Hamburg will früher fertig werden – fünf Jahre früher als geplant: Schon 2040, nicht erst 2045, soll die Stadt klimaneutral sein. Das ist das Ergebnis des „Hamburger Zukunftsentscheids“.
303.936 Hamburgerinnen und Hamburger sagten „Ja“, das sind 53,2 Prozent. 46,8 Prozent – also 267.495 Menschen – votierten dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,6 Prozent. Für eine Volksabstimmung dieser Art ist das ein bemerkenswerter Wert.
Hamburger Beispiel zeigt: Bürger geben eine Antwort
Zunächst also: Glückwunsch, liebe Hamburger! Ihr habt euch getraut. Ihr habt bewiesen, dass direkte Demokratie in Deutschland funktionieren kann, wenn man die Menschen lässt. Ein solches Beteiligungsniveau, ein derart ernstzunehmendes Quorum – das ist keine Selbstverständlichkeit.
Das Hamburger Beispiel zeigt: Man kann Bürgerinnen und Bürger fragen, und sie geben sogar eine Antwort. Das schafft Vertrauen, es belebt das politische Miteinander. Hamburg hat vorgemacht, wie Demokratie klingen kann, wenn sie ihre Stimme erhebt.
Und doch bleibt ein schaler Nachgeschmack. Denn wer nicht in Hamburg wohnt, kratzt sich nun am Kopf: Wenn die Stadt schneller klimaneutral werden will – wer fängt dann draußen das ab, was drinnen nicht mehr geht?
Wer baut die Gaskraftwerke, die anspringen, wenn der Wind sich legt und die Sonne Pause macht? Wer sorgt für den Strom, wenn Hamburg ihn braucht, aber selbst keinen mehr erzeugt?
Klimaneutralität ist kein lokales Thema
Diese Fragen führen mitten hinein in die Logik solcher Volksentscheide. Denn was lokal beschlossen wird, hat oft überregionale Folgen. In Zürich hat man das gerade erlebt: Dort wurde über denselben Punkt abgestimmt – und die Bürger sagten „Nein“ zu einem ehrgeizigeren Klimaplan.
Warum? Weil der gesamte Kanton abstimmte, nicht nur die Stadt. Während die Städter fürs Klima brannten, schüttelten die Landbewohner verständnislos den Kopf.
Und da liegt der Kern: Klimaneutralität ist kein lokales Thema. Sie endet nicht an der Elbbrücke, und sie beginnt nicht am Rathausmarkt. Wer in Hamburg beschließt, schneller CO₂-frei zu sein, kann damit das Klima kaum retten – aber durchaus eigene Probleme schaffen.
Was, wenn künftig der Schweröl-Frachter unter Panama-Flagge lieber nach Rotterdam fährt, weil Hamburg zu teuer wird? Was, wenn Airbus Investitionen in Hamburg scheut und sie stattdessen nach Toulouse verlagert?
Hamburger Entscheid offenbart eine große Schwäche
Oder wenn der Ferienflieger, der das Klimaziel gefährden würde, nicht in Hamburg, sondern in Hannover startet – und 320 Hamburger mit dem Auto mal eben rüberfahren? Das Klima applaudiert nicht, es zuckt mit den Schultern.
Unterm Strich: Hamburg hat den Elfmeter verwandelt – aber leider ins eigene Tor getroffen. Der Wille zur Beteiligung, der Mut zum Wagnis: stark. Doch die Logik des Themas hat die Hanseaten überlistet. Über Klimaneutralität lässt sich nicht lokal abstimmen. Sie ist, ob man es will oder nicht, eine Mannschaftsaufgabe – und Hamburg hat nur ein Solo hingelegt.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit "Business Punk".