Ukraine-Pilot schwärmt von Feuerkraft der F-16-Kampfjets: „80 Prozent aller Raketen treffen“
Jetzt werden die Verteidiger wohl ebenbürtig: Die F-16 beweisen, dass sie eine Hochwertwaffe sind. Ein ukrainischer Pilot erzählt von seinen Erfolgen.
Kiew – „Sie haben Angst, sich uns zu nähern“, sagt er auf Ukrainisch – der vermummte Soldat taucht auf in einem YouTube-Video, das jetzt das ukrainische Luftwaffenkommando veröffentlicht haben soll, wie verschiedene Medien berichten. Demnach sei die Botschaft, dass Wladimir Putins Invasionstruppen sich auf dem Schlachtfeld so zurückhaltend verhielten, weil sie die Nato-Kampfjets „für hochwertiger hielten und sie fürchteten“, wie beispielsweise der Business Insider formuliert. Im Video werde hervorgehoben, mit welch hoher Effizienz die ukrainische Luftwaffe die westliche Technologie im Kampf einsetze, erläutert das Magazin Defense Express.
Laut der Euromaidan Press schaltet die Ukraine jetzt am Himmel von der Verteidigung in den Angriffs-Modus – der Grund läge darin, dass die Flotte inzwischen wohl groß genug sei und die Piloten ihre Maschinen inzwischen wohl ausreichend beherrschten, wie das Medium nahelegt. Demnach habe Kanada vier weitere F-16-Flugsimulatoren zugesagt, und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verspräche sich davon eine weitere Stärkung der Kampfkraft seiner Luftwaffe, weil mehr Piloten gleichzeitig ausgebildet werden könnten.
Ukraine hat 80 Prozent Trefferquote – „sowohl Shahed-Drohnen als auch Marschflugkörper“
Die Meldung über die Effektivität der F-16-Kampfjets folgt einem Bericht des Senders RBC-Ukraine vom 19. März, nachdem eine weitere Charge der Maschinen in der Ukraine eingetroffen sein soll, wie Selenskyj gegenüber Journalisten geäußert haben soll. Die genaue Zahl habe er aber verschwiegen. Seit August vergangenen Jahres stehen die Maschinen der in den USA gefertigten und durch Nato-Länder abgegebenen Maschinen zur Verfügung. Eine war zwischenzeitlich mitsamt dem bekannten Piloten Oleksiy Mes, genannt „Moonfish“ abgestürzt; laut Gerüchten verschiedener Medien soll der Abschuss durch die eigene Luftabwehr der Ukraine erfolgt sein.
„Dort sitzt schließlich auch ein lebender Mensch, der ebenfalls nicht sterben will.“
Geplant war, dass die Ukraine bis Jahresende 2024 rund 20 Maschinen bekommen haben sollte. Das scheint bis Mitte Januar realisiert gewesen zu sein; nachdem die erste Tranche bis Ende vergangenen wohl zunächst ein halbes Dutzend bis maximal zehn Jets umfasst hatte. Allein Dänemark war als erstes Land bereit gewesen, 19 Maschinen zu liefern, fraglich ist, ob bereits alle geplanten Maschinen eingetroffen sind oder auch andere Nationen geliefert haben, beispielsweise Norwegen oder die Niederlande. Inzwischen könnte aber eine komplette Staffel mit rund 20 Flugzeugen einsatzbereit sein – vielleicht sogar ohne die jetzt neu dazugekommenen Maschinen.
Gerüchteweise hätten die Russen bei Sumy bereits eine zweite Maschine abgeschossen, was Präsident Selenskyj allerdings dementiert. Wie Juri Ignat gegenüber RBC Ukraine klarstellt, sei diese Aussage rein Propaganda der Russen, so der Leiter der Kommunikationsabteilung des Luftwaffenkommandos der ukrainischen Streitkräfte. Präsident Selenskyj wird gegenüber der Aussage der Russen über deren Abschuss deutlicher: „Die Russen lügen.“ Im Gegenteil lässt er seinen vermummten, anonymen Piloten sagen, dass 80 Prozent der von den F-16 abgeschossenen Raketen träfen – der Ukrainska Pravda zufolge seien die primären Ziele der F-16-Attacken „sowohl Shahed-Drohnen als auch Marschflugkörper, die von See, aus der Luft und vom Land abgefeuert werden“, so das Medium.
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Putins Dilemma: „Wir verfügen jetzt über andere Waffen, hochwertigere Waffen“
Was die Ankunft und offensichtliche Einsatzbereitschaft der F-16 so besonders mache, seien weniger die Maschinen selbst als die Bewaffnung, wie BI-Autor Matthew Loh den Piloten wiedergibt: „,Mit der Ankunft westlicher Ausrüstung hat sich die Situation bei der Durchführung von Jagdflieger-Abwehreinsätzen verbessert‘, sagte der Pilot auf Ukrainisch. ,Wir verfügen jetzt über andere Waffen, hochwertigere Waffen. Das haben auch die Russen verstanden.‘“
Laut dem Wall Street Journal WSJ gehören zu der Erstausrüstung der F-16 durch die USA beispielsweise AGM-88 HARM-Luft-Boden-Raketen – das sind in der Reichweite verbesserte Versionen von Joint Direct Attack Munition-Kits (JDAM) die ungelenkte und dadurch lediglich fallende Bomben umwandeln in intelligente, also auf ein Ziel zugleitende Waffen. Daneben würden Standard-Freifallbomben mit einem beschränkten Explosionsradius geliefert werden – beziehungsweise seien bereits geliefert worden.
Darüber hinaus rechnet das WSJ mit der Lieferung moderner Luft-Luft-Raketen mittlerer Reichweite, bekannt als AMRAAM (Advanced Medium-Range Air-to-Air Missile), und Kurzstrecken-Luft-Luft-Raketen AIM-9X. Diese auch als Sidewinder bekannten Raketen für die F-16-Kampfjets können Putins Luftüberlegenheit besonders gefährlich werden. Die Ukraine wolle diese Raketen einsetzen, um an die Grenze zu fliegen und auf Russland zu schießen, schreibt das Journal. Was sie wohl auch inzwischen umsetzen, wie die Aussagen im Video nahe legen – laut dem BI sagt der Pilot, dass seine Missionen seine Kameraden und ihn auch „gefährlich nahe an der Frontlinie“ fliegen ließen.
F-16 und Mirage geben Deckung: Das hält die Abwehrbemühungen der Russen nieder
Allerdings scheinen die westlichen Maschinen nicht die primären Angriffswaffen zu sein, sondern die F-16 und französischen Mirage würden den ukrainischen Maschinen russischen Ursprungs Deckung bieten; das würde die Abwehrbemühungen der Russen niederhalten, so der Pilot. Diese Art des Angriffs habe die Reaktion der Moskauer Truppen grundlegend verändert, habe der Pilot weiter ausgeführt. Ihm zufolge müssten die russischen Piloten inzwischen vorsichtiger sein; die F-16 sowie die Mirage wären in der Lage „sehr, sehr präzise“ Angriffe zu führen, wie der BI den Piloten zitiert.
„Sie kennen die technischen Merkmale unserer Waffen im Großen und Ganzen. Sie wissen, wohin sie vorrücken und wohin sie sich zurückziehen müssen. Wenn wir wollen, kann unsere Bombe direkt durch jemandes Fenster fliegen.“ Trotz aller anfänglichen Kritik an der Sensibilität der Maschine, der geringen Stückzahl und der fehlenden Praxis der ukrainischen Piloten mit der Westwaffe, scheint sich mit der Aussage des Piloten bestätigt zu haben, dass den großen Wert der Maschine ihre Bewaffnung ausmache.
Die Fähigkeiten dieser Waffen für die F-16-Kampfjets variierten je nach Variante, erläutert Air & Spaces Forces. – besonders die AIM-9 würden einen Unterschied zu russischen Jets bedeuten: „Im Vergleich zu den ältesten Sidewinder können sie ihr Ziel aus größeren Winkeln anvisieren – sogenannte Off-Boresight-Fähigkeit“ – diese Raketen sind also fähig, Ziele abseits der Längsachse erfassen zu können, ihr Sucher hat dafür einen größeren Schwenkwinkel. „Die US Air Force ist jedoch auf die neue, weiterentwickelte AIM-9X umgestiegen, die über Lock-After-Launch, bessere Manövrierfähigkeit und verbesserte Gegenmaßnahmen verfügt“ – also über das Anvisieren eines Zieles erst nach dem Abfeuern, wie Air & Spaces Forces schreibt.
Russland vermeidet Verluste: Eventuell lassen sich die russischen Truppen doch ein wenig einschüchtern
So gut die F-16-Kampjets jetzt offensichtlich auftreten, so schlecht die Nachricht aus Belgien. Gegenüber der belgischen Tageszeitung Le Soir hat der belgische Verteidigungsminister angekündigt, dass sich die Übergabe der belgischen F-16 an die Ukraine verzögern würde – bis Ende 2025 voraussichtlich, wie Frédéric Vansina gesagt habe, so das ukrainische Medium United 24. Die Verzögerung erklärt sich durch die spätere Einführung US-amerikanischer F-35 in der belgischen Luftwaffe.
Möglicherweise haben sich durch die F-16 jetzt doch die Gewichte am Himmel verschoben. Eventuell lassen sich die russischen Truppen ein wenig einschüchtern durch die westliche Präsenz, die sich ihnen entgegenwirft. Das mindert womöglich die Wucht der russischen Gleitbombenangriffe. Allerdings muss gefragt werden, inwieweit sich Russland davon am Boden beeindrucken lässt. Wie sich aus der Übersetzung des Business Insider herauslesen lässt, setzt sich im Luftkampf über der Ukraine der gesunde Menschenverstand durch, was der Pilot angesichts der neuen Zurückhaltung der Russen andeutet:
„Dort sitzt schließlich auch ein lebender Mensch, der ebenfalls nicht sterben will.“