„Führender Kopf fehlt“: Frontalangriff auf Ebersbergs Bürgermeister Proske
Im Ebersberger Stadtrat fliegen die Fetzen. Grund ist die angespannte Haushaltslage. CSU, „Pro Ebersberg“ und Freie Wähler greifen Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) frontal an.
Ebersberg – Wenige Stunden vor Beginn der entscheidenden Stadtratssitzung war er eingereicht worden: der Gegenentwurf von CSU, „Pro Ebersberg“ und den Freien Wählern zum vorliegenden Haushaltsentwurf der Stadt Ebersberg für 2024. Schon in der Sitzung des vorberatenden Finanzausschusses war dieser von den drei Parteien scharf kritisiert worden. Sie waren gegen die angedachten Steuererhöhungen und warfen dem Rathaus vor, die Verwaltung spare nicht genug.
Bürgermeister Proske: „Fair Play geht anders“
„Fair Play geht anders, als am Tag der Sitzung ein Papier einzureichen“, empörte sich Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) dann auch. Er hatte bereits in seinen einleitenden Worten darauf hingewiesen, dass man die angedachten Kürzungen für die Kulturtempel altes kino und Alter Speicher wieder zurücknehmen werde. „Wir wollen nichts kaputt machen, müssen uns aber dennoch konsolidieren.“ Die Personalkosten etwa, so Proske, seien erheblich gestiegen, u.a. wegen Tariferhöhungen, Energiepauschalen, Inflationsausgleich und zeitweiser Verdoppelung wichtiger Stellen bei Personalwechsel. Auch Baukostenerhöhungen, teilweise um 37 Prozent, würden zur angespannten Finanzlage der Stadt führen, so der Rathauschef.

Von „ausufernden Ausgaben“, gar von „Ausgabenexplosionen im Verwaltungshaushalt“ sprach Florian Brillmayer (CSU): „Die Kosten laufen davon.“ Und rechnete vor: die Verfügungsmittel des Bürgermeisters mit einer 25-prozentigen Erhöhung von 4000 Euro auf 5000 Euro etwa seien zu hoch, die im Haushalt veranschlagten 10 000 Euro für den Umbau der Amtsgerichtskreuzung überflüssig, weil die Kreuzung nicht in der Zuständigkeit der Stadt liege. Der Posten „Studierzimmer“ mit 6000 Euro sei ebenso unnötig wie die 6000 Euro für das Projekt „kinderfreundliche Kommune“. Hinzu käme die Beschäftigung externer Berater, die man sich sparen könne..
„Es gibt ganz viele Positionen im Haushalt, die gestrichen werden können.“ Er nannte eine Einsparsumme von 840 000 Euro. Brilmayer warf Proske vor, die Verwaltung würde, obwohl bereits vor einem Jahr beschlossen, nicht wirklich sparen. Man müsse auch über eine Wiederbeschäftigungssperre nachdenken und eben sparen, wo es nur geht, „sonst laufen wir in eine Schuldenfalle.“ Reflexartig die Steuern zu erhöhen, sei jedenfalls der falsche Weg. Außerdem bräuchte es ab sofort eine Konsolidierungsgruppe mit Vertretern jeder Fraktion, die einmal im Monat zusammenkommen sollte.
„Wir müssen anders miteinander umgehen“, mahnte sichtlich emotional Lakhena Leng (Grüne). „Was haben denn die beiden Workshops zum Haushalt gebracht, wenn sich jetzt derartige Gräben auftun?“, fragte die 3. Bürgermeisterin. Josef Peis von „Pro Ebersberg“ antwortete mit den Worten, das ganze Verfahren habe nicht getaugt. Stadträte aus den Reihen von SPD und GRünen berichteten in einer Sitzungspause hinter vorgehaltener Hand, dass Stadträte der „Opposition“ während der Workshops nur mit „verschlossenen Armen dagesessen“, nicht mitgearbeitet hätten, jetzt aber losschlügen.

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„Das, was CSU, „Pro Ebersberg“ und die Freien Wähler jetzt liefern, hätten wir uns bei den Workshops gewünscht“, sagte Christoph Münch (SPD), der der Verwaltung durchaus ein Kostenbewusstsein attestierte und sich klar für die angedachten Steuererhöhungen aussprach. Dass er dabei auch die Notwendigkeit, das Jugendforum „Achter-Rat“ finanziell weiter zu unterstützen für dringend halte, weil nach einer Studie bei jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren die AfD derzeit die beliebteste Partei sei, nahm ihm Peis übel: „Es gibt genügend Ehrenamtliche gegen Rechts.“ Man könne nicht länger zusehen, wie falsche Entscheidungen getroffen werden.“ An der Seite des Bürgermeisters fehle ein führender Kopf, der bei Planungen bremst und evaluiert. „Wir lehnen sowohl einen Kahlschlag als auch Steuererhöhungen ab. Und als Partner etwa für Vereine muss die Stadt ein zuverlässiger Partner sein“, so Peis für die Fraktion von „Pro Ebersberg“.
Haushalt drohte zeitweise zu scheitern
In dieser hitzigen Stimmung drohte der Haushalt zu scheitern, was die Stadt handlungsunfähig gemacht hätte. In allgemeinem Einverständnis unterbrach der Bürgermeister die Sitzung, die Fraktionssprecher zogen sich mit ihm in einem Nebenraum zurück, um einen Kompromiss zu suchen. Dieser wurde hinter verschlossenen Türen schließlich auch gefunden und später verabschiedet.
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Er sieht vor, die Kürzungen für das alte kino und den Alten Speicher zurückzunehmen, die Vereinszuschüsse nicht auf 10 000 Euro, sondern auf 30 000 Euro zu kürzen und die Hebesätze für Gewerbesteuer und Grundsteuer nicht zu erhöhen – sowie den Verwaltungshaushalt pauschal um 15 Prozent zu kürzen. Viele Posten werden jetzt von „Kürzung“ auf „Prüfung“ gesetzt, etwa die Gelder für die Stadtführungen oder den TSV. Außerdem wurde beschlossen, eine Konsolidierungsgruppe ins Leben zu rufen.