber sein bestes Werk immer noch nicht geschaffen“, sagte Arduini und gönnte sich die rhetorische Frage: „Braucht man Kunst überhaupt?“ Was er eigentlich meinte: Braucht man meine Kunst?

Die Kunstwerke stehen für sich: „Erklären ist nicht meine Aufgabe“

Temel Nal wollte indes über seine Arbeitstechniken nichts verraten, nur eben so viel: „Ich bin schneller als ein Maler, aber langsamer als ein Fotograf.“ Und dass bei seinem „Malen mit der Kamera“ selbstredend nichts dem Zufall überlassen wird, verriet er auch. Überhaupt: „Das Kunstwerk kann für sich selber stehen.“ Und: „Das Erklären ist nicht meine Aufgabe.“ Immerhin, so viel ist zu erfahren: „Ich fahre gerne schnell Auto“, so der 72-Jährige.

Der Frage, die sich der Berichterstatter nicht verkneifen wollte, ob man als Künstler eitel sein müsste beziehungsweise eitel sei, wich Temel Nal gleichwohl aus („Darüber habe ich noch nie nachgedacht“) – und kommentierte Enzo Arduini erst gar nicht. Schade, aber toll. Für Arduini ist übrigens die dümmste Frage: „Wie lange hast du dafür gebraucht?“ Zumal man „Emotionen ja mit Zeit und Geld“ nicht messen könnte.

Danke für dieses Format, hieß es am Ende aus dem Publikum. Und auch das hat die Veranstaltung im Kunstturm gezeigt: Wer zu nah rangeht, dem entgeht oftmals das große Ganze. Selbst wenn die Versuchung groß ist.

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