„Die CDU hat die AfD verharmlost“: Ramelow rechnet nach Thüringen-Wahl 2024 mit Merz-Partei ab

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Thüringens Ministerpräsident, Bodo Ramelow, bezeichnet sich als „Kampfrentnter“. Nun sieht er sich mit dem Ergebnis der Thüringen-Wahl konfrontiert. (Archivbild) © IMAGO

Schock bei der Thüringen-Wahl 2024: Laut ersten Ergebnissen ist die AfD stärkste Kraft. Wahlverlierer Bodo Ramelow gibt der CDU um Merz eine Mitschuld.

Erfurt – Es war eine Thüringen-Wahl mit ungewissem Ausgang – zumindest bei der Frage nach dem Wahlsieger. Doch bereits im Vorfeld stand fest, dass die bisherige Landesregierung voraussichtlich nicht weitermachen kann. Die vergangenen Jahre hatte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) mit einer Minderheitsregierung den Freistaat angeführt, doch durch das BSW waren seine Aussichten bereits vor der Wahl chancenlos.

Gegenüber IPPEN.MEDIA sagte Ramelow nach dem Ende der Thüringen-Wahl: „Durch eine permanente Gleichstellung mit der AfD hat die CDU uns dämonisiert und so zugleich auch die AfD verharmlost. Das von dem BSW selbstgesteckte Ziel, die AfD in die Schranken zu weisen, war offenkundig ein Hirngespinst.“

Ergebnis der Thüringen-Wahl 2024: Ramelow trotz „großer Beliebtheitswerte“ abgeschlagen

Die Gesetzeslage in Thüringen sieht derweil vor, dass der Ministerpräsident geschäftsführend auch über die Thüringen-Wahl 2024 hinaus im Amt bleiben kann, bis sich die neue Landesregierung zusammengefunden hat. Bezogen auf die Wahlkampfstrategie der CDU sagte Ramelow: „Trotz meiner großen Beliebtheitswerte hat das gegen uns gewirkt. Ich habe hier in Thüringen eine Linke erlebt, die lebt, zusammenhält und intensiv gekämpft hat, wie nie zuvor!“

Dennoch zeigt sich der Linken-Politiker mit dem Ergebnis der Thüringen-Wahl nur bedingt zufrieden: „Im Vergleich zu 2019 ist unser Ergebnis natürlich nicht zufriedenstellend. Aber mit Blick auf unsere Partei im bundesweiten Vergleich ist unser Ergebnis hier in Thüringen trotz schwieriger Lage und mit viel Gegenwind in den letzten Wochen gut.“ Im Wahlkampf vor der Thüringen-Wahl habe Ramelow eine Ich-AG erlebt und „gegen eine immer stärkere werdende AfD“ antreten müssen. „Es ist jetzt hier in Thüringen die Aufgabe aller demokratischen Parteien, sich verantwortungsvoll und schnell in konstruktive Gespräche zu begeben, wie eine demokratische Mehrheit weiterhin für stabile Verhältnisse sorgen kann.“

Thüringen-Wahl beendet: Ramelow lieferte sich bis zuletzt im Wahlkampf hitzigen Schlagabtausch

Der Wahlkampf in Thüringen war bis zuletzt ein hitziger Schlagabtausch um die Themen Bildung, Wirtschaft, Ukraine-Krieg und Migration. Die etablierten Parteien, Vereine, Kirchen und die Wirtschaft mobilisierten vor der Thüringen-Wahl zudem gegen den Aufstieg der AfD. Die Partei wird im Freistaat vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft, ist aber dennoch mit fast einem Drittel der Stimmen quasi Volkspartei. In Thüringen war sie mit ihrem Landeschef Björn Höcke vor der Landtagswahl laut Umfragen auf Kurs, erstmals bei einer Landtagswahl Nummer eins zu werden.

Bei der Landtagswahl in Thüringen ist die AfD laut ersten Prognosen und Hochrechnungen stärkste Kraft mit deutlichem Abstand vor der CDU geworden. Nach den 18-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF liegt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf Platz 3, gefolgt von der Linken und der SPD. Grüne und FDP kommen demnach nicht in den Landtag. Den Prognosen zufolge erreicht die AfD 30,5 bis 33,5 Prozent und gewinnt damit elf Jahre nach ihrer Gründung erstmals eine Landtagswahl – dass sie künftig den Ministerpräsidenten stellen wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Die CDU kommt demnach auf 24,5 Prozent. Das BSW erreicht aus dem Stand heraus 14,5 bis 16,0 Prozent. Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow erzielt 11,5 bis 12,5 Prozent, die SPD 6,5 bis 7,0 Prozent. Die Grünen ziehen mit 4,0 Prozent laut den Prognosen ebenso wenig in den Landtag in Erfurt ein wie die FDP mit 1,0 bis 1,3 Prozent. Rot-Rot-Grün bildeten in den vergangenen Jahren eine Minderheitsregierung – mit teils für sie schmerzvollen Kompromissen und zähen Verhandlungen.

Lage nach Thüringen-Wahl schwierig: Ergebnis stellt Landtag wohl vor Herausforderungen

Nach zehn Jahren Rot-Rot-Grün mit Deutschlands erstem und bisher einzigen Linken-Ministerpräsidenten scheint nun nach der Thüringen-Wahl ein Machtwechsel im Freistaat anzustehen. Ramelows Linke stürzte nach der Gründung des BSW in den Umfragen ab, obwohl der 68-Jährige weiter als beliebtester Politiker des Landes gilt. Mit Ausblick auf das Ergebnis der Thüringen-Wahl wird erwartet, dass es künftig bei der Regierungsbildung nicht einfach werden dürfte. Seit Jahren gilt die politische Lage in dem Land als kompliziert und vertrackt.

In Erinnerung ist besonders ein Zwischenfall aus 2020. Damals stürzte der Freistaat in eine tiefe Regierungskrise, als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde und drei Tage später nach öffentlichem Druck zurücktrat. (fbu)

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