D-Day für die FDP: Sind die Liberalen noch zu retten?

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Sieht FDP-Chef Christian Lindner durch das D-Day-Papier massiv beschädigt: „Münchner Merkur“-Chefredakteur Georg Anastasiadis © Revierfoto/Imago/Klaus Haag/Montage: IPPEN.MEDIA

Den ungeschickt taktierenden FDP-Chef Lindner hat Kanzler Scholz niedergerungen. Folgt nun der zweite Streich gegen Merz? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Jetzt hat die FDP ihren D-Day, nur anders als geplant: Seit Donnerstagabend läuft das von den Parteistrategen akribisch vorbereitete Endspiel. Doch geht es dabei plötzlich nicht mehr um den Ampelbruch, sondern um das Überleben des politisch organisierten Liberalismus in Deutschland. Denn der im Rosenkrieg nach dem Ampel-Kollaps erlittene Vertrauensschaden für Christian Lindner und die Seinen ist zu kapital, als dass die FDP nach den Rücktritten von Generalsekretär und Bundesgeschäftsführer zur Tagesordnung übergehen könnte.

D-Day-Papier der FDP: Liberale um Lindner in flagranti erwischt

Dafür, dass das Thema im Wahlkampf nicht in Vergessenheit gerät, wird gewiss die ganz große Koalition jener in Parteien und Medien sorgen, die just die FDP, die am wenigsten kann für die desolate Lage des Landes, seit vielen Jahren mit Inbrunst zum Grundübel der deutschen Politik erklärt. Die notorisch ungeliebten Liberalen geben den perfekten Prügelknaben ab, woran sie diesmal aber nicht unschuldig sind: Mit gezinkten Karten spielen zwar alle in der Politik, doch sollte man sich nicht in flagranti ertappen lassen.

Ampel-Bruch: Auch Kanzler Scholz‘ Wutrede war in Szene gesetzt

Genau das aber passierte den Liberalen, weil sie mit Verkehrsminister Volker Wissing einen Spion in ihren Reihen hatten, der die Gegenseite seit geraumer Zeit mit detaillierten Informationen aus dem Innersten der Partei fütterte. Der Kanzler wusste zu jeder Zeit Bescheid über die Debattenlage in der FDP, und er machte sich das zunutze: Auch jeder seiner Schritte war, bis zur berühmten „spontanen“ Wutrede, perfekt durchchoreographiert – nur war er der Gegenseite wegen seines Wissensvorsprungs stets einen Schritt voraus. Bereits im August soll Scholz mit den Grünen den Ampel-Rauswurf der FDP besprochen haben. Doch war man in der SPD nicht so dumm, darüber Strategiepapiere mit unappetitlichen Begriffen wie „D-Day“ oder „offene Feldschlacht“ zu verfassen (oder öffentlich werden zu lassen). Umso größer nun die geheuchelte Empörung von SPD und Grünen über die ach so treulose FDP.

Lindners Opfermythos nach dem Ampel-Bruch ging nach hinten los

FDP-Chef Lindner ist massiv beschädigt. Statt selbstbewusst die Koalition zu beenden und offen dazu zu stehen – Gründe dafür gab es zuhauf –, lavierte er fast ein Jahr lang, weil er nicht als derjenige dastehen wollte, der (noch dazu am Tag des Wahlsiegs von Trump) die Regierung in die Luft jagt. Sein herbeitaktierter Opfermythos („man hat mich auf die Straße gesetzt“) fliegt ihm nun um die Ohren. Das Momentum des von den meisten Parteimitgliedern herbeigesehnten Neustarts ist verspielt. Dagegen ist dem Kanzler nach einer epischen Pleitenserie ein Coup gelungen: Seine Anti-FDP-Kampagne hat zuletzt doch noch gezündet.

Kanzler Scholz hat vor der Bundestagswahl noch einen Giftpfeil parat

Das verändert die Machtarithmetik im Land: Natürlich hoffte man in der Union im Stillen darauf, dass es am Ende knapp für eine schwarz-gelbe Mehrheit im neuen Bundestag reichen könnte. Signale dafür gab es, wie anziehende Werte für CDU und CSU und viele Neueintritte in die FDP. Doch nun ist Schwarz-Gelb als Reformalternative in weite Ferne gerückt.

Und Scholz hat noch einen Giftpfeil im Köcher: Weil er auf dem Feld der Wirtschaftspolitik nichts gewinnen kann, hofft er Friedrich Merz als „Kriegskanzler“ verunglimpfen zu können. Dafür schürt er Ängste vor einem Atomangriff Putins, um sich den Bürgern sogleich als ihr besonnener Beschützer zu empfehlen. Merz muss es klüger anstellen als Lindner, wenn er den Kanzler am 23. Februar besiegen will. (Georg Anastasiadis)

Auch interessant

Kommentare