Flüchtlingsunterkunft: Gemeinde kann sie nicht stoppen

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In diesem Gebäude am Ziegelstadel in Markt Schwaben sollen Flüchtlinge untergebracht werden. Der Gemeinderat ist dagegen. © Dziemballa

Die umstrittene Unterkunft für bis zu 120 geflüchtete Menschen in Markt Schwaben wird wohl kommen – trotz Gegenwinds aus dem Gemeinderat und trotz Bürgerbegehrens.

Markt Schwaben – Die am Ziegelstadel in Markt Schwaben geplante Unterkunft für bis zu 120 geflüchtete Menschen wird wohl kommen. Daran ändert auch der Beschluss des Marktgemeinderats von vergangenem Donnerstag, 18. Januar, nichts.

Dieser hatte den Standort in einem Wohngebiet mehrheitlich abgelehnt und einen Alternativstandort gefordert. Auf Anfrage der Ebersberger Zeitung machte das Landratsamt am Montag, 22. Januar, unmissverständlich deutlich: „Die Flüchtlingsunterkunft ist von der Planungshoheit der Gemeinde unerfreulicherweise ausgenommen, wenn dringender Unterbringungsbedarf besteht, was angesichts der Flüchtlingszahlen nicht von der Hand zu weisen ist.“ Der Landrat bedauere diese rechtliche Regelung des Bundes sehr, wieder einmal werde „den Bürgern und der Demokratie vor Ort von oben etwas aufoktroyiert“, hieß es.

Für Landrat ergeben sich politische Folgen

Für Landrat Robert Niedergesäß ergeben sich nach Angaben seines Amts aus dem Markt Schwabener Beschluss „zunächst insbesondere politische Folgen“: Der Gemeinderat stehe demokratisch mehrheitlich hinter dem Bürgerbegehren „Burgerfeld wird Bürgerfeld“ und unterstütze dieses. „Als Politiker und Demokrat hat der Landrat dafür Verständnis und würde dem Anliegen gerne nachgeben“, hieß es. Und: Die allgemein kritische bzw. schlechte Stimmung in der Bevölkerung „gegenüber der verfehlten Flüchtlingspolitik der Bundesregierung“ komme hier repräsentativ zum Tragen, der ungeordnete Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland werde nicht mehr akzeptiert, auch für den Landrat sei diese Entwicklung nicht mehr zumutbar. Rechtlich sei die Situation „leider anders zu bewerten“.

Gebäude wurde vom Freistaat angemietet, nicht vom Landkreis

Das Landratsamt wies dementsprechend darauf hin, dass das Gebäude, das zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden soll, vom Freistaat Bayern angemietet worden sei und nicht vom Landkreis. Das staatliche Landratsamt habe hier im Auftrag des Freistaats gehandelt und einen Mietvertrag auf sieben Jahre geschlossen. Die Gemeinde sei hier von Anfang an mit eingebunden gewesen. Die Kreisbehörde sagt: „Andere Landkreise informieren die Gemeinden übrigens erst nach Vertragsunterzeichnung – dies lehnt Landrat Niedergesäß ab.“

Bisher sind schon Kosten von 200.000 Euro angefallen

Es seien bisher auch Kosten angefallen (Miete seit Oktober, erste Abbrucharbeiten, Planungskosten und anderes) insgesamt gut 200 000 Euro. Diese Kosten könne und werde der Landkreis Ebersberg „auf jeden Fall nicht tragen, auch weil er gar nicht Vertragspartner ist“. Vermieter, Freistaat und Gemeinde würden vermutlich auch keine Kosten übernehmen. Mietverträge wie der in Markt Schwaben seien seit der Flüchtlingskrise 2015 standardmäßig, im Landkreis gebe es aktuell rund 80 Einrichtungen, die Verträge würden auf der Fachebene zwischen Regierung und Landratsämtern vorbereitet und unterzeichnet, der Landkreis sei nicht Vertragspartner.

Niedergesäß sieht keine Möglichkeit, Vertrag rückgängig zu machen

Niedergesäß sieht laut Landratsamt auch nach intensiver Beratung mit seiner zuständigen Staatsjuristin – unabhängig von den Kosten – „leider keine rechtliche Möglichkeit, den Vertrag zeitnah aufzulösen bzw. rückgängig zu machen, dem wird der Freistaat nachvollziehbar nicht zustimmen und auch der Vermieter nicht“.

Die einzig verbleibende mögliche Perspektive sehe der Landrat darin, dass Vermieter und Regierung von Oberbayern sich nach einer möglichen baurechtlichen Aufwertung des Grundstücks durch den Gemeinderat (Bauleitplanung, Bebauungsplan) auf eine Auflösung verständigen und der Mietvertrag verkürzt werden könnte. Damit, so die Kreisbehörde, wäre auch einer Forderung der Bürgerinitiative entsprochen, nämlich die Mietzeit von sieben Jahren deutlich zu reduzieren.

Auch ohne die aktuelle Diskussion in Markt Schwaben sei es in letzter Zeit immer schwieriger geworden, Flüchtlingsunterkünfte zu finden, dies entspreche der zunehmenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Im Landkreis seien auch neue Verträge im Gespräch, immer unter Einbindung der Gemeinden. „Der Landrat lässt sich nun auch zusätzlich mit Lageplänen und Luftbildern über den genauen Standort informieren“, hieß es aus dem Landratsamt.

Der Verein „Seite an Seite - Wegbegleitung für Flüchtlinge“ hat sich explizit für den Standort Ziegelfeld ausgesprochen.

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