Klosterbrauerei Reutberg: Vorstandsvorsitzender Maerz hört nach 15 Jahren auf

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Will seinen Nachfolger noch einarbeiten: Vorstandsvorsitzender August Maerz. © Krinner

Die Brauereigenossenschaft Reutberg stellt sich neu auf. Bei der Generalversammlung auf dem Josefifest kündigte Vorstandsvorsitzender August Maerz seinen Rückzug an.

Sachsenkam – Ein neuer hauptamtlicher Vorstand, eine Gegenkandidatur, eine schriftliche Abstimmung: Die Generalversammlung der Brauereigenossenschaft Reutberg war gespickt mit Überraschungen.

Klosterbrauerei Reutberg im Wandel: Vorstandsvorsitzender August Maerz zieht sich zurück

Es tut sich was in der Klosterbrauerei. Das wurde am Dienstagabend bei der Generalversammlung der Brauereigenossenschaft deutlich. Bei den Neuwahlen zum Vorstand schied Dritter Vorstand Stefan Höpfl turnusmäßig aus, stellte sich aber zur Wiederwahl. Völlig unerwartet, so schien es, meldete sich aus dem Kreis der Versammlungsteilnehmer ein Gegenkandidat: Georg Kreidl aus der Jachenau stellte sich vor und appellierte an die Genossen, ihm ihre Stimme zu geben. Nachdem der Vorstandsvorsitzende August Maerz nicht bereit sei, zurückzutreten (und nach dem Genossenschaftswahlrecht heuer auch nicht zur Wahl stand), müsse er sich eben gegen Höpfl positionieren, so Kreidl.

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Er habe früher selbst mehrere Jahre für die Brauerei gearbeitet und zuletzt bei Gesprächen mit Genossen und der Belegschaft herausgehört, dass die Brauerei-Führung an ihrem Standort nichts mehr investiere, weil sie den Betrieb wohl weg vom Kloster in das Sachsenkamer Gewerbegebiet umsiedeln wolle. Dort wäre die Anlage „nur noch eine Halle.“ Sollte er gewählt werden, würde er sich dafür einsetzen, so der 37-Jährige, „dass die Brauerei am Kloster bleibt“.

Der Kritik von Georg Kreidl (re.) trat Aufsichtsratsvorsitzender Hans Erhard entschieden entgegen.
Der Kritik von Georg Kreidl (re.) trat Aufsichtsratsvorsitzender Hans Erhard entschieden entgegen. © Krinner

Aufsichtsrats-Vorsitzender Hans Erhard wollte diese Darstellung nicht unwidersprochen lassen. Man habe in den vergangenen 20 Jahren „x Millionen“ in die Brauerei gesteckt und ein Grundstück im Gewerbegebiet gekauft, um Lagerkapazitäten und Logistik voranzubringen. Kreidls Behauptung sei aus der Luft gegriffen, „sonst hätten wir in den vergangenen 20 Jahren umsonst gearbeitet“.

Reutberg: Vorstandsvorsitzender führt gesundheitliche Gründe an

Die nun satzungsgemäß erforderliche schriftliche Wahl brauchte aufgrund der anwesenden 1426 Wahlbrechtigten etwas Zeit. Das Ergebnis: 920 der abgegebenen Stimmen gingen an Höpfl, 325 an Kreidl, 48 waren ungültig.

Mehr als 1400 Genossen füllten am Dienstagabend das Festzelt auf dem Reutberg.
Mehr als 1400 Genossen füllten am Dienstagabend das Festzelt auf dem Reutberg. Weil es bei der Vorstandswahl einen Gegenkandidaten gab, mussten sie schriftlich abstimmen. Das dauerte seine Zeit. © Hias Krinner

Während der Auszählung wurde die Tagesordnung weiter abgearbeitet. Der Reichersbeurer Bürgermeister Ernst Dieckmann wurde erneut in den Aufsichtsrat gewählt. Überdies wurde Bürgermeister Benedikt Pössenbacher aus Bichl als neuer Aufsichtsrat vorgeschlagen und gewählt, um – die nächste Überraschung – den frei werdenden Platz von Klaus Hochwind zu füllen, der vom Aufsichtsrat in den Vorstand wechselte. Und nicht nur das: Der Aufsichtsrat habe Hochwind als hauptamtlichen Vorstand bestellt, gab Wahlleiter Erhard Gschrey vom Genossenschaftsverband bekannt. Hochwind ist somit Nachfolger von August Maerz, der – für viele Genossen wohl Überraschung Nummer drei – sein Amt aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich abgeben wollte. Er habe seinen Posten am Reutberg immer gern und mit Leidenschaft ausgeübt, sagte Maerz und zählte etliche Meilensteine, Aufgaben und Arbeitseinsätze aus seinen 15 „Dienstjahren“ auf, in deren Verlauf die Brauerei stets positive Ergebnisse habe erzielen können.

Klaus Hochwind folgt August Maerz

Mit Klaus Hochwind bekomme die Brauerei einen hauptamtlichen Vorstand in Teilzeit. „ Zeit is‘ worn dafür, denn a Firma mit am Umsatz von 4,3 Millionen Euro und 20 Mitarbeitern kann man eigentlich nicht ehrenamtlich führn“, konstatierte Maerz. Er werde seinen Nachfolger noch einarbeiten. Hochwind, von Beruf Vertriebsleiter eines Energieversorgers, vormaliger Leiter der Reichersbeurer Musikkapelle, Chef des Reichersbeurer Faschingszugs und seit 2020 Gemeinderat, verwies auf das auch für den Reutberg geltende Motto „Gemeinsam sind wir stark.“

Klaus Hochwind ist der erste hauptamtliche Vorstand der Brauerei.
Klaus Hochwind ist der erste hauptamtliche Vorstand der Brauerei. © mk

Bei all diesen Personalien wurde der Geschäftsbericht für 2024 beinahe zur Nebensache. Es sei ein schwieriges Jahr gewesen mit witterungsbedingten Fest-Absagen und relativ wenigen Biergarten-Tagen, führte Geschäftsführer Stefan Höpfl aus. Als Folge sei der Fassbier-Absatz zurückgegangen, der Flaschenbier-Verkauf leide unter der Billig-Konkurrenz. Eine Steigerung habe es beim Containerbier gegeben. Der Gesamtausstoß inklusive der Handelsware betrug 29 200 Hektoliter. Trotz des Rückganges konnten laut Höpfl ähnlich dem Vorjahr ein Umsatzerlös von fast 4,5 Millionen Euro und ein Gewinn von 76 500 Euro erwirtschaftet werden. Für Investitionen summierten sich rund 100 000 Euro Ausgaben.

Die besten Sprüche vom Reutberg

Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds.
Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds. © mk

„Deutschland beneidet Sachsenkam. Wegen seiner Brauerei natürlich, aber nicht nur. Nein: Sachsenkam hatte noch nie eine Ampel. Das politische Berlin wünscht sich: Lass uns sein wie Sachsenkam...!“ (Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes)

„Die Ampel ist Geschichte. Jetzt ist März, also, der 18.“ (Lothar Ebbertz)

„Als Brauereibesitzer und somit mittelbare Alkoholproduzenten, die wir Genossen ja alle irgendwie sind, stehen wir in der gesellschaftlichen Anerkennung etwa auf dem moralischen Niveau eines Streubombenherstellers oder Mädchenhändlers.“ (Lothar Ebbertz)

„Eine Fachkommission schlägt einen landesweiten jährlichen Tag oder sogar eine ‚Woche der Einsamkeitsprävention‘ vor. Wie wäre es stattdessen mit einem wöchentlichen Stammtisch? In Sachsenkam nennt sich diese Einsamkeitsprävention ‚Josefifest‘.“ (Lothar Ebbertz)

„Mit Blick auf die schwierigen Prognosen für die heimische Brauwirtschaft und die leichten Absatzverluste der Klosterbrauerei braucht der Reutberg die ,Zeitenwende‘ am Abendbrottisch und den ,Doppelwums‘ am Tresen.“ (Lothar Ebbertz)

„Widersagt der billigen Versuchung. Sagt ja zu unseren Klosterbieren! Wenn schon nicht immer, dann zumindest immer öfter.“ (Lothar Ebbertz)

„Mir ham scheinbar de letztn drei Jahr an Bundeskanzler mit fortgeschrittenem Alzheimer-Syndrom ghabt. Er kennt weder die Warburgbank noch den Herrn Olearius. Und er konn se aa nimmer erinnern, dass er de Gastwirte vasprocha hot, dass de 7 % Mehrwertsteuer in da Gastronomie erhoitn bleibn.“ (August Maerz, Genossenschafts-Vorsitzender)

„I hob ma den Spruch von am ehemaligen Goaßara Pfarrherrn zu Herzen gnomma, der gsogt hot ‚A schiacha Pfarrer und a dürrer Bräu verschandeln ‚s ganze Dorf.‘ I hob in meine 15 Amtsjahre 30 Kilogramm zuagnomma, denn i wollt‘ ja net ‚s Dorf verschandeln.“ (August Maerz)

„Mei Figur hot den Vorteil, dass ma net so gfoitrat ausschaugt. Es hoaßt ja, mit 40 muasst di entscheiden, entweder fürn Orsch oder fürs Gsicht.“ (August Maerz)

„Aus Sicherheitsgründen ist beim Muafaz in Tölz ‚s Bier net wia bei olle andern Maschkerazüg‘ in Mehrwegflaschen, sondern in zehntausende Einwegbecher und Büchsen ausgebn worn. Und dees bei einem Ratsgremium, wo an Haufn Greane am Tisch sitzn. Do passt der Spruch: ‚Chappi is fürn Hund und de Greana san für d‘ Katz‘.“ (August Maerz)

Hatte zu Beginn der Versammlung Aufsichtsrats-Vorsitzender Hans Erhard mit deutlichen Worten darauf hingewiesen, dass an der Generalversammlung regelkonform nur Mitglieder teilzunehmen hätten, endete der Abend auch für die zahlreichen Ehrengäste, darunter Landtagspräsidentin Ilse Aigner, wie immer vergnüglich mit witzig-ironischen Betrachtungen von Brauerbund-Geschäftsführer Lothar Ebbertz. (Rosi Bauer)

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