Trotz Warnungen: Mehrheit der deutschen Unternehmen für Strafzölle auf E-Autos gegen China
Die EU-Kommission entscheidet bald über mögliche Strafzölle gegenüber China. Der Großteil der deutschen Unternehmen hält dies für richtig, wie eine Umfrage zeigt.
Köln – Die oftmals niedrigeren Preise chinesischer Firmen zwingen westliche Regierungen zu umstrittenen Maßnahmen. Die EU-Kommission will mit Strafzöllen auf chinesische E-Autos wegen der Gefahr für den europäischen Wirtschaftsraum reagieren. Wie eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nun bestätigt, sprechen sich Unternehmen mehrheitlich für eine solche Maßnahme aus. Dies berichtet das Handelsblatt am 11. Juni.
Reaktion auf mögliches Preisdumping: Zölle als protektionistische Maßnahme?
Laut IW-Umfrage sagten über 80 Prozent der deutschen Unternehmen, dass sie die Zölle „gerechtfertigt“ oder „teilweise gerechtfertigt“ hielten, sollte die EU-Kommission zu dem Schluss kommen, dass die Fahrzeuge auf unlautere Weise subventioniert würden. Dafür wurden 900 inländische Firmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen befragt.
Spitzenmanager von BMW, Mercedes und Volkswagen haben davor gewarnt, Importzölle auf Fahrzeuge aus China zu erheben. Die deutschen Autohersteller erwirtschaften in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nach Schätzungen der Analysten der Bank HSBC 20 bis 23 Prozent ihrer Gewinne. Außerdem stammt ein Großteil der Autos, die aus China in die EU importiert werden, von europäischen Herstellern. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich skeptisch.
IW-Ökonom und Autor der Studie, Jürgen Matthes, hält indes dagegen: „Zu oft legen Äußerungen von hochrangigen Politikern nahe, dass sich die EU und Deutschland durch die Nutzung von Antisubventionsmaßnahmen ins Unrecht stellen würden“. Das Gegenteil sei jedoch richtig, fügte Matthes hinzu.
Chinas Wirtschaftsstrategie: Schaffung von Abhängigkeiten auf dem Weltmarkt
Massive Preisunterbietungen seien Teil der chinesischen Wirtschaftsstrategie. Wie die IW-Untersuchung ergab, erachten fast 80 Prozent der befragten Unternehmen mit chinesischen Wettbewerbern, dass sie bei vergleichbaren Produkten von chinesischen Konkurrenten unterboten werden. Die staatlichen Subventionierungen verzerren den Wettbewerb, wie 60 Prozent der Befragten angeben.
Politiker werfen der chinesischen Regierung vor, sich durch dadurch auf dem Weltmarkt zu bereichern. „Wenn andere sich nicht an Spielregeln halten, dann schadet das unserem Wirtschaftsstandort. Und wenn es grobe Fouls gibt, dann müssen wie beim Fußball auch die Konsequenzen gezogen werden“, so Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

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Die asiatische Supermacht investiert seit 2015 enorm in Forschung und Entwicklung in strategisch wichtigen Industrien mit Technologieschwerpunkt. Das Ziel: Unabhängigkeit von ausländischen Kerntechnologien und die Schließung von Wissens- und Technologielücken. China nutze Partnerschaften mit europäischen Industrienationen, so auch Deutschland, um deren Expertise als Sprungbrett zu nutzen, so Experten. Die Subventionierungen würden zur Beschleunigung dieser Entwicklung führen.
Außerdem verschafft sich das Land durch den Ausbau von Infrastrukturnetzen, wie der „Neuen Seidenstraße“ zunehmend einen geopolitischen Vorteil, indem es Rohstoffe und Energiequellen sichert und neue Märkte erschließt. Der Westen ist insbesondere von Rohstoffen, die entscheidend für die grüne Transformation verantwortlich sind, auf China angewiesen. Diese werden so billig angeboten, dass sich die Förderung in anderen Ländern nicht lohnt.
Angst vor Arbeitsplatzverlusten: USA erhöhen Strafzölle gegen chinesische Produkte
Angesichts der wachsenden Bedrohung für Arbeitsplätze im eigenen Land hat die USA bereits mit einem 100-prozentigen Aufschlag auf E-Autos der Volksrepublik reagiert. US-Präsident Joe Biden hat darüber hinaus erhöhte Zölle mitunter für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel verhängt. China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, so die US-Regierung über ihre Entscheidung. Die Exporte von E-Autos aus China seien 2023 um 70 Prozent gestiegen, was eine Gefahr für die Investitionen in anderen Ländern darstelle, hieß es seitens der US-Regierung in der Tagesschau. Auch deswegen braucht die chinesische Wirtschaft den europäischen Markt umso mehr.
Hierzulande zeichnet sich der Befragung des IW nach seitens deutscher Firmen eine ähnliche Angst wie in den Vereinigten Staaten ab. Mehr als ein Drittel der 349 Unternehmen mit chinesischer Konkurrenz droht wegen der verschärften Situation mit Produktionskürzungen – fast jede dritte Firma sogar mit Entlassungen. Bei den 268 Unternehmen des produzierenden Gewerbes drohten fast 50 Prozent Stellenkürzungen in Deutschland. Die Entscheidung der Kommission wird in Kürze erwartet. Mit Reuters