Neuer Chef bei der Reutberger Brauerei: „Für das einsetzen, was wir vor unserer Haustür haben“

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Stabwechsel am Sudkessel: Am 1. Juni übergab August Maerz (li.) den Vorsitz der Brauereigenossenschaft offiziell an Klaus Hochwind. © Arndt Pröhl

Führungswechsel am Reutberg: Nach 15 Jahren gibt Vorstandsvorsitzender der Genossenschaftsbrauerei, August Maerz, an Klaus Hochwind ab. Ein Rückblick und Vorausblick.

Sachsenkam – 15 Jahre und zwei Monate war der Lenggrieser Zimmerer August Maerz (64) Vorstandsvorsitzender der Genossenschaftsbrauerei am Reutberg. Am 1. Juni hat er das Zepter offiziell übergeben. Sein Nachfolger ist kein Unbekannter: Klaus Hochwind (47) aus Reichersbeuern steht ab sofort an der Spitze der Sachsenkamer Brauerei. Im Interview sprechen der scheidende und der neue Genossenschaftsvorsitzende über den Reutberg, die Herausforderungen und vor allem ihre Liebe – nicht nur zum Bier, sondern zur Heimat.

Herr Maerz, 15 Jahre waren Sie der Chef vom Reutberg. Eigentlich sind Sie Zimmerer. Wie kam‘s dazu?

Maerz: 2009 stand Robert Beham bei mir vor der Tür und meinte, er braucht was von mir. Als wir uns in die Stube gesetzt haben, und ich zum Glück das richtige Bier da hatte, hat er mich gefragt, ob ich das machen will.

Und Sie wollten offensichtlich?

Maerz: „Lass mir bloß mei Ruah.“ Das war meine Antwort. Zu diesem Zeitpunkt war das ja ein Ehrenamt, zwar mit Aufwandsentschädigung, aber dennoch. In der Familie haben wir dann über das Angebot gesprochen, und meine Frau meinte, ich soll's machen. Mein Sohn war schon aus der Meisterschule raus und konnte anpacken. Also hab‘ ich es mir angesehen und war plötzlich mittendrin.

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Und bei Ihnen, Herr Hochwind? Stand 15 Jahre später August Maerz plötzlich in Ihrer Stube?

Hochwind: So ähnlich. Ich war ja schon ein Jahr lang im Aufsichtsrat. Als mich der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Erhard im Herbst gefragt hat, ob ich mir das vorstellen kann, musste ich erst überlegen. Mittlerweile ist es kein Ehrenamt mehr, ich kann in meinem bisherigen Job bei der „17er Oberland Energie“ reduzieren. Da hat alles zusammengepasst.

Sämtliche Aufgaben in der Brauerei können anfallen

Wie kann man sich den Job als Genossenschaftsvorsitzender vorstellen?

Maerz: Du musst schauen, dass der Laden läuft. Verträge, Logistik, Akquise, Außendienst, Bierfahren oder sogar den Gärbottich waschen: Es gibt nichts, was ich hier noch nicht gemacht habe.

Was reizt Sie daran, in die Fußstapfen von Herrn Maerz zu treten?

Hochwind: Ich finde es eine Ehre, das, was wir hier im Isarwinkel haben, erhalten zu können. Reutberger ist eine starke regionale Marke, und es ist wichtig, sich für das einzusetzen, was wir hier vor unserer Haustüre haben.

Reutberg ist schuldenfrei

Ich nehme an, dass Sie auch viel Neuland betreten werden.

Hochwind: Na klar, ich hatte mit Bierbrauen bisher nicht viel zu tun, und natürlich gehört es dazu, dass man in alles einen guten Einblick hat. Seit April hat mich der August in vieles eingearbeitet, und ich lerne jeden Tag dazu.

Maerz: Ich hätte natürlich an meinem offiziell letzten Tag sagen können: „Das war's, nach mir die Sintflut.“ Aber ich habe das immer leidenschaftlich gern gemacht. Daher ist es mir wichtig, dass es gut weitergeht, und dazu gehört eine kameradschaftliche Übergabe. Ich habe mich hier immer für ein gutes Miteinander eingesetzt. Anders klappt's nicht.

Warum hören Sie auf?

Maerz: Ich wollte 2024 schon nicht mehr. Da gab es aber keine Nachfolge. Also habe ich gesagt, dass ich mich nochmal aufstellen lasse, aber keine drei Jahre mache. Hintergrund sind gesundheitliche Probleme.

Was waren Ihre größten Erfolge am Reutberg?

Maerz: Naja, man kann schon sagen, dass es wirtschaftlich vor 15 Jahren um die Brauerei nicht gut stand. Ich habe in einer schwierigen Situation übernommen. Ich will mich nicht selbst beweihräuchern, aber dass der Reutberg schuldenfrei ist, das macht mich schon froh. Das war eine große Hausnummer.

Wie haben Sie das geschafft?

Maerz: Mei, ich denke, dass auch Glück dabei war. Wir haben ein paar Mal gut hingelangt und waren bemüht, die Kundschaft zu erweitern. Mittlerweile kooperieren wir mit knapp 100 Wirtschaften ganz unterschiedlicher Couleur, von urigen Wirtshäusern im Oberland bis zu hippen Kneipen im Glockenbachviertel in München. Und man muss klar sagen: Es hat viel Fleiß dazugehört. Oft bin ich um zwei Uhr morgens in der Brauerei gestanden, habe alles für die Bierfahrer hergerichtet. Ich hab‘ zwar nie Stunden aufgeschrieben, aber mein Ehrenamt war deutlich mehr als ein Vollzeitjob. Ich war oft auch mal sieben Tage die Woche am Reutberg. Und: ich habe immer direkt mit den Leuten geredet. Geschäfte werden immer noch zwischen Menschen gemacht.

Corona-Politik als größte Herausforderung

Was machen Sie mit der freien Zeit jetzt?

Maerz: Daheim mitanpacken und auf die Jagd gehen.

Was waren die größten Herausforderungen?

Maerz: Den Zirkus der Politik zur Corona-Zeit auszubaden. Das hat mich schon viele Nerven und die Brauerei sehr viel Geld gekostet.

Gab es auch ein persönliches Highlight?

Maerz: Da gibt es zwei. Dass wir das Alpenregionstreffen in Garmisch 2024 bekommen und über 11 000 Menschen mit Bier versorgt haben. Und: Dass ich die Bügelflasche und damit auch das „Reutberger Original“‘ eingeführt habe. Damit kamen wir übrigens auch nach Italien.

Wie das?

Maerz: Ich wollte unser Bier nach Südtirol bringen. Damals hab‘ ich meiner Frau vorgeschlagen, dass wir ein paar Tage wegfahren. Sie war ganz überrascht, weil wir sonst nie in den Urlaub fahren. Als wir in Italien angekommen sind, hat sie dann natürlich gemerkt, wieso ich wegwollte (lacht). Und dann ging es darum, einen Geschäftspartner zu überzeugen. Aber ihm waren unsere Flaschen zu groß, das eine Bier zu leicht, das andere zu herb. Zum Glück hatte ich eine 0,33er-Bügelflasche dabei. Die wollte er haben. Und dann haben wir uns auf einen Geschmack zwischen den zwei Bierproben geeinigt. Das ist die Entstehungsgeschichte von meinem Baby, dem „Reutberger Original.

Heimatbezug wichtig

All solche Geschichten liegen jetzt vor Ihnen, Herr Hochwind. Auf was freuen Sie sich am meisten?

Hochwind: Einfach auf alles. Und natürlich auf viele neue Kontakte und Personen, mit denen wir zusammenarbeiten dürfen.

Haben Sie, Herr Maerz, Tipps, die Sie ihrem Nachfolger an die Hand geben können?

Maerz: Er hat den Vorteil, dass er gut in der Region verwurzelt ist und weiß, was hier wichtig ist. Man muss nämlich mit den Menschen reden, anders geht‘s nicht. Ansonsten wünsche ich ihm Gelassenheit und Standhaftigkeit. Das ist schon a großes Packerl, das er tragen muss.

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