Bessere Tuberkulose-Tests: Fraunhofer-Forscher starten in Penzberg mit Roche und LMU-Klinik neues Projekt
Vor knapp zwei Jahren sind Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft im Penzberger Roche-Werk eingezogen, um in angemieteten Labors Pandemieforschung zu betreiben. Nun starten Fraunhofer-Gesellschaft, Roche und Ludwig-Maximilians-Universität ein weiteres Projekt in Penzberg. Dabei geht es um Tuberkulose.
Penzberg – Seit Frühjahr 2022 ist Penzberg ein Standort der Fraunhofer-Gesellschaft. Geplant ist zwar, in Zukunft ein eigenes Forschungsgebäude im Industriepark Nonnenwald zu haben (siehe Kasten unten). Momentan arbeiten die Wissenschaftler aber noch in Labors des Penzberger Roche-Werks. Sie beschäftigen sich dort mit Immunologie, Infektions- und Pandemieforschung. Genauer gesagt: Die Forscher untersuchen die Rolle des Immunsystems bei Infektionskrankheiten und versuchen, neue Erreger in der Tierwelt zu identifizieren, damit im Ernstfall schneller Wirkstoffe entwickelt werden können. Dabei kooperiert das Fraunhofer-Institut für Translationale Medizin und Pharmakologie (ITMP) mit Roche und der LMU-Klinik München.
Neues Projekt angekündigt - es geht um Tuberkulose
Nun kündigen die Drei ein weiteres Projekt für den Fraunhofer-Standort Penzberg-München an. Dabei geht es um Tuberkulose, kurz Tbc. Das Fraunhofer-Institut teilte dazu mit, dass rund ein Viertel der Weltbevölkerung latent mit Tuberkulose -Erregern infiziert sei. 10,6 Millionen Menschen würden jedes Jahr an Tuberkulose erkranken und etwa 1,3 Millionen daran sterben. Das Institut verweist auf eine Schätzung der Weltgesundheitsorganisation, wonach 40 Prozent der Tuberkulose-Fälle nicht diagnostiziert oder nicht gemeldet werden. Bei Kindern liege die Rate sogar bei über 70 Prozent.
Diagnose der Infektionserkrankung ist eine Herausforderung
Das Problem ist laut Fraunhofer-Institut, dass die Diagnose der Infektionserkrankung eine Herausforderung darstellt, obwohl der Erreger bereits seit über 140 Jahren bekannt ist. Die Diagnose erfordere eine aufwendige Infrastruktur, die es nicht in allen Ländern gibt und für viele Betroffene nicht zugänglich ist. Zudem sei der Nachweis mit dem gängigen Tuberkulose-Test über das Sekret der tiefen Atemwege („Sputum“) nicht immer zuverlässig. Noch dazu seien die Sputum-Proben bei Kindern oder immungeschwächten Personen schwer zu gewinnen.
Suche nach Biomarkern in Blut, Urin oder Speichelproben
Eine Studie soll nun „neue hochempfindliche und spezifische Biomarker für die Diagnose einer Tuberkulose-Erkrankung“ identifizieren, die nicht auf Sputum, sondern auf Blut, Urin oder Speichelproben basieren. Das Fraunhofer-Institut erklärt, dass zwar bereits auf Blut basierende Testverfahren existieren, nicht möglich sei damit aber eine Unterscheidung zwischen aktiver Tuberkulose-Erkrankung und latenter Infektion beziehungsweise früherem Kontakt mit dem Bakterium. Geschaffen werden soll laut Institut auch eine Plattform, um Proben zur Entdeckung und Verifizierung weiterer diagnostischer Marker zu sammeln. Ziel des gemeinsamen Projekts seien „neue Lösungen für eine patientennahe Tuberkulose-Diagnostik“.
Zur Kooperation selbst heißt es in der Mitteilung, dass Roche ein Pionier der personalisierten Medizin und weltweit führender Hersteller diagnostischer Analysesysteme sei. Die LMU-Klinik wiederum verfüge im Bereich der Tuberkulose über jahrzehntelange Erfahrung. Im Rahmen der Kooperation suche deren Tropeninstitut aktuell Probanden im Großraum München. Das Fraunhofer-Institut sieht sich indes als Schnittstelle zwischen akademischer Forschung und Industrie.
Das Ziel ist, „Tuberkulose zu eliminieren“
Dessen Standortleiter für Penzberg-München, Prof. Michael Hoelscher, erklärte zu der neuen Kooperation: „Eine patientennahe und am gleichen Tag verfügbare Diagnose von Tuberkulose ist eine unabdingbare Voraussetzung, um das Ziel, Tuberkulose zu eliminieren, zu erreichen.“ Er sei froh, so Hoelscher, dass sich ein großes Unternehmen wie Roche diesem Problem mit annimmt.
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Fraunhofer-Gebäude in Penzberg: Baubeginn erst für Frühjahr 2025 geplant
Noch etwas länger dauern wird es, bis die Forscher des Penzberger Fraunhofer-Standorts vom Roche-Werk in ein eigenes Gebäude im Industriepark Nonnenwald ziehen können. Ursprünglich hatte es geheißen, dass womöglich bereits im Jahr 2024 gebaut werden kann. So schnell geht es aber nicht. Entstehen soll das neue Gebäude, wie berichtet, auf einem städtischen Gelände westlich des Roche-Werks und südlich des Druckzentrums an der Dr.-Gotthilf-Näher-Straße.
Die Fraunhofer-Gesellschaft bestätigte auf Nachfrage, dass weiterhin vorgesehen sei, dort ein Gebäude zu errichten, „um die dauerhafte Unterbringung der neuen Forschungskapazitäten zu gewährleisten“. Momentan befinde man sich „in der Planungsphase“. Vorbehaltlich der Baugenehmigung rechnet die Gesellschaft mit einem Baubeginn im Frühjahr 2025.
Der Einzug in das neue Gebäude wäre dann für Herbst 2027 vorgesehen. Die Gesellschaft bestätigte zugleich, dass gemäß der Bebauungsplan-Änderung eine Gebäudehöhe von 22 Metern möglich sei. Das Grundstück soll im Wege eines Erbbaurechts erworben werden. Die Verhandlungen seien in einer fortgeschrittenen Phase.
Aktuell sind laut Fraunhofer-Gesellschaft zwölf Mitarbeiter am Standort Penzberg des Instituts für Translationale Medizin und Pharmakologie tätig. Sie arbeiten nach wie vor in Räumen von Roche Diagnostics. Mittelfristig sollen laut Gesellschaft 50 Personen in Vollzeit beschäftigt werden.