„Stimmt so nicht“: Militärexperte zerpflückt Scholz‘ Argumente gegen Taurus-Lieferung
Der Bundeskanzler hat sein Nein zur Taurus-Lieferung an die Ukraine stets begründet. Laut dem Militärexperten Gressel „ignoriert Scholz zwei Dinge“.
München – Nach der Erlaubnis von US-Präsident Joe Biden für die Ukraine, ATACMS-Kurzstreckenraketen auch auf russisches Territorium feuern zu dürfen, nimmt die Debatte um den „Taurus“-Marschflugkörper wieder Fahrt auf. Nachdem solche weitreichenden Entscheidungen, wie die Staatschefs stets betonen, nach Absprache getroffen werden, scheint es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis Bundeskanzler Olaf Scholz seine Weigerung der „Taurus“-Lieferung aufgibt.
Scholz bleibt bei Nein zu Taurus-Lieferungen: Militärexperte lastet Scholz Unwahrheiten an
In der Frage bleibt Scholz, der nun sogar seine Abwahl als SPD-Kanzlerkandidat befürchten muss, allerdings hart. Eines seiner Argumente lautet: Der Einsatz des Marschflugkörpers könnte eine unkontrollierbare Ausweitung des Kriegs in der Ukraine nach sich ziehen. Doch ein Militärexperte macht dem Kanzler Vorwürfe. In der Taurus-Frage „ignoriert Scholz zwei Dinge“, sagte Gustav Gressel im Gespräch mit dem Sender n-tv.
Olaf Scholz‘ Argumente gegen eine Taurus-Lieferung seien von Anfang an „nicht stichhaltig“ gewesen, sagte Gressel. „Die deutschen Soldaten, die angeblich entsendet werden müssen, das stimmt so nicht“, sagte der Militärexperte von der Landesverteidigungsakademie in Wien. Damit meint er die Aussage, dass sich deutsche Soldaten an der Zielsteuerung des Marschflugkörpers beteiligen müssten.
Gressel wirft Scholz Ignoranz bei Angebot für Taurus-Ringtausch vor
Doch das sei nicht nötig, da nur der Hersteller Einrichtungen, Hard- und Software zur Programmierung des Taurus zur Verfügung stellen könne. Deutsche Soldaten könnten gar nichts tun. Gressel verwies auch auf ein geleaktes Gespräch des Chefs der deutschen Luftwaffe, bei dem auch das Szenario zur Sprache kam, die Ukrainer „die Missionsprogrammierung selber durchführen zu lassen“.
„Die Ausbildung daran dauert natürlich einige Zeit. Damals war im Gespräch mindestens sechs Monate für sehr einfache Ziele“, so der Militärexperte. Der Umgang mit Storm Shadow habe aber gezeigt, dass die Ukrainer dazulernen und die Programmierer schneller und besser werden. „Ähnlich wäre das mit dem Taurus“, führte Gressel aus. Im März hatte der Taurus-Hersteller „MBDA Deutschland“ Zeit Online bestätigt, dass das Unternehmen die Ukraine so schulen könne, dass das Land den Marschflugkörper eigenständig betreiben und bedienen kann.
FDP will im Bundestag über Taurus-Lieferung an Ukraine abstimmen lassen
Der Militärexperte monierte zudem Scholz‘ Umgang mit dem britischen Angebot eines Ringtauschs. Die ukrainischen Soldaten seien an britischen Storm-Shadow-Marschflugkörpern bereits ausgebildet. „Damit würde man sich die ganze Mühe sparen. Scholz hat das ignoriert, als ob es das Angebot nie gegeben hätte“, argumentierte Gressel. Dabei wäre es für die Ukraine sinnvoll, da so „schnell Munition freiwerden“ und Großbritannien den Taurus für Abschreckungsaufgaben in der Nato verwenden könnte.
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In der Taurus-Frage möchte die FDP weiteren Druck auf den Kanzler ausüben. Seine Fraktion wolle im Bundestag einen Antrag zur Lieferung an die Ukraine zur Abstimmung stellen, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber, am Dienstag (19. November) der Bild. Nach der ATACMS-Freigabe durch Biden, „brauchen wir auch im Bundestag eine Debatte um die Lieferung für Taurus“, sagte Faber. Zuletzt hatten sich auch Spitzenpolitiker von Grünen und Union für Lieferungen des Marschflugkörpers ausgesprochen. (mt)