Hype um Bücher: Generation Z liest wieder gerne – Experten geben Buchtipps für den Sommer

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Auf die Zielgruppe der jungen Leser zugeschnitten ist ein eigener Tisch in der Tölzer Buchhandlung Rupprecht. Filialleiterin Christine Gaßel freut sich über die rege Nachfrage. © Arndt Pröhl

Die Sorge, dass junge Leute nichts mit Büchern anfangen können, ist teilweise verflogen. Auf TikTok und Instagram gibt es einen regen Austausch über Romane, vor allem Romanzen aus dem Genre „New Adult“. Der Trend spiegelt sich in den Buchhandlungen wieder.

Bad Tölz-Wolfratshausen Für viele Verlage und Buchhändler ist es eine gute Nachricht. Seit einigen Jahren liegen Bücher bei jungen Leuten wieder im Trend, viele tauschen sich darüber eifrig in den Sozialen Medien aus. Die Vorlieben des jungen Lesepublikums sind dabei breit gefächert (siehe Umfrage). Vor allem ein bestimmtes Genre verkauft sich aber bestens: „New Adult“. Das heißt übersetzt „Neue Erwachsene“. Es geht also um junge Hauptfiguren, die ans College oder an die Uni gehen, sich selbst finden und Liebesgeschichten erleben  – nicht selten beschrieben mit Erotik-Szenen oder auch mal in Fantasy-Welten angesiedelt. Also nichts weiter als moderne Schmonzetten? Buchexperten im Landkreis rümpfen da nicht die Nase, sondern freuen sich, dass das junge Publikum überhaupt zum Buch greift.

Jugend diskutiert in Sozialen Medien über Literatur

„Absolut erfreulich“ findet den Trend Petra Schenk, Inhaberin der Tölzer Buchhandlung Winzerer. In ihrem Geschäft sei „New Adult“ zwar nicht unbedingt ein Schwerpunkt, aber auch hier gebe es  – vornehmlich von jungen Leserinnen  – immer wieder Nachfragen nach Büchern aus diesem Bereich, gerade auch nach Erstauflagen, die anderswo ausverkauft seien. Ein Merkmal des Trends sind laut Schenk besonders schön gestaltete Ausgaben, teils mit filigranen Ornamenten und Farbschnitten, also farbigen Seitenrändern. „Das ist eine schöne Aufwertung der Bücher.“

Auch ältere Kunden kaufen „New Adult“

Doch dann gibt es ja noch den Inhalt: Oft sind es seichte Romanzen mit vielen Klischees und teils überkommenden Geschlechterbildern. „Auch diese Geschichten haben ihre Berechtigung“, findet Petra Schenk. „Es ist etwas zum Träumen. Die Literatur entführt in andere Welten. Das ist doch eine Grundmotivation fürs Lesen, die wir alle haben.“ Die Romane leisten aus Sicht der Buchhändlerin einen Beitrag, damit junge Leute die Praxis des Lesens für sich (wieder-)entdecken. Außerdem würden Jugendliche und junge Erwachsene nicht ausschließlich Liebesromane lesen, sondern unter anderem auch Psychologie-Ratgeber oder Klassiker.

„Es muss nicht immer die schwere Literatur sein. Jeder darf lesen, was ihm Freude bereitet“, findet auch Christine Gaßel, Filialleiterin der Buchhandlung Rupprecht in Bad Tölz. Das Leben sei manchmal anstrengend und deprimierend genug. Und allgemein sei es gut, wenn der Austausch auf TikTok oder Instagram junge Leute zum Lesen bringe.

Tipp: „Rock my Heart“ von Jamie Shaw

Bei „Rupprecht“ gibt es einen eigenen großen Tisch mit Büchern für diese Zielgruppe. „Es geht los mit den ,Young Adult‘-Büchern, für die sich Leser ab 12 oder 13 interessieren. Die ,New Adult‘-Bücher richteten sich dann eher an 18- bis 30-Jährige. Aber kürzlich hatte ich auch eine ältere Dame da, sie sich so ein Buch gekauft hat“, berichtet Gaßel. Besonders gefragt sei aktuell die „Maxton Hall“-Serie von Mona Kasten, die als Vorlage für eine Amazon-Prime-Serie diente. Gaßels persönliches Lieblingsbuch aus dem Genre ist „Rock my Heart“ von Jamie Shaw. „Das ist was fürs Herz.“

In der Geretsrieder Buchhandlung Thalia freut sich Inhaberin Sarah Ulbrich ebenfalls über „viele junge Damen, die bestimmte Buchtitel von Instagram oder TikTok her kennen“. Aus Sicht der Buchhändler gilt: „Hauptsache lesen!“ Das gelte zum Beispiel ebenso für Comics oder Mangas, von denen Eltern manchmal wenig begeistert seien. „Aber irgendwann kommt vielleicht auch der Schritt zu anderen Büchern.“

Die Literatur entführt in andere Welten. Das ist doch eine Grundmotivation fürs Lesen, die wir alle haben.

Ulbrich sieht noch einen weiteren positiven Aspekt. Speziell in der Corona-Zeit hätten viele Jugendliche angefangen, Netflix-Serien im englischen Original anzuschauen und „New Adult“-Bücher in der Originalsprache zu lesen. Das sei  ein gutes Training für die Fremdsprachenkenntnisse.

Auch ihr Lenggrieser Kollege Walter Fladerer ist weit davon entfernt, über den Trend zu romantischen Schmökern den Stab zu brechen. „Wenn Mädchen anfangen zu lesen, schadet das nichts“, meint er. „Wir haben in unserer Jugend mit Western angefangen.“ In seiner „Les-e-bar“ in Lenggries mache sich der „New Adult“-Trend allerdings nicht so stark bemerkbar, berichtet Fladerer.

Anders in der Geretsrieder Stadtbibliothek: „Um manche Bücher gibt es eine Art Hype“, bestätigt Leiterin Hannah Vogel. Das mache sich auch bei den Ausleihen bemerkbar. In der Stadtbibliothek gebe es ein eigenes Ausstellungsregal für Bücher der Kategorien „Young Adult“ oder „New Adult“, teils in Kombination mit Fantasy. Die Bibliotheks-Chefin betont dabei: „Die vermeintlich auf junge Frauen ausgelegten Bücher werden auch gerne von erwachsenen Frauen, aber auch den männlichen Bibliothekskunden ausgeliehen. Mitgenommen wird, was gefällt.“

Lesen kennt keine Schubladen

Trends auf dem Buchmarkt seien grundsätzlich nichts Neues, konstatiert Hannah Vogel. „Auch der ,klassische Liebesroman‘ hat sich schon immer großen Interesses erfreut.“ Und jeder Trend, der Menschen zum Lesen bringt, sei erstmal positiv. „Die wenigsten Leute lesen ausschließlich Medien aus einer Schublade“, meint Vogel. „Leseinteressen können sich ja durchaus weiterentwickeln und selbst wenn nicht, ist Lesen in jedem Fall einfach ein schönes Hobby.“

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Stereotype Rollenbilder, die man dem Genre Young und New Adult vorwirft, habe es schon vorher gegeben. „Damals wie heute muss man nicht davon ausgehen, dass die in den Büchern gelebten Stereotype in die Realität umgesetzt werden, geschweige denn, dass das wirklich jemand will.“

Und welche Bücher aus diesem Genre sind gerade besonders gefragt? Nach Rücksprache mit ihrer Kollegin Laura Diebl, die den Belletristik-Bestand pflegt, stellt Hannah Vogel fest, dass die Ravenhood Trilogie (Kate Stewart), die L.O.V.E-Reihe (Ivy Andrews), sowie alle Bücher von Brittainy C. Cherry besonders häufig ausgeliehen werden.

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