Der Haushaltsstreit in der Ampel-Koalition flammt erneut auf. Lindners Prüfung führte zu rechtlichen Bedenken. SPD und Grüne reagieren empört.
Berlin – Wegen einer Prüfung der Haushaltspläne für 2025 ist der Haushaltsstreit in der Ampel-Koalition wieder in vollem Gange. Eigentlich war der Kompromiss zwischen SPD, den Grünen und FDP schon geschlossen. Die „Sicherheit durch Zusammenhalt“, der damals verkündigt wurde, hat lediglich vier Wochen gehalten.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den Haushaltsentwurf rechtlich und wirtschaftlich prüfen lassen, nachdem die Ampel ihren Kompromiss bereits verkündet hatte. Wochenlang wurde beraten, um eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro zu stopfen. Lindners Prüfung ergab jedoch zwei rechtliche Risiken: die anderweitige Nutzung von übriggebliebenen 4,9 Milliarden Euro der Förderbank KfW für die Gaspreisbremsen und die Planung, Darlehen statt Zuschüsse an die Autobahngesellschaft zu zahlen.
Grünen und SPD kritisieren Finanzminister Lindner – Bundeskanzler Scholz soll regeln
„Der rechtliche und finanzpolitische Spielraum dafür ist gegeben. Das bestätigt auch das Rechtsgutachten“, betonte der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch gegenüber der Rheinischen Post. „Er stellt die Einigung einseitig in Frage, ohne Absprache in der Koalition, ohne Verständigung auf einen gemeinsamen Weg.“ Der Bundeskanzler Olaf Scholz müsse dafür sorgen, dass „ein vereinbarter Kompromiss von allen in der Koalition getragen wird.“
Auch der SPD-Haushaltsexperte Achim Post mahnte laut der Bild: „Unser Staatshaushalt darf kein Sparhaushalt sein, sondern muss die soziale, innere und äußere Sicherheit sichern und unverzichtbare Investitionen schaffen.“ Der Finanzminister sei jetzt am Zug, die angedachten Maßnahmen zur Schließung der Haushaltslücke gemeinsam mit der gesamten Bundesregierung zu bewerten. Die SPD erwarte dazu „konstruktive Lösungsvorschläge, die rechtlich gut tragbar sind“. Gegenüber dem RND forderte Post „gezielter Ausnahmen“ von der Schuldenbremse.
„Sich jetzt hinter vermeintlichen oder tatsächlichen Gutachten zu verschanzen und zu sagen, war alles nicht so gemeint, ist kein guter Stil“, sagte der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert im ARD. Dies gelte erst recht für die Veröffentlichung, während sich der Kanzler im Urlaub befinde. „Das kann man nur als Selbstvermarktung begreifen.“
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Lindner verteidigt Haushaltsprüfung – und erinnert an Malheur vom Haushalt 2024
Im ZDF-Sommerinterview verteidigte Lindner sein Vorgehen und erklärte, dass die Überprüfung verschiedener Maßnahmen im Voraus vereinbart wurde. Bereits bei der Präsentation des Haushalts habe er deutlich gemacht, dass unabhängige Fachleute hinzugezogen würden. Der Finanzminister betonte, dass er sich schon einmal auf einen instabilen Koalitionskompromiss eingelassen habe, der später vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde. „Das passiert mir kein zweites Mal“, erklärte der FDP-Vorsitzende nachdrücklich.
Unterstützung erhielt Lindner von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, der die ständigen Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenbremse kritisierte. „Der Schuldenpopulismus von SPD und Grünen wird immer unerträglicher“, sagte Djir-Sarai der Bild. Er betonte, dass der respektvolle Umgang mit den Steuergeldern der Bürger eine sorgfältige Verwaltung der verfügbaren Mittel erfordere. „Diesen Respekt lassen SPD und Grüne leider allzu oft vermissen“, beklagte der FDP-Politiker.
Lindner bezifferte die Finanzierungslücke im Haushalt 2025 auf rund fünf Milliarden Euro. Es sei jedoch noch genügend Zeit vorhanden, um eine tragfähige Lösung zu finden. Er plane, bis Mitte des Monats mit Scholz und Habeck zu beraten. Anschließend soll der Haushaltsentwurf in den Bundestag eingebracht werden, wo eine Entscheidung Ende November erfolgen soll. (lismah/dpa)