Nach Aufregung um Werbe-Fernseher: „Blendende, blinkende, flackernde“ Reklame künftig verboten

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Die leuchtende Werbetafel an der Königsdorfer Straße sorgt immer wieder für Kritik. © sh

Es gibt Ärger um LED-Werbung, bunte Plastikschilder und anderen Wolfratshauser Werbe-Wildwuchs. Nun soll es klarheit geben: Der Stadtrat beschließt neue Regeln.

Wolfratshausen - „Unsere historische Altstadt weist besondere Qualitäten auf. Deswegen legen wir besonderen Wert auf eine qualitativ hochwertige Warenpräsentation und Außendarstellung. Bitte haben Sie Verständnis für die daraus resultierenden strengen Regeln zum Wohle unserer Stadt“: So lautet die Einleitung zu den detaillierten „Regelungen für Sondernutzungen und Werbeanlagen“ in der Stadt Rothenburg ob der Tauber. Nun hat sich auch die internationale Flößerstadt Wolfratshausen nach 20 Jahren eine neue Werbeanlagensatzung gegeben. Stadträtin Ingrid Schnaller (SPD) hadert mit Teilen des Inhalts. Die neue Satzung sei „null innovativ“, so die ehemalige Vorsitzende des Wolfratshauser Werbekreises.

Anderswo gibt‘s Vorschriften bis hin zum Sitzpolster

Rothenburg-Reisende können sich mit eigenen Augen überzeugen: In der 11 000 Einwohner-Kleinstadt, die jährlich 1,5 Millionen Tagestouristen zählt, wird in Sachen Werbeanlagen nichts dem Zufall überlassen. Die Beschriftung von Fassaden und Schaufenstern, die Gestaltung von Schaukästen und Reklametafeln ist der Kaufmannschaft penibel vorgeschrieben.

Auch wer Außengastronomie betreiben möchte, muss zuvor das Regelwerk studieren: Absperrungen sind nur „in Kombination mit Pflanzkübeln und Kette“ erlaubt, jede elektrische Beleuchtung ist verboten und bei der Bestuhlung gilt: nur heimische Hölzer, nur „nicht glänzende“ Metalle, Rücken- und Armlehne sind verbindlich. Nicht zu vergessen: Die Stuhlpolsterung „ist nur in gedeckten Farben zulässig“, die Sonnenschirme haben einfarbig zu sein „und dürfen keinen Werbeaufdruck tragen“. Nun mag der eine über die Regelflut fluchen, auf der anderen Seite bietet sich den Flanierenden ein einheitliches Bild.

In der Loisachstadt dagegen herrscht gefühlt Wildwuchs. Materialien, Größe, Formen und Farben – wer die Hausfassaden und die Außengastronomie betrachtet, gewinnt den Eindruck: Gut ist, was dem Gewerbetreibenden beziehungsweise dem Gastronomen gefällt. Ein Blick in die jetzt vom Stadtrat novellierte „Satzung über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung von Werbeanlagen“ zeigt, was seit Juli de jure erlaubt ist. Die schon länger schwelende Debatte über eine neue Werbeanlagensatzung nahm nicht zuletzt aufgrund einer umstrittenen Leuchtreklametafel an der Königsdorfer Straße (wir berichteten) Fahrt auf.

Werbung in Wolfratshausen
Ein buntes Bild: Mit einer neuen Werbeanlagensatzung gibt die Stadt nun die Regeln für Reklame vor. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Regeln für Werbeanlagen - Es gibt einige Verbote für Reklame

Die neue Satzung, die auf der Homepage der Stadt zu finden ist, gliedert sich vom Geltungsbereich (Paragraf 1) bis zum Tag des Inkrafttretens (Paragraf 8). Unter anderem ist festgeschrieben: „Werbeanlagen müssen sich in Maßstab, Form, Werkstoff und Farbe dem Gebäudebestand unterordnen und so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltend wirken.“ Der „städtebauliche Charakter“ darf nicht beeinträchtigt werden – zum Beispiel durch „mehr als drei Fahnen“, die vor einem Geschäft auf dem Gehweg stehen. Absolut verpönt, das war der Mehrheit der Mandatsträger wichtig, sind „Leuchtkästen größer als drei Quadratmeter“. Unzulässig sind ab sofort zudem „Werbeanlagen mit aufdringlicher Wirkung“, das heißt in „Signalfarben“, sowie „blendende, blinkende, flackernde und dauerhaft wechselnde – elektronische – Werbeanlagen“. Nicht gestattet ist darüber hinaus „programmierte Wechselwerbung auf Bildschirmen“, sogenannte elektronische Panels.

„Wenn der Werbezweck nicht mehr erreicht wird“, muss die Werbeanlage im Übrigen entfernt werden. Selbstverständlich „sind sie instand zu setzen und zu reinigen“, sollten sie defekt oder verschmutzt sein.

Auch der Denkmalschutz ist bei der Überarbeitung der aus dem Jahr 2004 stammenden Satzung beachtet worden. An Einzeldenkmälern in der Wolfratshauser Altstadt darf nur unbeleuchtete Reklame angebracht werden, die maximale Buchstabengröße ist auf 30 Zentimeter begrenzt. Generell gilt: Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße von bis zu einer halben Million Euro geahndet werden.

SPD/FDP-Fraktion stimmt geschlossen gegen neue Satzung

Im Gegensatz zu ihren Amtskolleginnen und -kollegen hätte Stadträtin Schnaller den Satzungsentwurf gerne noch einmal diskutiert. Auch der SPD-Fraktion sei „das Stadtbild wichtig“. Doch von „dem einen Fernseher“ an der Königsdorfer Straße „dürfen wir uns nicht erschrecken lassen“. Schnaller verwies auf Beispiele in der Stadt Bad Tölz, die das Aufstellen von modernen, digitalen Werbestelen erlauben würde. Sie plädierte dafür, die Beschlussfassung zu vertagen: „Lassen sie uns noch ein, zwei Monate warten.“

Ihr Appell fruchtete nicht: Mit 16:6 Stimmen beschloss der Stadtrat die neue Werbeanlagensatzung. Nein sagten die Fraktionsgemeinschaft von SPD/FDP sowie Peter Lobenstein (Grüne).

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