Eltern als Schulweghelfer gesucht
Im Würmtal werden dringend Schulweghelfer gesucht. Kreuzungen können zum Teil nicht mehr gesichert werden. Eltern haben kein Interesse, sich als Lotsen zu engagieren.
Ältere Schüler und Großeltern helfen. Sie stehen an Kreuzungen, Zebrastreifen und Ampeln und beschützen die jungen Grundschüler, wenn diese morgens auf dem Weg zur Schule gefährliche Straßen queren. Doch wo sind die Eltern der Erst- und Zweitklässler? „Die, die es am meisten betrifft, glänzen mit Abwesenheit“, ärgert sich Eleonore Spinner, die seit 17 Jahren die Schulweghelfer in Lochham koordiniert.
Die Martinsrieder Koordinatorin Silke Wilke sagt: „Meine Mutter geht auf die 80 zu und stellt sich jeden Tag in der Woche hin. Die Eltern fordern nur, wollen sich aber nicht selber hinstellen.“ Sie hätten am liebsten noch an einem bislang unbesetzten Zebrastreifen in Martinsried einen zusätzlichen Lotsen. „Wo soll ich die Leute hernehmen?“, fragt Wilke. Sie schaltete Anzeigen, machte Aushänge, gab den Erstklässlern Schreiben mit nach Hause. Keine Resonanz. Sie ist froh, dass sie dieses Schuljahr bis auf einen Tag in der Woche alle drei bestehenden Übergänge in Martinsried besetzen kann. Einer muss montags unbesetzt bleiben. Im vergangenen Jahr waren zwei Übergänge an zwei Tagen verwaist. „Es ist leider nicht schön“, so Wilke.
Spinner sagt: „Es wäre gut, wenn sich die Eltern melden, deren Kinder eingeschult werden, für die Größeren brauchen wir es nicht.“ Dem stimmt Planeggs Koordinatorin Anett Prenzlow zu. „Ich finde niemanden aus der Elternschaft“, sagt sie. Väter und Mütter nähmen sich die Zeit, ihre Kinder mehrere Jahre lang täglich zur Schule zu begleiten, aber nicht dafür, einen Lotsendienst zu übernehmen. Dabei suche sie dringend Verstärkung für ihr Team. Zwei Übergänge in Planegg könne sie jetzt nicht mehr voll besetzen.
Jahrelang rührte Spinner am ersten Schultag die Werbetrommel für die Schülerlotsen. Resigniert sagt sie: „Da stell ich mich nicht mehr hin, da kommt keiner.“ Also war sie nicht in der Grundschule – obwohl gerade mehrere langjährige Ehrenamtliche in Lochham aufhörten. Stattdessen sprach sie Schüler der zehnten und elften Jahrgangsstufe an. „Da haben sich gleich einige gemeldet.“ Und so verfügt ihr Schülerlotsen-Team jetzt über 15 Erwachsene und 19 Schüler. Letztere dürfen zu zweit Posten beziehen. „Es soll ja auch Spaß machen.“ Dank der Schüler kann Spinner sagen: „Ich denke, wir können alle Standorte an allen Tagen belegen.“ Dennoch würde sie sich freuen, wenn ihr Team noch etwas größer wäre. In Gräfelfing sei es ebenso. „Da sind es auch immer dieselben.“ Einen Vorteil habe Gräfelfing gegenüber Lochham: „Die haben nicht so viele Übergänge. Wir haben wesentlich mehr Einsätze.“
Für jeden 30-minütigen Einsatz gibt es in Planegg, Martinsried, Lochham , Gräfelfing und Neuried fünf Euro – steuerfrei. Die Gemeinden zahlen das Geld zum Schuljahresende aus.
„Es werden weniger“, stellt Inke Franzen, Sprecherin der Gemeinde Neuried, fest. „Immer mehr Mütter arbeiten und haben keine Zeit“, meint sie. Wilke sagt: „Es war immer schon ein Problem, aber es wird immer schlimmer.“ Im vergangenen Schuljahr gab es in Neuried 14 Schulweghelfer und zwei Springer. In diesem Jahr sind es zwölf Helfer plus zwei Springer. „Unbesetzt ist seit dem Schuljahr 20/21 der Fußgängerüberweg in der Zugspitzstraße. Unterbesetzt sind seit diesem Schuljahr jeweils an einem Tag in der Woche die Ampel an der Mangfallstraße (dienstags) und der Fußgängerüberweg am Haderner Weg (dienstags)“, so Franzen.
In Krailling erhalten die Schulweghelfer sogar sechs Euro. Doch dort ist die Lage ebenfalls angespannt. „Es bröckelt dahin“, erzählt Koordinatorin Silke Bürkle-Schiffbauer. Ihr Team besteht heuer aus 15 Helfern und zwei Springern. „Wir suchen beides“, sagt sie. In Krailling werden die Kinder anders als in den anderen Gemeinden nicht nur morgens, sondern auch zu den Schulschlusszeiten gelotst.
Bürkle-Schiffbauer übernimmt 15 Dienste pro Woche und sagt, sie und ihre Kollegen hätten ein ausgezeichnetes Immunsystem, stünden sie doch bei jedem Wetter draußen. „Wir kriegen von der Gemeinde Jacken, Sonnenkappen, Westen und Kellen.“ Regenjacke und Gummistiefel seien eine gute Ergänzung.
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Die meisten Erwachsenen begegneten den Schülerlotsen freundlich, die Kinder sowieso. Nur ein Vater, der neuerdings als Springer tätig ist, erlebte jüngst Erstaunliches. Er sei morgens als Lotse von einem anderen Vater angeredet worden: „Na, du musst ja Zeit haben!“ Silke Bürkle-Schiffbauer findet: „Das ist echt frech.“
Sie meint, viele Eltern könnten 30 Minuten für den Dienst aufbringen, sie müssten ihre Zeit nur anders einteilen. Sie sei seit zwölf Jahren Schulweghelferin. Die Aufgabe sei eine Freude. „Ich will niemanden drängen, aber ich will auch nicht, dass andere hinterfragt werden.“ Die Hoffnung, dass sich ihrer Gruppe junge Eltern anschließen, hat sie noch. Gerade besuchte sie drei Tage in Folge die Elternabende an der Kraillinger Grundschule, um Werbung zu machen.