Boris Palmer wettert gegen das Wahlprogramm der AfD – „ökonomischer Nonsens“
Boris Palmer hält nichts von einer „Dämonisierung“ der AfD, sieht die Partei aber auch nicht als Alternative für das Land. Das macht er mitunter am Wahlprogramm fest.
Tübingen - Auf dem Parteitag in Riesa (Sachsen) hat die AfD nicht nur Co-Chefin Alice Weidel endgültig zur Kanzlerkandidatin gewählt, sondern präsentierte dazu ein durchaus brisantes Wahlprogramm. Weidel übernahm dabei den kontroversen Begriff „Remigration“ und vertrat heikle Russland-Positionen, aber auch die Vorstellungen der zumindest in Teilen rechtsextremen Partei zum Thema Rente zieht weite Kreise. Zum einen will die AfD die Arbeitszeit bis zum Ruhestand noch weiter verlängern, zum anderen werden Parallelen zum Nachbarland Österreich gezogen, das aktuell mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen hat.
Das Thema Rente nimmt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) zum Anlass, um das Wahlprogramm der AfD zu analysieren. „Von der Dämonisierung der AfD und der Brandmauer halte ich nichts“, stellt er in seinem Post auf Facebook zunächst klar und erklärt, dass das die Partei nur stärker machen würde. „Aber sie ist keine Alternative für Deutschland (kAfD).“ Eben das würde das frisch verabschiedete Bundestagswahlprogramm aufzeigen. Zuletzt wurde Boris Palmer nach Aussagen über Merz und Habeck angefeindet.
Boris Palmer bezeichnet AfD-Ideen zur Rente in Deutschland als „ökonomischen Nonsens“
Im Wahlprogramm behauptet die AfD in Bezug auf die Rente, eine Versicherung anzustreben, mit der sich Erwerbstätige wieder einen „finanziell gesicherten Lebensabend erarbeiten“ können. Deshalb sollen die Renten signifikant erhöht werden. „Unser ferneres Ziel ist es, in mehreren Schritten das durchschnittliche Rentenniveau der westeuropäischen Länder zu erreichen, das derzeit bei gut 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens und damit deutlich höher liegt, als das deutsche“, heißt es in dem Programm im Wortlaut. Das würde im Umkehrschluss aber noch höhere steuerliche Abgaben für die Beschäftigten bedeuten.
„Die kAfD (sic) will allen Ernstes die Renten um ein Drittel anheben (von 48 % auf 70 % des letzten Verdienstes)“, schreibt Boris Palmer auf Facebook. „Eine solche Aufblähung des Sozialstaats fordert nicht mal die Linke.“ Schon heute sei der Zuschuss zur Rentenversicherung der größte Posten im Bundeshaushalt, der sich für die Forderungen der AfD fast verdoppeln müsste. „Wenn man erreichen will, dass die gut ausgebildeten und leistungswilligen Deutschen das Land verlassen und in Länder ziehen, wo man von seinem Einkommen auch was behalten darf, dann beschließt man einen solchen ökonomischen Nonsens.“
Vergleich mit Österreich hat laut Palmer „fast schon ironische Qualitäten“
In dem Wahlprogramm nennt die AfD für das angeblich bessere Rentenniveau ein konkretes Beispiel und verweist dabei nicht auf das Nachbarland Niederlande – die Studien zufolge sogar das beste Rentenniveau der Welt haben –, sondern auf Österreich. „In Österreich etwa, bezieht ein Arbeitnehmer mit Durchschnittslohn nach 45 Jahren eine Rente von 2.600 Euro, ein vergleichbarer Rentner in Deutschland magere 1.500 Euro“, heißt es im Wahlprogramm. Boris Palmer kritisiert in seinem Post, dass sich die Partei gerade jetzt mit dem Nachbarland vergleicht, das derzeit selbst zu kämpfen hat.
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„Ausgerechnet Österreich als Vorbild zu nehmen, das gerade wegen einer dramatischen Haushaltskrise keine Regierung mehr zustande bekommt und erheblich mehr Beiträge zur Rentenversicherung kassiert, hat schon fast ironische Qualitäten“, schreibt der Tübinger Oberbürgermeister. In der Alpenrepublik wurde allerdings auch der offen rechtsextreme FPÖ-Politiker Herbert Kickl vom Bundespräsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt, woran sich die AfD wohl gerne orientieren möchte. Boris Palmer sieht in dem Programm aber eben keine Alternative für Deutschland. „Und dafür muss man nicht über Nazis und Rechtsextreme spekulieren, es steht einfach schwarz auf weiß im Programm.“