„Reines Hobby und keine Einnahmequelle“: Wo in Bad Tölz Kultur in familiärem Rahmen geboten ist
Es muss nicht immer das Kurhaus sein: Kultur lässt sich in Bad Tölz auch an kleineren Veranstaltungsorten genießen – dank privater Initiativen aus Liebhaberei.
Bad Tölz – Die Kultur erhält in Bad Tölz vor allem im Kurhaus eine große Bühne. Daneben gibt es aber auch etwas versteckte kleine, private Kulturstätten. So fand kürzlich erstmals in der „Alten Seifensiederei“ an der Bairawieser Straße eine Lesung statt. Im Hanfstänglhaus an der Benediktbeurer Straße hat Eigentümer Peter Priller seit Herbst eine Kulturreihe etabliert. Und auch die ehemalige Buchhändlerin Johanna Zantl nutzt weiterhin einen ehemaligen Stall an der Eichenstraße für die Kultur.
Filmabende in der „Alten Seifensiederei“ geplant
Seine Premiere als Veranstaltungsort feierte das Tee-Café in der „Alten Seifensiederei“ am 7. Februar. Noch war die Runde klein, als die Sozialpädagogin und Autorin Kristina Sellmayr aus ihren zwei Büchern „Und ich lebe doch!“ und „Mittendrin“ vorlas. Elf Gäste fanden sich „in gemütlicher Runde“ ein, wie Wiedemann auf Anfrage berichtet. Arg viel mehr hätten aber auch gar nicht in den Veranstaltungsraum gepasst. „Mehr als 25 Leute bekommen wir nicht unter“, sagt der Sport- und Gesundheitswissenschaftler.
Wie berichtet, hatte er 2023 zusammen mit seiner Frau Veronika das Seminarhaus „Alte Seifensiederei“ eröffnet, das auch Ferienapartments und das kleine Tee-Café umfasst. „Die Idee, hier auch kulturelle Veranstaltungen anzubieten, war von Anfang an da“, sagt Wiedemann. Die Motivation dazu: „Weil wir selber Lust drauf haben. Das ist für uns ein reines Hobby und Freizeitvergnügen und keine große Einnahmequelle.“ Dementsprechend wurde bei der Lesung auch kein Eintritt verlangt, sondern um Spenden gebeten.
Wiedemanns nächster Plan: Einmal monatlich soll es im Tee-Café einen Film-Abend geben, der zur Ausrichtung der „Alten Seifensiederei“ passen, also sich zum Beispiel mit Achtsamkeit, Meditation, sozialen, ökologischen und gesellschaftlichen Themen befasst. Den Auftakt macht am 28. März der Film „Zeit für Stille“.
Kulturreihe im „Hanfstänglhaus“ in Bad Tölz
Ebenfalls neu etabliert in der Tölzer Kulturlandschaft ist seit Kurzem das Hanfstängl-Haus. Dass die dortige ehemalige Tenne als Veranstaltungsort dient, „das gab‘s sporadisch schon immer“, sagt Eigentümer Peter Priller. „Schon immer“, das heißt seit rund 25 Jahren, als Mitglieder der alt-katholischen Gemeinde, deren Pfarrer Priller ist, die zuletzt als Rumpelkammer genutzte frühere Tenne des alten Anwesens ausräumten und zu ihrer Kapelle umfunktionierten.

Die „Tennerkapelle“ für eine feste Kulturreihe zu nutzen, das sei vergangenes Jahr eine Idee des Gaißacher Musikers Sepp Kloiber gewesen. Von Herbst bis Frühjahr gibt es nun regelmäßig Aufführungen. Den Auftakt machte im September das Krimi-Musical „Der Schnitter“. Es folgten ein Konzert der Band „Bunter Regen“ um den Lenggrieser Sepp Müller und ein Abend mit dem Papiertheater Kastlzauber. Nächster Termin ist ein Konzert des Vokalensembles „Quantare“ mit der Tölzerin Stephanie Waldherr an diesem Sonntag, 23. Februar, um 17 Uhr, bevor die Saison am 13. April mit einer Lesung des Tölzers Klaus Wittmann zu Ende geht. Der Eintritt ist frei, Spenden der Besucher kommen den Künstlern zugute.
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Und was motiviert Priller dazu? „Der Raum ist einfach schön, und es wäre schade, wenn er nur einmal in der Woche für einen Gottesdienst genutzt wird“, sagt er. Maximal 40 bis 50 Besucher finden laut Priller dort Platz. Außerdem gehe es ihm darum, lokalen Künstlern eine Auftrittsmöglichkeit zu geben.
Neue Pläne fürs „Eichengrund“
Wie Priller hat Jahre zuvor auch schon Johanna Zantl bei ihrem privaten Wohnort eine Kulturstätte geschaffen – in Zantls Fall in einem ehemaligen Eselstall, der seither unter dem Namen „Eichengrund“ firmiert. Kulturveranstaltungen habe sie schon ein Leben lang auf die Beine gestellt, sagt die ehemalige Inhaberin der Buchhandlung Winzerer. „Leute um sich haben, wach und lebendig bleiben“: Das inspiriere sie dazu, jetzt im Ruhestand damit weiterzumachen. Im „Eichengrund“ empfing sie schon so manch illustren Gast, wie den Krimi-Autor Friedrich Ani. Dabei galt auch hier immer: Eintritt frei, um Spenden für die Künstler wird gebeten.

Seit der Corona-Zeit habe sie das Kulturprogramm in „Eichengrund“ zurückgefahren, sagt Johanna Zantl, aufgehört hat sie aber nicht. So sei der ehemalige Stall – über Jahre war er auch an eine Psychotherapeutin vermietet – weiter Treffpunkt für einen Seniorenchor, und es gebe Planungen für neue Veranstaltungen. Zantl schweben unter anderem Filme oder Vorträge vor. „Die Welt steht so Kopf, da muss man etwas Politisches – aber nicht Parteipolitisches – machen“, findet die Tölzerin. „Wir Alten können uns in diesen Zeiten fast nicht erlauben, still zu sein.“ (ast)