Zwei „Bauernopfer“ bei der FDP? „Ein Lindner-Rücktritt wäre längst überfällig“

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D-Day-Chaos in der FDP. Erst leugnet die Partei Pläne zum Ampel-Aus, dann macht sie sie öffentlich. „Ich verstehe die Kommunikation absolut nicht“, sagt ein Experte.

Die FDP plante das Ampel-Aus seit Monaten. Am Donnerstagabend veröffentlichte die Partei ein entsprechendes Papier mit bestimmten Szenarien. Es ist ein Drehbuch für den Koalitionsbruch, samt martialischer Worte wie „D-Day“ und „Feldschlacht“. Zuvor hatten führende Köpfe der Partei wie Generalsekretär Bijan Djir-Sarai geleugnet, dass entsprechende Begriffe gefallen sind und die Planungen heruntergespielt. Das hat für ihn nun Konsequenzen. Nur: Was ist mit Christian Lindner?

„Klassische Bauernopfer“ verlassen FDP-Ämter: „Lindner-Rücktritt überfällig“

Djir-Sarai indes trat am Freitag ebenso zurück wie Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann. Er soll das D-Day-Papier, über das zuerst die Zeit berichtet hatte, verfasst haben. „Klassische Bauernopfer“, findet Martin Gross von der LMU München. „Um den eigenen Parteichef zu schützen“, wie der Politikwissenschaftler im Gespräch mit IPPEN.MEDIA erklärt.

Der Experte weiter: „Die FDP verfällt immer mehr in eine Wagenburg-Mentalität und schart sich um ihren Parteivorsitzenden als letzte Chance für den Bundestagswahlkampf – auch wenn Christian Lindner seit Jahren zahlreiche Wahlniederlagen in den Bundesländern mitzuverantworten hat.“ Unter Lindner hatte die FDP zuletzt eine Landtagswahl nach der anderen vergeigt, teils sogar weniger als ein Prozent geholt. „Ein Rücktritt wäre längst überfällig, um für die Liberalen eine Aufbruchstimmung für den Wahlkampf zu erzeugen.“ Auch innerhalb der FDP-Basis gab es Rücktrittsforderungen.

D-Day-Krise der FDP: „Ich verstehe die Kommunikation absolut nicht“

Die FDP befindet sich seit Wochen in einem PR-Chaos. „Ich verstehe die ganze Kommunikation der FDP absolut gar nicht“, sagt der Politikwissenschaftler Martin Gross von der LMU München im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Dass die FDP die unbeliebte Ampel verlassen hat, könne man den Liberalen nicht vorwerfen. Entscheidend sei allerdings das „Wie“.

Klüger wäre laut Gross gewesen: „Sich hinstellen und zu sagen: 80 Prozent der Deutschen wollen die Koalition nicht, wir machen den Weg frei für Neuwahlen und haben dazu folgende Szenarien entwickelt.“ Dann hätte die FDP durchaus punkten können. „Doch jetzt ist der Anlass, also das Koalitionsende, eigentlich gar nicht so schlimm – wird aber durch die Kommunikation immer schlimmer.“

Krise nach D-Day-Papier: „Das ist der einzige Punkt, den die FDP noch hat“

Inwiefern die letzten Wochen die unmittelbare Zukunft der FDP beeinflussen werden, ist laut Gross noch völlig unklar: „Das ist Ende November noch schwer zu sagen.“ Die FDP steht in Umfragen bei teils unter fünf Prozent und muss um den Einzug in den Bundestag kämpfen. Punkten könnte die FDP mit ihren Kernthemen. „Es wird einen Wirtschaftswahlkampf geben und das ist dann doch die Kompetenz von Union und FDP“, sagt Gross.

So gebe es innerhalb der Bevölkerung eine Mehrheit für Einhaltung der Schuldenbremse, die auch die Liberalen in der Koalition vehement verteidigt haben. Man könnte fast meinen, die FDP stehe für nichts anderes mehr außer die Schuldenbremse. „Das ist der einzige Punkt, den die FDP noch hat“, sagt Gross. Mit Blick auf die Umfragen glaubt Gross: „Das wird ganz knapp werden.“ Ein Mutmacher für die FDP: „Es kann natürlich sein, dass in den letzten Wochen vor Wahl Wähler umschwenken, weil sie eine liberale Partei im Bundestag sehen wollen.“

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