„Interessant, zu sehen, was aus den Besprechungen geworden ist“: Leser begleiten Zeitungs-Konferenz

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Konferenz mit Gästen: Die Redaktionsmitglieder (v. li.) Patrick Staar, Veronika Ahn-Tauchnitz, Vinzent Fischer und Andreas Steppan gewährten den Lesern Lisa Grünwald, Ute Reuter, Armin Wahner und Rainer Lengl Einblicke in ihren Arbeitsalltag. © Arndt Pröhl

Zum Tag des Lokaljournalismus erleben Leser des Tölzer Kurier live mit, wie die Zeitung entsteht. Ein Besuch bei den morgendlichen Konferenzen.

Bad Tölz – Die Zeitung am Frühstückstisch gehört für sie dazu. Wie sich die Seiten aber jeden Tag aufs Neue mit Inhalten füllen, das erlebten am Dienstag vier Kurier-Leser live mit. Ute Reuter, Lisa Grünwald, Rainer Lengl und Armin Wahner waren der Einladung gefolgt, anlässlich des Tags des Lokaljournalismus an der morgendlichen Redaktionskonferenz teilzunehmen.

In dem kleinen Konferenzraum versammeln sich gegen 10 Uhr Redaktionsleiterin Veronika Ahn-Tauchnitz, die Redakteure Patrick Staar und Andreas Steppan, Volontär Vinzent Fischer, Fotograf Arndt Pröhl und Praktikantin Johanna Lärcher. Redakteurin Felicitas Bogner hat an diesem Tag erst später Dienst. Sie wird am Abend die Wackersberger Gemeinderatssitzung besuchen – ihr Arbeitstag verschiebt sich nach hinten.

Jeden Abend ein fertiges Produkt

Generell, so erklärt Ahn-Tauchnitz auf eine Frage von Leser Wahner, ist in der Redaktion Feierabend, wann die Zeitungsseiten für den folgenden Tag fertig sind. „Wir müssen jeden Abend ein fertiges Produkt haben.“ Die letzte Frist zur Freigabe der Seiten liege je nach Tag zwischen 17.30 und 23.30 Uhr. Späte Andruckzeiten würden zum Beispiel ermöglicht, um noch aktuelle Sportergebnisse zu veröffentlichen. Wann die jeweilige Lokalausgabe in Druck geht, hänge auch davon ab, wie weit das Zustellgebiet vom Druckhaus in Penzberg entfernt sei. Je weiter die Zeitungen transportiert werden müssen, desto früher müssen sie auf die Reise gehen. „Denn die Abonnenten wollen ihre Zeitung um 5 oder 6 Uhr im Briefkasten haben.“

Zeitungs-Zusteller werden händeringend gesucht – über 2500 für den Merkur im Einsatz

„Die Zustellung ist sicher eine große Herausforderung“, meint Wahner. Er selbst habe in Bad Heilbrunn aber einen „sehr zuverlässigen Zusteller“. Ahn-Tauchnitz räumt ein: „Zusteller werden immer händeringend gesucht.“ Merkurweit seien über 2500 Zustellerinnen und Zusteller frühmorgens bei Wind und Wetter im Einsatz.

Dass die Abläufe an jedem Tag anders sind, erleben die Redaktionsbesucher sofort mit. Noch bevor die Morgenkonferenz richtig begonnen hat, müssen Ahn-Tauchnitz und Fotograf Arndt Pröhl nach Lenggries aufbrechen: Dort wird um 10.30 Uhr der künftige Name des renovierten ehemaligen Brauneckhotels in Lenggries bekannt gegeben. Das Thema ist für die Isarwinkelseite des folgenden Tages gesetzt.

In der Konferenz fragt jetzt der stellvertretende Redaktionsleiter Andreas Steppan bei den Kollegen ab, an welchen Themen sie gerade arbeiten. Patrick Staar porträtiert eine Tölzer Hammerwerferin, die sich für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert hat. Vinzent Fischer berichtet, dass er auf der Homepage der Gemeinde Bad Heilbrunn gesehen hat, dass Pächter für das Kräuterbistro und für einen Kiosk in Hohenbirken gesucht werden. Staar will zu beidem nachforschen. Fischer recherchiert, wer bei der Kommunalwahl 2026 in Benediktbeuern für das Bürgermeisteramt kandidiert.

Konferenz mit anderen Außenredaktionen

Mittlerweile ist es 10.30 Uhr: Pünktlich muss sich Steppan jetzt in eine Videokonferenz mit den Vertretern der anderen 17 Merkur-Außenredaktionen einwählen. Bernd Ernemann, Chefredakteur der Außenredaktionen, berichtet kurz, welche Themen für den überregionalen Teil des Merkur geplant sind. Dann fragt er bei einer Lokalredaktion nach der anderen ab, ob es bei ihnen Themen gibt, die auch die Leser des überregionalen Bayern-Teils interessieren könnten. Die vier Kurier-Besucher erhaschen so über den Bildschirm auch einen Blick in die weiteren Merkur-Außenstellen zwischen Freising und Garmisch-Partenkirchen, Ebersberg und Weilheim.

Doch wie genau setzt sich aus den Informationen aus diesen Besprechungen die Zeitung von morgen zusammen? Das sei ein gewisses Puzzle-Spiel, sagt Steppan. Neben Artikeln, die aktuell entstehen, gibt es auch Texte, die „auf Vorrat“ lagern, ausgedruckt und nach Ressorts in Schubladen-Kisten in der Mitte der Redaktion sortiert.

Zufall hilft bei der Recherche

Hier liegt auch ein fertiger Text von Vinzent Fischer über die weiteren Schritte auf dem Tölzer Moraltareal vor. Über mehrere Wochen habe er versucht, den Investor Thomas Scherer telefonisch oder per E-Mail zu erreichen, erzählt der Volontär. Bis Fischer eines Tages in der Mittagspause in die Marktstraße ging, um etwas zu essen zu kaufen, und dort zufällig auf Scherer traf. Diese Gelegenheit zum Interview ließ er sich nicht entgehen.

„Und was passiert, wenn ich einen Bericht und ein Foto an die Redaktion schicke?“, fragt Ute Reuter. Die Tölzerin engagiert sich im Verein „Alt und selbständig“ und übermittelt manchmal Informationen zu den Aktivitäten. „Dann bearbeitet ein Redakteur den Text, bringt alles in Form, druckt ihn aus und legt den Artikel erst mal in eine der Kisten“, antwortet Steppan. Bis bei der täglichen Zusammenstellung der Seiten das passende Eckerl dafür frei ist, könne es auch mal ein paar Tage dauern.

Während des Gesprächs tritt Redaktionssekretärin Ines Gokus dazu. Ein Anrufer habe sich soeben beschwert, dass im Bericht über einen Einsatz der Wasserwacht Walchensee etwas nicht nach seinen Vorstellungen dargestellt war. „Auch Beschwerden gehören zum Alltag“, sagt Steppan. „Gerade bei Unfallberichten gibt es immer wieder einen Beteiligten, der den Ablauf anders wahrgenommen hat. Wir können dann nur sagen: Wir beziehen uns auf die neutralen Informationen der Polizei, die wir jeden Tag per E-Mail aus der Inspektion bekommen.“ Im Fall des jetzt monierten Einsatzberichts sieht Lisa Grünwald, selbst bei der Wasserwacht aktiv, keinen inhaltlichen Fehler.

Wunsch nach positiven Nachrichten

Die Besuchergruppe schaut nun Vinzent Fischer über die Schulter. Er hat am Bildschirm gerade ein Analysetool im Blick, das anzeigt, welche Artikel auf der Internetseite des Tölzer Kurier gerade wie oft angeklickt werden. Für das Kurier-Team ist es längst selbstverständlich, auch die Online-Ausgabe und die Sozialen Medien zu bespielen. „Das ist sehr wichtig, um unsere Leser dort zu erreichen, wo sie sind“, sagt Fischer. Viele informieren sich über das lokale Geschehen lieber am Handy, zum Beispiel im Zug zur Arbeit.

Tag des Lokaljournalismus
Am Donnerstag, 15. Mai, veranstaltet unsere Mediengruppe erstmalig den Tag des Lokaljournalismus. © MM

Lisa Grünwald hat zum Schluss noch inhaltliche Anregungen. „Eine feste Rubrik mit einer positiven Nachricht, das wäre schön“, sagt sie. „Gerade montags könnte man das gut gebrauchen.“ Sehr interessiert lese sie die Rubrik „Erinnern Sie sich noch?“ mit Zeitungsmeldungen von vor 50, 25 und 10 Jahren. „Oft wüsste ich gerne, wie sich die Geschichten in den Jahren danach weiterentwickelt haben“, sagt Grünwald.

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Nach etwa zwei Stunden verabschieden sich die Leser. Spannend fanden Sie nicht nur den Einblick in den Redaktionsalltag – sondern auch den Blick in die Zeitung am Folgetag. Ute Reuter schreibt am Mittwoch per E-Mail: „Es ist interessant, zu sehen, was aus den Besprechungen geworden ist.“

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