„Mobile Klinik“ hilft weiter in der Ukraine - Allerdings in einer etwas anderen Form als früher
Die „Mobile Klinik“, ein Hilfsprojekt vom Münsinger Allgemeinarzt Dr. Jörg Lohse, ist in der Ukraine weiter im Einsatz. Im Sommer durchlebten seine Partner vor Ort eine Durststrecke. Nun geht es wieder bergauf.
Münsing - Lange war es ruhig um die „Mobile Klinik“, ein Hilfsprojekt des Münsinger Allgemeinarztes Dr. Jörg Lohse in Zusammenarbeit mit Dr. Andriy Lohin, Direktor der Sheptytsky-Klinik in Lemberg. Doch in der Ukraine wird weiterhin kranken Menschen geholfen – wenn auch mittlerweile in etwas anderer Form. Lohse, der die Medizinische Nothilfe Oberland (MNO) vor gut einem Jahr ins Leben gerufen hatte, berichtet unserer Zeitung gegenüber vom jüngsten Treffen mit seinem Kollegen Lohin und dessen Assistentin Krystina in München.
„Mobile Klinik“ aus Münsing: Nach einer langen Durststrecke geht es bergauf
Im Sommer, so Lohse, durchlebten die Partner vor Ort, die in mobilen Krankenstationen Menschen versorgen, eine Durststrecke. „Es musste Personal entlassen, die Aktivitäten mussten reduziert werden.“ Nun aber gehe es wieder bergauf. Im Gebiet der mobilen Klinik in Irpin und im Norden über Bucha bis Tschernobyl kehrten die Bewohner nach der Flucht 2022 allmählich zurück. Viele Häuser würden repariert und ertüchtigt. Straßen und öffentlicher Verkehr seien deutlich verbessert, die Patienten könnten wieder zu Einrichtungen kommen. An Strom und sauberem Wasser mangle es jedoch oft.
Das Sheptitsky-Hospital habe sich weiterentwickelt: Im Stammsitz in Lemberg sei die Notstromversorgung derart verbessert worden, dass bei komplettem Stromausfall ein autonomer Weiterbetrieb gewährleistet sei. In der gemeinsamen Einrichtung, der mobilen Klinik in Irpin, komme es zu strukturellen Veränderungen. Die Klinik, ursprünglich die Basis zur Ausstattung, Koordination und Versorgung für die mobilen Teams, sei zu einem Ambulatorium weiterentwickelt worden.
Durch die Verbesserung der regionalen Infrastruktur nach den ersten Zerstörungen, insbesondere des öffentlichen Verkehrs, und durch die Rückkehr vieler, auch jüngerer Flüchtlinge, sei die Versorgung insgesamt erheblich einfacher geworden. Allerdings, so hätten Dr. Lohin und Krystina berichtet, kämen mit der instabilen Situation an den Kriegsfronten erneut viele „IDPs“ (internal displaced persons, also Binnenflüchtlinge) in den Großraum Kiew und in den Westen. Sie würden dort in großen Flüchtlingslagern, überwiegend Containersiedlungen, untergebracht. Diese steuerten die Teams der mobilen Klinik an.
„Mobile Klinik“ in Ukraine im Einsatz - Personelle Besetzung hat sich geändert
„Dieser mobile Anteil jedoch wird zunehmend geringer. Das Gros der Patienten kommt inzwischen zum Ambulatorium“, sagt Lohse. Die apparative Ausstattung dieses Ambulatoriums sei gut. Gynäkologische Untersuchungsmittel, Ultraschalldiagnostik, EKG, Labor und normale medizinische Praxisausstattung stünden zur Verfügung.
Die personelle Besetzung habe sich gewandelt. Während der Projektphase „mobile Klinik“ waren laut Lohse mehr Ärzte, Fahrer, Krankenschwestern und administrative Mitarbeiter angestellt, was mit Ende der Projektfinanzierung durch die Medizinische Nothilfe Oberland Anfang dieses Jahres nicht weiter gehalten werden konnte. Der Stamm schmolz zunächst zusammen.
Mittlerweile komme es aber wieder zu Einstellungen. Die Station werde ärztlich von einer Gynäkologin geleitet. Zwei „family-docs“ übernähmen gemeinsam mit einer Krankenschwester ambulante Besuche, Palliativbetreuung und allgemeinmedizinische Aufgaben in der Station. Es gebe eine Ärztin für Diagnostik. Endoskopie werde an zwei halben Tagen durch eine zusätzliche Ärztin angeboten und rege genutzt.
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Lohse: „Die Finanzierung – von August 2023 bis Januar 2024 zu hundert Prozent von uns erbracht – steht allmählich auf zwar noch wackligen, aber etwas breiteren Beinen. Aus Deutschland kommen durch die Zusammenarbeit der Bayerischen Ostgesellschaft und der MNO monatlich etwa 5000 Euro an Spenden. Neu ist, dass etwa weitere 5000 Euro durch die Arbeit vor Ort dank staatlicher Honorierung erwirtschaftet werden können.“
Behandlungen in der „Mobilen Klinik“: Entwicklung ist dynamisch und nicht vorhersehbar
Dennoch fänden weiterhin die meisten Behandlungen, insbesondere in den Flüchtlingslagern, unentgeltlich statt. „Die Entwicklung ist dynamisch und nicht vorhersehbar. Bislang konnte sich die Struktur dem veränderten Bedarf und den Ressourcen rasch und flexibel anpassen. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Einrichtung nun lediglich ein Jahr alt ist“, sagt Jörg Lohse.
Dass das „Kind“ nach der Geburtshilfe aus Deutschland nun endlich auf eigenen Beinen stehe, sei ein großer Erfolg und mache einem Mut. Von Tanja Lühr