Leerstände im Ortskern fast im Dutzend

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Aufmerksame Zuhörer beim ISEK-Infoabend am Montag im Forstinninger Pfarrheim. © Dziemballa

Was muss sich in Forstinning tun, damit der Ort zukunftsfähiger wird? Eine Experten macht den Bürgern schonungslos klar, worauf es ankommt.

Forstinning – Wohin will sich Forstinning in zehn, vielleicht 15 Jahren entwickelt? Wohin muss sich der Ort entwickeln und wohin tunlichst nicht? Und: Wie lässt sich der zuletzt immer unattraktiver gewordene Ortskern neu beleben? Zentrale Fragen, mit denen sich Ortspolitiker und inzwischen auch externe Fachleute seit Jahren befassen. Im Zuge einer im Rat beschlossenen Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans hatte man in der Gemeinde bereits im September 2023 auch die Bürger direkt befragt, um von ihnen zu erfahren, wie sie sich Forstinning in der Zukunft vorstellen.

Die Erkenntnisse aus einer Bürgerwerkstatt hat man inzwischen aufgegriffen und weiterverwendet, weil der Gemeinderat längst auch ein weiteres Instrument aufgegriffen hat, von dem man sich wegweisende Hinweise auf möglichst viele Zukunftsthemen erhofft: Es geht um ein Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept, kurz ISEK genannt.

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Was in diesem Projektrahmen bislang schon erledigt worden und noch zu erledigen ist, präsentierte die Gemeinde zusammen mit der Städteplanerin Barbara Hummel am Montag im katholischen Pfarrsaal vor gut 60 interessierten Forstinningern. Mit einem rhetorisch wohltuend positiven Vortrag führte die Münchnerin das Auditorium in ein nicht ganz unkompliziertes Thema ein. Ein ISEK, betonte sie, sei zunächst einmal ein Leitfaden für die Kommunalpolitik auf mindestens zehn Jahre betrachtet. Und zugleich Grundvoraussetzung für staatliche Förderungen, ohne die viele lokale Einzelmaßnahmen in den Kommunen, auch in Forstinning, gar nicht realisierbar wären. Beim ISEK gehe es darum, eine ganzheitliche Verbesserung der örtlichen Situation zu erwirken und so lokalpolitische ad-hoc-Entscheidungen möglichst zu vermeiden. Von der ersten Bestandsaufnahme bis zu einer beschlussreifen Endfassung eines ISEK dauere es nach Worten der Fachfrau aber mindestens eineinhalb Jahre. In Forstinning hat man inzwischen gut den halben Weg geschafft.

Was aber wurde bislang an wichtigen Erkenntnissen schon gesammelt? Barbara Hummel formulierte das weitgehend in Tipps und Hinweisen, mahnte aber auch. Eine Empfehlung lautete: Künftig mehr denn je darauf zu achten, dass keine neue Versiegelung stattfinden kann. Oder: Sich für den Erhalt der noch vorhandenen großen Höfe am Ort stark zu machen, die sie „Raumkanten“ nannte, ein Fachbegriff aus der Städteplanung. Zugleich sprach sie sich für klarere Ortsränder als bislang und Baugebote aus, um einstweilen ungenutzte Flächen zu minimieren.

Es droht in ein paar Jahren eine echte Überalterung

Was ihr erkennbar Sorgen bereitete mit Blick auf Forst-inning, war und ist die Demografie. Der Anteil der Bürger Ü 65 werde bis 2033 stark ansteigen, der der Gruppe zwischen 18 und 40 schrumpfen, so ihre Prognose. Zurzeit gebe es 140 Einfamilienhäuser im Ort mit ein bis zwei Bewohnern Ü 70; ein relativ hoher Wert. Es mangele an Wohnangebote für alle Lebenslagen und Lebensmodelle, also für Junge, Alleinerziehende, Familien, Senioren, Singles. Positiv sei dagegen, dass man auch weiterhin auf eine zurückhaltende Entwicklung bei den Einwohnern setze.

„Dickere Probleme“ sah und sieht Barbara Hummel, was das örtliche Geschäftsleben angeht. Gut ein Dutzend Leerstände gibt es gerade im Zentrum; ungewöhnlich für eine Gemeinde vor den Toren Münchens. Sie machte den Forstinningern wenig Hoffnung, dass Geschäfte wiederkommen könnten. Die Zeiten von Schuh- oder Modeläden im Dorf seien vorbei. Ihr Tipp an alle: Kaufen Sie lokal, wo es geht. Tendenziell positiv bewertete sie den ÖPNV. Eine Digitalanzeige an einer Bushaltestelle habe nicht jede Kommune.

Auch in Forstinning blieb das Standard-Dauerthema schlechthin bei solchen Infoabenden nicht unangetastet: der Verkehr. Barbara Hummel gab die Anregung, den aktuellen Stellplatzschlüssel zu überdenken und ggf. auch wieder zu lockern. Viel entscheidender aber sei ein komplett neues Denken, wie es mit dem Verkehr in 20 oder 50 Jahren weitergehen solle. Es gebe aus ihrer Sicht keine Lösung, wenn nicht jeder von uns Bereitschaft zeige, Abstriche bei der persönlichen Mobilität zu machen. Ein schwieriges Thema, wie sie zugab, denn: „Das Thema Auto erzeugt in jeder Gemeinde, auch in Forstinning, Bürgerbluthochdruck“.

Großes Problem, neue Geschäfte in den Ort zu holen

Wie geht es weiter mit dem ISEK? Ein demnächst fertiger Entwurf werde zunächst dem Gemeinderat vorgestellt und danach mit der Regierung abgestimmt. Auch Träger öffentlicher Belange werden zurate gezogen. Über eine Priorisierung vorgeschlagener Maßnahmen werde auch noch gesprochen, und auch die Bürger werde man nochmals beteiligen, ehe das Ganze final im Rat beschlossen werden wird. Eine Vorgehensweise, die in gewisser Weise genormt ist, aber dennoch für kritische Anmerkungen sorgte. Ein wenig hatte man im Rupert-Mayer-Haus das Gefühl, dass es zwar eine Bürgerinformation gebe, aber keine Mitwirkung wie in Glonn, wo im Zuge des dortigen ISEK-Projekts Beiräte engagierter Bürger entstanden waren.

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