Migrationspläne von Habeck und Merz: In zentralem Punkt könnten sie kaum unterschiedlicher sein
Habeck antwortet mit einem eigenen Vorstoß auf das Sofortprogramm der Merz-CDU. In diversen Punkten herrscht überraschende Einigkeit – doch bei einem Theme stehen sich beide gegenüber.
Berlin – Der Messerangriff in Aschaffenburg und seine politische Folge im Bundestag ziehen weiter ihre Kreise. Friedrich Merz und seine CDU beschlossen auf ihrem Parteitag am 3. Februar ein Sofortprogramm, das auch den umstrittenen Fünf-Punkte-Plan des Kanzlerkandidaten enthält.
Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck antwortete seinerseits mit einem Plan für eine Sicherheitsoffensive in Deutschland und stellt dafür zehn Forderungen auf. Beobachter sehen in den Vorschlägen bereits einen letzten Versuch, um eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl 2025 doch noch zu ermöglichen. Doch auch wenn die Vorschläge von Habeck und Merz gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen, unterscheiden sie sich vor allem in entscheidenden Punkten. Ein Vergleich:
Asylpläne von Habeck und Merz: Mehr Geld für die Bundespolizei – Einigkeit in diversen Punkten
Auch wenn gerade in den Reihen der CSU die Migrations- und Sicherheitspolitik der Grünen immer wieder als Paradebeispiel gegen eine schwarz-grüne Koalition hervorgeholt wird, dürfte die Merz-Union bei einigen Punkten aus Habecks Forderungen zumindest im Kern zustimmen. So fordert der Vizekanzler in seinem Zehn-Punkte-Plan mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden in Deutschland und mehr Geld für die Bundespolizei.
Diese Forderungen waren auch Teil des umstrittenen Zustrombegrenzungsgesetzes der Union, das im Bundestag knapp eine Mehrheit verpasste. Da eine weitere Verfolgung des Gesetzentwurfs auch im Sofortprogramm der Union erwähnt würde, dürften Habeck und Merz sich zumindest in diesem Punkt einig sein. Grundlegende Einigkeit zwischen den beiden Kanzlerkandidaten dürfte es auch bei der vom Wirtschaftsminister geforderte Kooperationspflicht für die Sicherheitsbehörden von Land und Bund und einer psychischen Untersuchung von Asylsuchenden schon bei der Erstuntersuchung geben. Auch wenn diese Punkte nicht explizit im Fünf-Punkte-Plan und im Entwurf des Zustrombegrenzungsgesetzes auftauchen.
Hoffnungen auf Schwarz-Grün? Habeck macht in Zehn-Punkte-Programm Zugeständnisse an Merz
Als ein Kernproblem der aktuellen Migrationspolitik macht Habeck in seinen Forderungen ein Vollzugsdefizit in Deutschland aus und fordert deswegen die konsequentere Abschiebung von Gefährdern oder Schwerkriminellen. In seinem Papier schreibt Habeck dazu: „Wir brauchen eine Vollstreckungsoffensive mit Schwerpunkt auf Islamisten und anderen Extremisten.“ Auch wenn Union und Grüne deutlich unterschiedliche Meinungen über die dem Problem zugrundeliegenden Ursachen haben dürften, herrscht auch hier Einigkeit.
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In seinem Fünf-Punkte-Plan fokussiert sich Merz auf ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder und fordert für diese einen zeitlich unbefristeten Ausreisearrest. Auch Habeck fordert in seinem Plan, dass man diese Menschen im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen in Haft nehmen sollte. Ein Punkt, der sich zwar im Ton von der Merz-Forderung unterscheidet, jedoch als eine Art Zugeständnis an den CDU-Chef mit Blick auf eine schwarz-grüne Koalition verstanden werden kann.
Ebenso fällt auf, dass das Thema Familiennachzug in Habecks Papier keine Beachtung findet, obwohl auf dem Parteitag der Grünen dazu noch ein Beschluss getroffen wurde. Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ist wiederum einer der Punkte aus dem gescheiterten Gesetzentwurf der Union.
Entscheidender Unterschied zwischen Habeck und Merz beim Thema Grenzkontrollen
So weit, so einig. Doch die großen Unterschiede in den Forderungen von Merz und Habeck vor der Bundestagswahl werden vor allem mit Blick auf die Grenzen deutlich. In seinem Fünf-Punkte-Plan fordert Merz dauerhafte Kontrollen an den deutschen Außengrenzen. In deren Rahmen schlägt der CDU-Chef ein faktisches Einreiseverbot für Menschen ohne gültige Dokumente und damit die Zurückweisung von Menschen an den deutschen Staatsgrenzen vor.
Hier stehen sich CDU und Grüne diametral gegenüber. Die Grünen beharren auf Grenzkontrollen an der EU-Außengrenze und lehnen die von der Union geforderte Schließung der deutschen Grenze kategorisch ab. Habecks Partei sieht im Merz-Vorstoß einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. Der Grünen-Politiker forderte stattdessen die konsequentere Anwendung der Dublin-Regeln, wonach Asylsuchende ihren Antrag in dem Land stellen müssen, indem sie zuerst EU-Boden betreten haben. Verstößen durch andere EU-Länder gegen die Regelung will Habeck mit rechtlichen Schritten entgegentreten.
Programme im Vergleich: Habeck pocht auf EU-Lösung – Merz will Grenzkontrollen für Deutschland
„Wir können nur dann unseren europäischen Partnern gegenüber hart auf die Einhaltung von Europarecht pochen, wenn wir uns selbst daran halten“, zitiert die Bild-Zeitung aus Habecks Papier – eine deutliche Absage an die Grenzpläne der Union. Habeck und seine Partei fordern deswegen die Verabschiedung von GEAS, der Reform des Gemeinsamen europäischen Asylsystems, die jedoch bislang von Union im Bundestag abgelehnt wurde.
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Schwarz-Grün nach der Bundestagswahl? Entscheidender Unterschied bleibt bestehen
Die sogenannte Sicherheitsoffensive müsse „unter Demokraten verhandelt werden – nicht mit Rechtsextremisten und nicht unter der Androhung von Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten“, sagte Habeck der Bild-Zeitung mit Blick auf Merz’ Vorstöße aus der vergangenen Woche. Mit einigen seiner Punkte könnte der Wirtschaftsminister den Weg zu möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union etwas ebnen.
Dennoch bleiben die Differenzen beim Thema Grenzschutz unübersehbar. Gerade diese könnten sich als ausschlaggebend erweisen, da Merz bereits bei der Ankündigung seines Fünf-Punkte-Plans bekräftigt hatte: „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. Ich gehe keinen anderen“. (fd)