Tölzer Gruppe der Anonymen Alkoholiker wird 40: „Richtige Genesung gibt es nur, wenn man sich freispricht“
Die Tölzer Gruppe der Anonymen Alkoholiker feiert ihr 40-jähriges Bestehen. Jeder, der mit dem Trinken aufhören will, ist in der Gruppe willkommen.
Bad Tölz – Alkoholismus ist eine Krankheit, von der sich die Betroffenen nur schwer lösen können und mit der sie ihr Leben lang zu kämpfen haben. Unterstützung finden sie in den Gruppen der Anonymen Alkoholiker, kurz AA. Das sind Menschen, die sich selbst eingestanden haben, dass der Alkohol für sie zum Problem geworden ist und die sich gegenseitig dabei helfen, nüchtern zu werden und zu bleiben. Jeder, der den echten und eigenen Wunsch hat, mit dem Trinken aufzuhören, ist in der Gruppe willkommen. Die Gruppen gibt es weltweit, auch in Bad Tölz finden verschiedene Treffen statt. Dort erfahren die Teilnehmer Hilfe zur Selbsthilfe.
Anonyme Alkoholiker: Jeder ist gleich
Die sogenannte Donnerstagsgruppe, die seit vielen Jahren im Pfarrheim Heilige Familie stattfindet, feiert im März ihr 40-jähriges Bestehen. Jede Woche können Betroffene dort zusammenkommen und über ihre Situation sprechen – wenn sie das wollen. „Richtige Genesung gibt es nur, wenn man sich freispricht“, sagt Olaf, der selbst seit 35 Jahren zu den Gruppentreffen geht und seit 35 Jahren trockener Alkolholiker ist. Auch sein Mitstreiter Günther weiß, wie wichtig die AA sind: „Das Verständnis in der Gruppe ist viel größer, denn man muss sich nicht erklären. Jeder weiß, wie es einem geht, aus eigener Erfahrung.“
Bei den Treffen wird nicht gewertet, nicht unterschieden, jeder ist gleich, egal, welches Geschlecht, welches Alter, welcher Beruf oder sozialer Stand. Was erzählt wird, wird nicht nach außen getragen. Außerdem gibt es wertvolle praktische Tipps, wie sich beispielsweise der „Saufdruck“ mindern lässt oder man das angebotene Gläschen klar ablehnt. „Das muss nicht für jeden passen, aber es ist gut, solche Dinge zu wissen“, erklärt Olaf. „Die AA sind wie ein Selbstbedienungsladen, aus dem man mitnimmt, was man braucht.“
Das erste Treffen der Donnerstagsgruppe fand im März 1984 statt
Das erste Meeting der Donnerstagsgruppe fand im März 1984 statt. Ein paar Jahre zuvor hatte sich bereits eine andere Gruppe gegründet. Heute gibt es drei Gruppen an drei unterschiedlichen Wochentagen, außerdem offene Treffen, an denen auch Angehörige und Freunde der Alkoholkranken teilnehmen können. „Allein durch das Anhören der anderen Geschichten lernt man sehr viel“, erzählt Günther. Er hatte sich selbst nach einem viermonatigen stationären Entzug „mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat“, sich als Alkoholiker zu bezeichnen. Erst die regelmäßigen Besuche der Gruppe haben ihm die Augen geöffnet. „Mir kamen so viele Dinge bekannt vor, die die anderen erzählt haben“, erinnert er sich. „Und irgendwann wurde mir klar: Ich bin genauso.“ Damit begann sein neues, trockenes Leben.
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Olaf wiederum erzählt, dass sich mit dem Ende des Trinkens erst ein großes Loch auftat, das er füllen musste. Plötzlich hatte er sehr viel Zeit. „Und da entdeckt man auf einmal völlig ungeahnte Potenziale in einem selbst. Was man in Bezug auf den Alkoholismus gelernt hat, kann man übrigens auch auf das restliche Leben anwenden.“
Meine news
Neue Mitglieder sind willkommen – keine Anmeldung erforderlich
Die beiden Männer, die im wirklichen Leben natürlich anders heißen, freuen sich, wenn betroffene Menschen den Weg in die Gruppe finden. Übrigens gibt es auch im Urlaub oder auf Dienstreisen immer die Möglichkeit, vor Ort an Treffen teilzunehmen. Niemand muss sich anmelden. Egal, ob Feiertag oder Ferien, die Treffen finden jede Woche statt
Momentan sind es etwa sechs Leute, die sich donnerstags treffen. Jeder, der für sich erkannt hat, dass er Hilfe braucht, ist willkommen. Eine Feier zum 40-jährigen Bestehen ist für den Herbst geplant – in Form einer offiziellen Informationsveranstaltung. Das genaue Datum wird noch bekannt gegeben. (ig)
Weitere Infos
Die AA-Gruppen treffen sich dienstags um 20 Uhr in der Franzmühle, mittwochs um 19 Uhr in der Krankenpflegeschule der Asklepios-Stadtklinik und donnerstags um 19 Uhr im Pfarrheim Heilige Familie. Dort findet zudem jeden zweiten Donnerstag im Monat ein offenes Treffen statt, zu dem auch Angehörige und Freunde der Betroffenen kommen können. Auf der Homepage www.anonyme-alkoholiker.de gibt es zusätzliche Informationen.
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