Scholz sagt Nein: Keine Taurus-Raketen im Ukraine-Krieg – Verhalten wirft Fragen auf
Die Entscheidung von Scholz, keine Taurus-Raketen zu liefern, sorgt für Skepsis. Ist dies wirklich im besten Interesse der Ukraine und Europas?
Berlin – Inmitten wachsender Spannungen und militärischer Eskalation im Ukraine-Krieg bleibt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) standhaft: Es wird keine Lieferung des deutschen Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine geben. Diese klare Position hat Scholz seit über einem Jahr immer wieder bekräftigt, obwohl sich die Begründungen dafür durchaus verändert haben.
Scholz pocht auf Nein: Keine Taurus-Lieferung im Ukraine-Krieg
In einem aktuellen Interview mit dem ZDF betonte Scholz die besondere Verantwortung Deutschlands als nicht-nukleare Macht in Europa. Es gelte höchste Sorgsamkeit, um militärische Konflikte wie den in der Ukraine nicht weiter eskalieren zu lassen.
Diese Haltung stellt eine Abweichung von der bisherigen Politik dar, sich eng mit den westlichen Verbündeten abzustimmen, was Sicherheitsexperten wie Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik kritisieren. Die US-Politik, Großbritannien und Frankreich haben mittlerweile der Ukraine erlaubt, Marschflugkörper mit hoher Reichweite wie ATACMS und Storm Shadow auch auf russischem Gebiet einzusetzen.
„Die Bundesregierung hat lange gesagt, zwischen uns und die USA passt kein Blatt“, so Mölling gegenüber dem Stern. Die Haltung habe bislang auch bei der Frage zum Einsatz von weitreichenden Waffen gegolten. „Diese rote Linie hat die amerikanische Regierung jetzt abgeräumt“, so Mölling. Damit bleibt Scholz einer Position treu – der klaren Ablehnung von Taurus-Lieferungen an die Ukraine – und räumt gleichzeitig ein, dass die bisherige deutsche Koordinierung mit den Verbündeten nicht mehr vorherrscht.

USA erlauben Ukraine ATACMS-Einsatz
Die geopolitischen Spannungen werden auch durch die jüngsten militärischen Entwicklungen intensiviert. Die USA haben der Ukraine erlaubt, das Army Tactical Missile System (ATACMS) einzusetzen, dessen Reichweite zwischen 160 und 300 Kilometern liegt.
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Auch Großbritannien und Frankreich haben der Ukraine gestattet, ihre SCALP- beziehungsweise Storm-Shadow-Flugkörper gegen russische Ziele einzusetzen. Im Gegensatz zu den ATACMS, die höhere Höhen erreichen, um dann auf ihr Ziel zu stürzen, fliegen die SCALP- und Storm-Shadow-Raketen in geringer Höhe.
Russland reagierte auf diese Entwicklungen prompt mit Angriffen, während die ukrainischen Truppen versuchten, die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern. Berichten zufolge sind die ATACMS-Raketen vorerst nur für Einsätze zur Verteidigung eroberter Gebiete in der Region Kursk vorgesehen, während noch unklar bleibt, wie weitreichend der Einsatz der SCALP-Raketen ist, schreibt der Stern.

Zurückhaltung der Taurus-Raketen könnten Ukraine benachteiligen
Die Nicht-Lieferung der Taurus-Raketen – eines der modernsten Waffensysteme mit einer Reichweite von etwa 500 Kilometern und ausgeklügelten Navigationssystemen – könnte die Ukraine ernsthaft benachteiligen.
Diese Raketen sind speziell für den Einsatz gegen unterirdische Bunker konzipiert und würden der Ukraine einen technologischen Vorteil verschaffen. Eine Nicht-Lieferung, so sehen es manche Experten, könnte Russland ermutigen, der Ukraine weiter zuzusetzen.
Selenskyj hofft auf Scholz-Einlenken
In einem Telefonat zwischen Scholz und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dankte dieser Deutschland für die Unterstützung, insbesondere für die Verstärkung der Luftverteidigung mit Patriot- und IRIS-T-Systemen. Selenskyj betonte aber auch, wie wichtig die Taurus-Raketen für die Ukraine seien, um den Druck auf Russland zu erhöhen und die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu stärken, so die Pravda.
Auch politische Gegner von Scholz und einige Beobachter konstatieren mahnend, dass die Nicht-Lieferung von Taurus-Raketen nicht nur die Ukraine schwächt, sondern auch eine gefährliche Taktik darstellt, die die geopolitische Lage in Europa destabilisieren könnte.
Dirk Notheis, Mitherausgeber von Cicero, bemängelt sogar, dass „Opportunismus und Zaudertum“ gegenüber Russlands Präsidenten Wladimir Putin, der Schwäche als Einladung zum Krieg betrachtet, dazu führen könnten, dass Scholz „kein Friedens-, sondern am Ende ein Kriegskanzler“ sein könnte. Er weist hierbei darauf hin, dass Scholz, durch das Telefonieren mit Putin, während er gleichzeitig eine Waffenlieferung verweigert, nicht zur Friedenssicherung beiträgt, sondern vielmehr zukünftige Konflikte begünstigen könnte
Mehrheit der Deutschen steht hinter Scholz‘ Taurus-Haltung
Das Verhalten von Scholz lässt Raum für Interpretationen und spekulative Perspektiven. Während eine Infratest-Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen (61 Prozent) hinter Scholz‘ Entscheidung steht, bleibt die Frage, ob die Zurückhaltung Deutschlands letztlich einen nachhaltigen Beitrag zum Frieden in Europa darstellt oder ob sie eine gefährliche Schwäche signalisiert, die ausgenutzt werden könnte.
Es bleibt freilich darüber hinaus unklar, ob diese Scholz-Politik tatsächlich auf einem durchdachten Konzept basiert, das den Bedürfnissen der Ukraine gerecht wird, oder ob sie aus politischer Opportunität resultiert. (chmnn)