Täglicher Kampf um Platz im 936er
Jeden Morgen das Gleiche: Weil der 936er-Bus nicht so oft kommt, wie es im Fahrplan steht, ist er stets überfüllt. Die Kinder, die an der Planegger Haltestelle Friedhof zusteigen möchten, müssen immer wieder auf die S-Bahn ausweichen. Und kommen damit zu spät zum Gautinger Schulcampus.
Planegg/Gauting – Martinsrieder Kinder, die den Gautinger Schulcampus besuchen, haben regelmäßig Verspätung. Der Grund: Die Buslinie 936, die sie ab der Haltestelle Planegg Friedhof nehmen müssen, verkehrt nicht so häufig, wie im Fahrplan angegeben. Und wenn der Bus kommt, ist er oft genug so voll, dass sie nicht mehr reinpassen. Proteste einiger Eltern haben inzwischen zu einem Krisengespräch mit Vertretern aus den Landkreisen München und Starnberg, MVV und dem linienbetreibenden Verkehrsunternehmen geführt.
Kiara Smrzka (15), Frieda Weidner (13) und Jonas Raden (11) besuchen die Gautinger Realschule. Um den Bus 266 zu erwischen, der sie zur Haltestelle Planegg Friedhof bringt, gehen Frieda und Jonas vor 7 Uhr aus dem Haus. Kiara steigt um 7.05 Uhr an der letzten Haltestelle in Martinsried ein. Ab 7.07 warten die drei zusammen mit rund 20 anderen Martinsrieder Kindern auf den 936er zum Schulcampus. Dieser soll zwischen 7.11 und 7.26 Uhr viermal dort halten, um die Schüler nach Gauting zu bringen. Kiara sagt: „Wir sehen drei Busse, davon hält hier einer.“
Reisebus bleibt oft nicht stehen
Zum einen sei das ein Reisebus, der von Fürstenried West aus über Neuried die Haltestelle ansteuere. Der sei meist so voll, dass er nicht stehen bleibe. Als Jonas einmal ohne Sitzplatz blieb, musste er wieder aussteigen und zurückbleiben.
Der Linienbus um 7.11 Uhr kommt ebenfalls aus Richtung Osten, habe aber aus Fürstenried West und Neuried bereits so viele Kinder an Bord, dass er kaum noch Kapazitäten habe. Nicht alle Kinder, die warten, kämen rein, sagt Kiara. Ganz zu schweigen von denen, die ein, zwei Haltestellen später einsteigen müssen. Schließlich ist da noch ein 936er, der leer von Westen kommt, auf dem Gelände des Feodor-Lynen-Gymnasiums wendet und dann leer an der Haltestelle Friedhof vorbeifährt. Sein erster Halt ist die Forst-Kasten-Straße in Krailling.
Wenn es Kiara, Frieda und Jonas morgens nicht in den 936er schaffen, nehmen sie den 266er zum Planegger S-Bahnhof und die S 6 nach Gauting, um dann noch eine Viertelstunde zur Realschule zu laufen. Das passiert Kiara nach eigener Aussage im Schnitt einmal pro Woche, und das, obwohl sie es als eines der größeren Kinder meist noch schafft, sich in den 936er zu quetschen.
Immer, wenn es auf die S-Bahn hinausläuft, melden sich die Kinder bei ihren Eltern, die wiederum die Schule verständigen müssen. Wenn sie dann mit rund 20 Minuten Verspätung in der Schule ankommen, führt der erste Weg zunächst ins Sekretariat, erst dann dürfen sie zum Unterricht.
Sie hoffe immer, dass sich Jonas nicht melde. Dann wisse sie, dass er pünktlich zur Schule kommt, sagt Ariane Raden. Und Enrico Weidner erzählt, dass ihn Frieda schon einmal angerufen habe, weil kein einziger Bus am Friedhof hielt. Weil er an dem Tag später mit der Arbeit begann, konnte er Frieda, Kiara und Jonas mit dem Auto abholen und nach Gauting bringen.
„Wer als Erster rausfällt, ist draußen“
„Wenn tatsächlich alle Busse so fahren würden, wie es im Plan steht, wäre das phänomenal“, sagt Nina Smrzka. Ihrer Tochter passierte es auch schon, dass sie es morgens in den Bus schaffte, jedoch an der Forst-Kasten-Straße in Krailling aussteigen musste. „Wer als Erster rausfällt, ist draußen“, sagt Kiara. Und dass es mittags am Schulcampus noch schlimmer sei. „Das ist brutal, weil sich alle gleichzeitig in den Bus quetschen.“ Als sie einmal mit dem Rucksack beim Einsteigen hängen blieb, sei ihr nichts anderes übrig geblieben, als ihn fallen zu lassen. Wenn nicht ein anderes Kind ihn aufgehoben und ihr im Bus gereicht hätte, wäre er liegen blieben. Kleinere Kinder würden teils von größeren am Schulranzen zurückgezogen. Jonas, der schon einmal in die Spalte zwischen Bus und Bordstein fiel, weil von hinten gedrängelt und gedrückt wurde, läuft inzwischen lieber zum Gautinger Bahnhof, nimmt die S-Bahn und ist dann erst nach einer statt nach einer halben Stunde zu Hause.
Ariane Raden, Nina Smrzka und Enrico Weidner schrieben Ende September Briefe ans Landratsamt München. Streng genommen ist das gar nicht zuständig, denn für die MVV-Regionalbuslinie 936 ist der Landkreis Starnberg Aufgabenträger. Doch der Landkreis München trägt die Kosten für einzelne Schülerfahrten wie die morgens zum Gautinger Schulzentrum. Deshalb setze man sich „sehr stark für die ordentliche Durchführung dieser Fahrten ein“, so die Pressestelle des Landratsamtes. Laut Landratsamt gibt es fünf Fahrten zwischen 7 und 7.30 Uhr, laut Fahrplan sind es vier, dazu eine um 6.57 Uhr. Landratsamt und MVV stellten fest, dass „nur zwei bis drei dieser fünf Fahrten tatsächlich täglich durchgeführt“ werden. Der 936er, der leer an der Haltestelle vorbeifährt, um in Krailling das erste Mal zu halten, sei für Kraillinger Kinder gedacht und habe bereits eine hohe Auslastung. „Die fünf Fahrten sollten ausreichend sein, sofern diese auch durchgeführt werden.“
Das Verkehrsunternehmen habe im Krisengespräch am Dienstag mit Vertretern der Landratsämter München und Starnberg sowie des MVV Lösungs- und Verbesserungsvorschläge vorgestellt. Die Linie 936 soll verstärkt kontrolliert werden, heißt es vom MVV. „Zudem wird geprüft, ob es Möglichkeiten zur Fahrplananpassung gibt.“ Landkreise und MVV würden sich auch mit den überfüllten Bussen mittags befassen. Dazu das Landratsamt München: „Die Problematik am Mittag ist uns tatsächlich neu.“